Blüte der Tage: Roman (German Edition)
Und wenn Logans Pick-up nicht mehr draußen stünde, würde sie Roz um ein klärendes Gespräch bitten.
Unten war alles still, sodass Stella schon fürchtete, die beiden hätten sich ins Schlafzimmer zurückgezogen. Energisch verdrängte sie dieses peinliche Bild, ging auf Zehenspitzen in den Salon und spähte aus dem Fenster. Sein Wagen war nicht zu sehen, aber das musste nichts heißen, sagte sie sich nun. Schließlich wusste sie nicht, wo er geparkt hatte.
Wahrscheinlich war es ohnehin besser, die Aussprache auf morgen zu verschieben. Dann könnte sie noch eine Nacht darüber schlafen und sich genau überlegen, was und wie sie es sagen wollte.
Aber da sie bereits im Erdgeschoss war, könnte sie sich genauso gut noch einen Tee machen und die Tasse mit nach oben nehmen. Dann würde ihr die Arbeit leichter von der Hand gehen.
Als sie die Küche betrat, erspähte sie in dem schwachen Licht eine verschwommene Gestalt und stieß einen Schrei aus. Die Gestalt schrie ebenfalls auf und schlug mit der flachen Hand auf den Lichtschalter neben dem Herd.
»Sind Sie des Wahnsinns?«, rief Roz, die Hand an ihr Herz gepresst.
»Tut mir Leid. Sie haben mich aber auch ganz schön erschreckt. Ich wusste, dass David heute Abend in der Stadt ist, und habe nicht damit gerechnet, jemanden anzutreffen.«
»Ich wollte mir nur rasch einen Kaffee kochen.«
»Im Dunkeln?«
»Das Herdlicht war an. Außerdem kenne ich mich hier aus. Und Sie? Sind Sie hier, um den Kühlschrank zu plündern?«
»Was? Oh, nein. Nein!« Sie fühlte sich wie ein Eindringling. »Ich möchte noch ein wenig arbeiten und wollte mir dazu einen Tee aufbrühen.«
»Nur zu. Sie können sich auch an dem Kaffee bedienen.«
»Wenn ich abends Kaffee trinke, kriege ich die ganze Nacht kein Auge zu.«
Stella bemühte sich zwar um einen leichten Ton, doch sie fühlte sich unbehaglich. Es war nicht ihr Haus, nicht ihre Küche. Und sie war kein Gast, sondern eine Angestellte.
So unkompliziert Roz auch sein mochte, sie war hier die Hausherrin und Chefin.
»Ist Mr. Kitridge gefahren?«
»Sie können ihn Logan nennen, Stella. Das klingt sonst zu gespreizt.«
»Verzeihung, das wollte ich nicht.« Vielleicht ein wenig, fügte sie in Gedanken hinzu. »Aber um noch einmal auf ihn zu sprechen zu kommen. Wir sind wohl beide mit dem falschen Bein aufgestanden und ... Oh, danke«, sagte sie, als Roz ihr den Teekessel reichte. »Tja, also, ich ... ich hätte mich nicht über ihn beschweren sollen.«
Während sie Wasser in den Kessel füllte, verwünschte sie sich, weil sie sich nicht auf dieses Gespräch vorbereitet hatte.
»Wieso?«, hakte Roz nach.
»Nun, es ist nicht unbedingt konstruktiv, wenn Ihr
Landschaftsgärtner und Ihre Geschäftsführerin gleich bei der ersten Begegnung aneinander geraten und sich hinterher bei Ihnen ausweinen.«
»Hm, sehr vernünftig.« An die Theke gelehnt, musterte sie Stella versonnen. Sie war noch so jung, wurde ihr bewusst. Trotz mancher gemeinsamer Erfahrungen durfte sie nicht vergessen, dass Stella gute zehn Jahre jünger war als sie. Und etwas empfindlicher und verletzbarer.
»Ich bemühe mich darum«, erwiderte Stella und stellte den Kessel auf den Herd.
»So war ich früher auch. Bis ich mir dann sagte: ›Pfeif auf die Vernunft. Mach dein eigenes Geschäft auf.‹«
Stella strich sich das Haar zurück. Wer war diese Frau, die selbst in diesem harten Licht so attraktiv aussah? Die in ihrem aristokratischen Südstaatenton so offene Worte gebrauchte und statt ordentlichen Hausschuhen gestopfte Wollsocken an den Füßen trug? »Sie verblüffen mich immer wieder. Ich kann Sie beim besten Willen nicht einordnen.«
»Und das bereitet Ihnen Kopfzerbrechen, nicht wahr? Sie müssen Menschen und Dinge einordnen können.« Sie drehte sich um und holte eine Kaffeetasse aus dem Schrank. »Das ist für eine Geschäftsführerin sicher von Vorteil. Auf der persönlichen Ebene kann sich das hingegen störend auswirken.«
»Ich hoffe, das wird nicht der Fall sein.« Stella holte tief Luft und nahm allen Mut zusammen. »Was diese persönliche Ebene betrifft, möchte ich noch etwas anmerken. Ich hätte mich bei Ihnen nicht über Logan beschweren dürfen. Es gehört sich einfach nicht, einen Kollegen anzuschwärzen. Außerdem wusste ich zunächst nicht, dass Sie beide eine Beziehung haben.«
»Ach, das wussten Sie nicht?« Lächelnd griff Roz in die Dose, in der David die Kekse aufbewahrte, und nahm sich einen heraus. »Und wann wurde Ihnen das
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