Blüte der Tage: Roman (German Edition)
allen Grund zum Feiern. Am ersten Verkaufstag bin ich anfangs immer etwas traurig, weil mir meine liebevoll hochgepäppelten Babys genommen werden.« Sie zog den Korken mit einem dezenten »Plopp« heraus. »Doch nach einiger Zeit denke ich nicht mehr daran, weil ich zu beschäftigt bin.« Sie schenkte den Champagner ein. »Und am Ende sag ich mir jedes Mal, dass ich mich glücklich schätzen kann, weil ich mein Geld mit einer Arbeit verdiene, die mich wirklich erfüllt. Danach gehe ich nach Hause und fühle mich wieder etwas deprimiert. Doch heute Abend ist das anders.«
Sie reichte den beiden Frauen die Gläser. »Ich habe die genauen Zahlen zwar nicht parat, aber eines steht fest: Wir hatten heute den besten Tagesumsatz seit Betriebseröffnung.«
»Zehn Prozent mehr als im Vorjahr.« Stella hob ihr Glas zu einem Toast. »Und zufällig habe ich die genauen Zahlen parat.«
»Das wundert mich nicht.« Lachend legte Roz den Arm um Stellas Schulter, drückte sie kurz an sich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Sie haben verdammt gute Arbeit geleistet. Sie beide und jeder Einzelne. Und ich muss gestehen, Stella, Sie sind nicht nur für den Betrieb, sondern auch für mich ein absoluter Glücksfall.«
Gerührt nippte Stella an ihrem Glas. »Darauf fällt mir erst mal nichts ein.« Sie nahm noch einen Schluck Champagner und genoss das Prickeln auf ihrer Zunge. »So gern ich die zehn Prozent Umsatzsteigerung auch für mich verbuchen würde, es ist nicht allein mein Verdienst. Sie haben einfach ein großartiges Sortiment, und Harper und Sie sind hervorragende Pflanzenzüchter.
Also werde ich von den zehn Prozent lediglich fünf für mich beanspruchen.«
»Es hat Spaß gemacht«, warf Hayley ein. »Ein Wahnsinnsstress, aber trotzdem lustig. Die vielen Leute, der Lärm. Alle wirkten so zufrieden. Ich glaube, in der Umgebung von Pflanzen muss man sich einfach wohl fühlen.«
»Auch ein guter Kundenservice sorgt für zufriedene Gesichter«, sagte Stella. »Und du«, sie prostete Hayley zu, »hast einen großen Anteil daran.«
»Wir sind ein richtig gutes Team.« Roz streckte die Beine aus und wackelte mit den Zehen. Ihre Nägel waren heute in einem hellen Pfirsichton gestrichen. »Morgen werden wir den Bestand überprüfen, um Angebot und Nachfrage einschätzen zu können.« Sie beugte sich nach vorn und gab einen Löffel Kaviar auf ihre Toastbrotecke. »Aber heute Abend wird einfach nur gefeiert.«
»Das ist der tollste Job, den ich jemals hatte. Das wollte ich schon längst mal loswerden«, sagte Hayley zu Roz. »Und nicht nur deshalb, weil ich hier Champagner schlürfe.«
Roz tätschelte ihren Arm. »So, genug der Komplimente. Ich habe Neuigkeiten. David habe ich es bereits mitgeteilt. Ich habe doch in Natchez wegen Alice Harper Doyles Sterbeurkunde angerufen. Laut dem amtlichen Register starb sie in Natchez in dem Haus, das sie zusammen mit ihrem Gatten und den beiden Kindern bewohnt hat.«
»Mist!«, stieß Stella stirnrunzelnd aus. »Das wäre auch zu einfach gewesen.«
»Wir müssen jetzt alle Haushaltsbücher durchforsten und die Namen der weiblichen Dienstboten notieren, die während dieser Zeit dort tätig waren.«
»Das ist ein Haufen Arbeit«, gab Stella zu bedenken.
»Ach, das schaffen wir schon«, erwiderte Hayley mit großzügiger Gebärde. »Mir ist da ein Gedanke gekommen. David erzählte doch, er habe sie in Richtung der einstigen Stallungen gehen sehen, nicht wahr? Vielleicht hatte sie ein Techtelmechtel mit einem Stallburschen? Die beiden haben sich wegen irgendetwas in die Haare gekriegt, und er hat sie umgebracht. Vielleicht war es ein Unfall, vielleicht auch nicht. Ein gewaltsamer Tod ist oft der Grund dafür, dass die Seele keine Ruhe findet.«
»Mord«, sagte Roz nachdenklich. »Das könnte gut sein.«
»Sie klingen wie Jolene. Ich habe mit ihr darüber gesprochen«, erzählte Stella. »Mein Vater und sie würden uns bei unseren Nachforschungen gern unterstützen. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich die beiden eingeweiht habe.«
»Nein, ganz und gar nicht. Wer weiß, da wir uns nun intensiv mit der Harper-Braut befassen, wird sie vielleicht einem von uns einen Hinweis geben.«
»Ich hatte einen Traum.« Um ihre Verlegenheit zu überspielen, nahm Stella einen Schluck Champagner. »Es war gewissermaßen die Fortsetzung eines Traumes, den ich vor wenigen Wochen hatte. Beide Träume habe ich nur ganz verschwommen in Erinnerung, aber sie hatten mit einem Garten zu tun, den ich
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