Blüten, Koks und blaues Blut
nicht sagen! Hab gehört, in
letzter Zeit hat’s zwischen den beiden nicht mehr gestimmt...“
„Wer hat das gesagt?“ ereiferte sich die Alte,
in ihrer Ehre als Klatschweib gekränkt. „Möchte wissen, wer hier besser
Bescheid weiß als ich! Wenn ich sage, die waren wie zwei Turteltauben, dann
waren sie wie zwei Turteltauben! Kein lautes Wort, und so aufmerksam
zueinander...“
„Ach, das wird wohl nur so’n Gerücht gewesen
sein.“
„Ganz bestimmt“, versicherte sie mir
nachdrücklich. „Darauf gibt Ihnen Emma ihr Wort. Daß es zwischen den beiden
nicht mehr gestimmt hat... Wer erzählt so’n Quatsch? Ich sage Ihnen, die hätten
bestimmt geheiratet, wenn Monsieur Pierre nicht...“
„Tja, aber nun ist er tot... Apropos, was halten
Sie von dem Selbstmord?“
„Er muß krank gewesen sein. Oder seine Familie
hat ihm verboten, eine kleine Tänzerin zu heiraten, und den Schmerz konnte er
nicht verwinden. Er war so reizend...“
Ich ging wieder an meinen Platz zurück. Auf dem
Weg dahin trat ich auf einige Füße, was wütende Blicke und Gezische zur Folge
hatte. Tapfer ließ ich die restlichen Shownummern über mich ergehen, bis mich
ein lärmendes, völlig unmotiviertes Finale erlöste. Dann begleitete ich
Jacqueline nach Hause und ging durch die stockdunkle Nacht ins Hôtel du
Cirque zurück. Hitze hatte auf dem Tag gelastet. Jetzt war der Himmel
bedeckt, die Luft feucht. Ein Gewitter war im Anzug. Gegenüber dem Hotel, in
eine Hausecke gedrückt, stand ein Liebespaar, das die kommenden Regengüsse
nicht zu fürchten schien.
Der Nachtportier an der Rezeption steckte seine
Nase in eine Turfzeitung und kreuzte Pferdenamen an. Ich sagte ihm, es werde
Regen geben, der den Boden schwer machen würde. Er meinte, es gebe lediglich
ein trockenes Sommergewitter, und außerdem sei das nicht so wichtig. Bis morgen
nachmittag sei die Rennbahn wieder in tadellosem Zustand. Ich nahm meinen
Schlüssel und ging die Treppe hinauf.
Oben in meinem Zimmer knipste ich das Licht an.
Wie auf Kommando begann ein ganz unerwartetes Gewitter sein Höllenspektakel.
Drei Zentimeter neben meinem Kopf schlug eine
Kugel ein Loch in den Türrahmen. Weitere Kugeln folgten dem schlechten Beispiel
und landeten in der Tür und in den Wänden. Schnell löschte ich das Licht. Die
Schießerei hörte auf.
Vorsichtig näherte ich mich dem Fenster. Die
Nacht war zu dunkel, um irgend etwas zu erkennen. Es gab jedoch keinen Zweifel:
Man hatte von dem Dach des gegenüberliegenden Hauses auf mich gefeuert.
Auf dem Flur waren Schritte zu hören. Ich zückte
meine Kanone. Lächerlich! René Leclercq fragte mit besorgter Stimme durch die
Tür, ob mir was passiert sei. Ich sagte ihm, er solle nicht hereinkommen, kein
Licht machen und das auf dem Flur löschen. Dann trat ich hinaus und schloß die
Tür hinter mir. Jetzt konnten wir das Flurlicht ruhig wieder anknipsen. Eine
Frau, durch die Schüsse geweckt, kam neugierig aus ihrem Zimmer. Als sie den
Revolver in meiner Hand sah, schrie sie auf, verschwand wieder in ihrem Zimmer
und schloß sich ein. Leclercq stand in schwarzseidenem Pyjama vor mir. Er war
nicht alleine gekommen. Überrascht sah ich hinter dem Nachtportier auch Dédé
Milandre.
„Galten Ihnen die Schüsse?“ fragte der Hotelier.
„Nein, das waren nur die Rosen eines Genervten,
der mich für Edwige Feuillère gehalten hat.“
„Das waren bestimmt die Freunde von Belami, die
Ihnen ein Ständchen bringen wollten“, vermutete Milandre.
„Belami? Ach ja, der Kerl, dem ich die Fresse
poliert habe... Kann schon sein.“
In diesem Augenblick hörte man eine Stimme auf
der Treppe. Hatte zwar keinen korsischen Akzent, aber der Tonfall ließ
einwandfrei auf einen Ordnungshüter schließen. Tatsächlich stand kurz darauf
ein Flic vor uns. In wenigen Worten erklärte ich ihm den Vorfall, gab mich als
Freund von Kommissar Pellegrini aus und hielt ihm meinen Detektivausweis unter
die Nase. Der Flic unterzog Dédé, Leclercq und mich einem Verhör, dessen Fragen
der Gipfel an Blödheit waren. Dann kritzelte er auf einen schmierigen
Notizblock so etwas wie einen Bericht, den wir unterschreiben mußten. Wir taten
es in größter Eile, damit der Vertreter des Gesetzes endlich verschwand.
„Da sind Sie ja noch einmal mit einem blauen
Auge davongekommen!“ lachte Milandre. Sein Atem stank verschärft nach Alkohol. „Wenn
ich eine Minute früher oben gewesen wäre, hätte es mich erwischt!“
„Sie wollten mich besuchen?“
„Vor
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