Blüten, Koks und blaues Blut
Ihre Hilfe! Sie müssen kurzzeitig
wieder für mich arbeiten, es geht um eine Beschattung. Würden Sie das für mich
tun?“ Er zierte sich ein wenig, erklärte sich dann jedoch einverstanden. „Schön.
Vielen Dank! Was anderes: Hélène... Sie erinnern sich doch an sie, oder? ...
Ja, genau, meine Sekretärin... Sie kommt um halb eins mit dem Flugzeug
angeflogen. Richten Sie ihr ein Zimmer, das sich nicht so leicht in einen
Schießstand verwandeln läßt, und hinterlassen Sie ihr die Nachricht, daß sie
auf mich warten soll. Und dann rasieren Sie sich bitte und kommen Sie zu mir.“
Ich gab ihm die Adresse des Bistros und setzte
mich auf die Terrasse. Hier hinter den Ligustersträuchern bezog ich Posten.
Nach einer Viertelstunde öffnete sich die
Haustür des Künstlers, und heraus trat die Haushälterin. Sie ging über die
Straße und verschwand in einem Lebensmittelgeschäft, ohne mich entdeckt zu
haben. Kurz darauf kam sie mit einer Flasche Martini und einer Flasche Rum
unterm Arm wieder heraus. Jean Lebrot füllte seinen Alkoholvorrat auf, der
tatsächlich etwas angegriffen schien. Mein Besuch hatte seine Wirkung getan,
der Radierer mußte sich mit geistigen Getränken wieder aufrichten. Ich rieb mir
innerlich die Hände.
Bis Leclercq kam, ereignete sich nichts
Bemerkenswertes. Es war Zeit, meinen Hunger zu stillen. Ich gab meinem alten
neuen Mitarbeiter die Informationen, die er für seine Arbeit brauchte. Dann
versorgte ich ihn noch mit einer genauen Beschreibung des Künstlers, den er
beschatten sollte, falls der das Haus verließ, und ging zu einem Italiener, wo
ich mich mit Canelloni mit Tomatensauce und Knoblauch vollstopfte.
Im gestreckten Galopp erreichte ich gerade
rechtzeitig den Flughafen. Als meine Sekretärin vor mir stand, fragte ich mich,
ob tatsächlich meine Sekretärin vor mir stand. So wenig paßte ihr
braungebranntes Gesicht zu der Vorstellung, die man sich an der Côte von Leuten
aus Paris macht.
Hélène erklärte mir, daß sie mit einer
speziellen Sonnencrème nachgeholfen habe, um hier im Süden weniger aufzufallen.
Ich beglückwünschte sie zu ihrer Idee und versicherte, daß diese Tarnfarbe ihr
ausgezeichnet stehe.
„Sie riechen nach Knoblauch“, entgegnete sie auf
mein Kompliment. „Am Telefon waren Sie viel weniger liebenswürdig zu mir. Hab
mich gewundert, daß Sie mich unbedingt hier sehen wollten... und nicht Bob
Colomer.“
„Colo eignet sich nicht für das, was ich mit
Ihnen vorhabe. Ich brauche jemanden mit Fingerspitzengefühl und... Ich hoffe,
Sie haben Ihren Badeanzug mitgebracht!?“
„Klar, diese Gelegenheit lasse ich mir nicht
entgehen.“
„Ich mir auch nicht. Hab Sie nämlich noch nie in
diesem Aufzug gesehen.“
Wir stiegen ins Taxi und ließen uns zum Hôtel
du Cirque fahren. Nach einer erfrischenden Dusche kam Hélène auf mein
Zimmer. Ich versorgte sie mit den nötigen Informationen, und wir zogen
Zwischenbilanz.
„Daß ich mir eine Liste aller Bekannten des
Grafen habe aufstellen lassen, hatte seinen Grund“, sagte ich. „Fabrègues hat
vor seinem Selbstmord alles vernichtet, was mit seinen Freunden und Bekannten
zusammenhing. Im Kamin lagen noch der verkohlte Ledereinband seines Adreßbuchs,
die Spirale eines Notizblocks und die Überreste einer Kartei. Auf diese Weise
wollte Fabrègues verhindern, daß seine Freunde von der Polizei belästigt
würden. Das heißt: Eine dieser Personen ist in die Falschgeldaffäre verwickelt!
Der Graf ist nur unschuldig in die Sache hineingeschliddert. Er war nicht sehr
reich und hat irgend etwas verkauft. Und zwar an eine Person, die mit falschen
Banknoten bezahlt hat.“
„Diese Person ist Lebrot, der Radierer?“
vermutete Hélène.
„Lebrot ist sozusagen von Berufs wegen
verdächtig. Aber nicht ihn wollte Fabrègues schützen. Ein Mann bringt sich doch
nicht wegen einem Mann um, oder?“
„Wegen einer Frau?“
„Ja. Und nicht wegen Jacqueline Andrieu oder
Mado Poitevin. Nein, es muß sich um eine Dame aus einem anderen Milieu handeln.
Aus seinem Milieu, dem gräflich-aristokratischen. Er wollte eine Dame... äh...
decken, die er liebte. Bremsen Sie mich, Hélène, wenn meine Phantasie mit mir
durchgeht! Fabrègues entflammte also in Liebe zu einer Frau und löste sich
langsam von Jacqueline, ohne offen mit ihr zu brechen. Jagte sozusagen zwei
Hasen mit einem Löffel. Bei Madame X handelt es sich um eine verheiratete Frau,
deswegen muß die Liaison geheim bleiben. Um diese ehebrecherische
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