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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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ganz
legal hier in Cannes auf. Ich möchte wissen, wer uns auf ihn angesetzt hat...“
    Dann ließ er sich wieder ausführlichst über
Chichi-Frégi aus. Ein Wort ergab das andere, und schließlich landeten wir doch
bei Pierre de Fabrègues. Pellegrinis Redefluß kam abrupt ins Stocken. Falls er
etwas Neues erfahren hatte, lag es nicht in seiner Absicht, mich daran
teilhaben zu lassen. Behutsam bohrte ich weiter, um rauszukriegen, was er wohl
über die Geliebten des Grafen dachte. Leider machte er nicht die leiseste Andeutung
über die Fotosammlung, die er sich unter den Nagel gerissen hatte.
    Als ich mich verabschiedete, kaute er auf seiner
inzwischen erloschenen Zigarre, die kohlschwarzen Augen auf mich gerichtet. Ob
ich denn nun endlich erklären wolle, was ich mit dem verdammten blauen Blut des
Grafen gemeint habe? Das ging ihm offenbar nicht aus dem Sinn. Ich lachte laut
auf, dann sagte ich:
    „Darf ich Ihnen mal eine dumme Frage stellen?“
    „Nur zu!“
    „Sind alle Beamten, die mit der Überwachung von
Fabrègues betraut waren, korsische Landsleute von Ihnen?“
    „Die meisten... Aber Sie haben meine Frage immer
noch nicht beantwortet.“
    Er zog seine schmierige Streichholzschachtel
hervor. Ich nutzte den günstigen Augenblick, um zu verschwinden, ohne ihm auch
diesmal geantwortet zu haben.
    Im Café Zum Roten Vogel entdeckte
ich in einer finsteren Ecke Frédéric Pottier. Schweigsam saß er vor einem
kleinen Bier, das er kaum angerührt hatte. Ich ging zu ihm. Trotz seines
Protestes setzte ich mich an seinen Tisch und empfahl ihm, vernünftig zu sein.
    „Sie sind von einem anonymen Anrufer denunziert
worden“, erklärte ich. „Er hat sie als Mitglied der Chichi-Frégi-Bande
bezeichnet. Tun Sie mir bitte den Gefallen und lassen Sie mich aus dem Spiel.
Aber irgend jemand — wer, weiß ich nicht — möchte mir die Sache in die Schuhe
schieben. Wer hat Ihnen eingeredet, ich hätte Sie angezeigt?“
    Pottier sah mich erstaunt an.
    „Niemand!“ rief er. „Hab Sie nur gestern mit dem
Korsen auf der Terrasse sitzen sehen. Da hat’s bei mir geklingelt. Und dann hat
er noch zu Ihnen gesagt: ,Vielen Dank für die Information!’ Hab gedacht, das
wäre auf mich gemünzt gewesen, Sie hätten mich einfach so verpfiffen, aus Spaß
an der Freude, oder weil Sie sich bei den Flics hier anbiedern wollten... Dabei
gibt’s gar nichts zu verpfeifen! Sie sehen ja, man mußte mich sofort wieder auf
freien Fuß setzen... Trotzdem ziemlich unangenehm... verdammt unangenehm!“
    „Was Sie sich da zusammengereimt haben,
vergessen Sie am besten sofort wieder, Frédo. Ich habe nichts damit zu tun.
Aber mir ist’s, ehrlich gesagt, sympathischer, daß Ihre Phantasie mit Ihnen
durchgegangen ist, als wenn’s Ihnen jemand gesteckt hätte. Also, überlegen wir
mal: Wer könnte der Anrufer sein? Einer Ihrer Feinde? Was treiben Sie
eigentlich, wenn Sie nicht im Knast sitzen?“
    „Schlag mich so durch“, knurrte er ausweichend.
    „Und je weiter weg die Flics sind, desto besser,
hm?“
    „Kann man so sagen, ja... Solange nicht bei
denen angerufen wird! Man soll das Schicksal nicht herausfordern, Burma!“
    „Ich sag’s Ihnen noch mal: Ich war’s nicht, der
dem Schicksal aufs Gaspedal getreten hat.“
    Nach einer Weile glaubte er mir endlich, und wir
wurden wieder Freunde. Er erzählte mir ein paar Anekdoten aus dem Gefängnis in
Nîmes — „hinter den Kulissen“ — , berichtete, er sei vor drei Monaten vorzeitig
entlassen worden, wegen guter Führung und so, habe jedoch um ein Haar die
Löffel abgegeben.
    „Bin nicht sehr kräftig, Burma, meine
Schädeldecke liegt direkt unter der Mütze, wie Sie sehen... In Nîmes bin ich in
eine Scheißsache verwickelt worden. Wenn nicht ‘n Freund alles auf sich
genommen hätte, wär ich geliefert gewesen. Hat sechzig Tage für mich in
Einzelhaft gesessen, ‘n richtiger Kumpel! Nein, wirklich, ich wär dabei
draufgegangen. Der hat mir das Leben gerettet. Und dabei immer reserviert und
so... gebildet. Egal, verdammt nochmal, das werd ich ihm nie vergessen! ,Junge’,
hab ich zu ihm gesagt, ,wenn du was brauchst, wenn du rauskommst, sag mir
Bescheid! Ich geh nach Cannes, kann in ‘ner Bude von einem Freund wohnen.’ Er
muß vor ungefähr vierzehn Tagen rausgekommen sein.“ Frédo starrte bekümmert vor
sich hin. „Hat zwei oder drei Jahre abgesessen, wofür, weiß ich nicht. Werd ihn
wohl nicht wiedersehn... Wir gehören verschiedenen Welten an, verstehen Sie,
Burma? Verdammt,

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