Blueten-Trilogie 03 - Fliedernachte
Stell dir vor, wie ich in einem von diesen bauschigen Prinzessinnengewändern aussähe. Da meine Arme und Schultern hingegen recht ansehnlich sind, finde ich trägerlos gut – man muss schließlich mit den Pfunden wuchern, die man hat. Und das geraffte Oberteil kaschiert zudem geschickt meinen unterentwickelten Busen.«
»Du hast einen hübschen Busen.«
»Mag ja sein, aber trotzdem ist er etwas mickrig. Glaubst du nicht, dass der Empirestil mich außerdem ein bisschen größer wirken lässt? Und schau mal die Verzierungen an, die Perlen …« Avery vergrößerte die Perlenstickerei am Saum des Kleides. »Alles sehr dezent.«
»Genau wie du? Das wäre mir allerdings neu.« Hope lachte, und Avery verstand diese Anspielung auf ihre Vorliebe für schrille Farben.
»Haha.« Sie stieß einen leisen Seufzer aus. »Eigentlich hätte ich bei meiner Hochzeit gerne einen voluminösen Rock mit Rüschen und Schleppe gehabt. Wenn man so was nicht an diesem Tag tragen kann, wann dann? Nur dass mir solche Sachen absolut nicht stehen. Genauso ist es mit Weiß. Geht einfach nicht bei meiner blassen Haut. Da macht Elfenbein schon mehr her, weil es wärmer wirkt. Und statt eines Schleiers nehm ich so ein glitzerndes Diadem, damit ich zumindest auf dem Kopf wie eine Prinzessin aussehe.«
»Du wirst in diesem Kleid insgesamt wie eine Prinzessin daherkommen«, erklärte Hope, nahm ihr das iPad ab und vergrößerte verschiedene Details. »Oder wie eine Fee. Du hast recht: Etwas Fließendes passt besser zu dir als ein gebauschtes Kleid. Nein, ich denke, du hast die richtige Wahl getroffen. Es ist das perfekte Kleid für dich, und du wirst darin eine hinreißende Braut sein.«
»Kein Aber?«
»Nun ja, wenn du ein Kleid im Internet bestellst, kannst du es vorher nicht anprobieren, es nicht mit anderen vergleichen und weißt nicht, wie sich das Material anfühlt. Das ist der Nachteil.«
»Natürlich probiere ich es an, und falls es nicht hält, was ich mir davon verspreche, schick ich es zurück.«
Hope dachte an den Stress, sich vor der Hochzeit in allen möglichen Geschäften Brautkleider anzuschauen, sie anzuziehen und eine Auswahl unter all diesen Kreationen aus Seide, Tüll und Spitze zu treffen, um am Ende das ultimative Kleid zu finden. Sie würde sich das nicht entgehen lassen wollen, aber vielleicht wünschte ja nur sie sich das.
Avery dachte viel pragmatischer und träumte nicht unbedingt von einer solchen Kleidersuche. »Du hast im Grunde recht«, stimmte sie deshalb zu. »Bestell das Kleid.«
»Ich werde es dir und Clare und Justine zeigen. Und wenn es uns nicht rundherum gefällt, bleibt noch genügend Zeit, mich nach etwas anderem umzusehen.«
Nach einem letzten Blick auf Kleid und Freundin gab Hope Avery das iPad zurück. »Du bist total begeistert von dem Kleid, und mehr kann man wirklich nicht erwarten.«
»Ich bin begeistert von dem Foto und mordsmäßig gespannt, ob das Kleid in Wirklichkeit genauso toll ist wie auf dem Bild.«
»Du wirst es herausfinden.«
»Großartig. Ich hab die Bestellung nämlich schon vorbereitet und muss sie bloß noch abschicken.« Avery holte tief Luft und machte sich an ihrem iPad zu schaffen. »O Gott, ich hab gerade wirklich und wahrhaftig ein Hochzeitskleid gekauft, Hope.«
Lachend und mit feuchten Augen beugte Hope sich vor, und Avery schlang ihr die Arme um den Hals.
»Wie fühlt sich das an?«
»Erschreckend und supergut zugleich. Und furchtbar aufregend dazu, weil es zur Abwechslung mal nicht um Dinge geht, die man fürs Kochen, Einfrieren oder Ähnliches braucht.«
»Ich will sofort wissen, wenn es da ist.«
»Versprochen.« Grinsend rief sie abermals das Bild des Kleides auf, um es sich anzusehen. »Das werde ich wahrscheinlich jetzt jede Stunde machen, bis es endlich angekommen ist.«
»Schuhe. Zu einem besonderen Kleid brauchst du natürlich besondere Schuhe.«
»Mit meterhohen Absätzen«, erklärte Avery. »Mit verführerischen, meterhohen Absätzen. Wenn der Tanz beginnt, zieh ich einfach andere Schuhe an, aber bis dahin will ich das Gefühl haben, zur Abwechslung mal groß zu sein. High Heels mit Strass wären genial, findest du nicht? Dann würde ich von Kopf bis Fuß glitzern.«
»Eine ausgezeichnete Idee.« Hope sah sie forschend an. »Es hört sich fast an, als hättest du bereits was ins Auge gefasst.«
»Drei Paar zur Auswahl.«
Hope klopfte auf das iPad. »Los, zeig her.«
Sofort rief Avery die Schuhe auf und löste eine hitzige Debatte über Pumps,
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