Blueten-Trilogie 03 - Fliedernachte
Menschen Purzelbäume schlugen, rief ein leichtes Unbehagen in ihm wach. »Vielleicht setzt du dich besser erst mal hin.«
»Erst brauch ich meinen köstlichen heißen Muntermacher. Eine jämmerliche Tasse Kaffee hat mir die Ärztin pro Tag erlaubt.«
Ryder wagte sich nicht einmal vorzustellen, mit nur einer Tasse Kaffee einen ganzen Tag überstehen zu müssen. »Setz dich trotzdem hin. Ich erledige das mit dem Kaffee. Du kommst mir wie gerufen, denn ich hatte selbst schon daran gedacht, die Maschine anzuwerfen.«
»Nett von dir, ich lass mich gerne bedienen. Und vielen Dank, dass ihr Beckett und den Jungs gestern Abend Gesellschaft geleistet habt.«
»Schließlich sprang dabei eine kostenlose Mahlzeit für mich raus.« Er schaltete die Maschine an, füllte Wasser und Kaffee ein und sah sie erneut an – Clare mit dem sonnenhellen Haar, die große Liebe seines Bruders. »Dein Erstgeborener ist ein furchterregender Boxer.«
»O ja, und damit gibt er gewaltig an. Die Jungs lieben diese Männerabende, und die darf ich ihnen auch nicht nehmen, wenn die Zwillinge da sind. Ich muss die Babys halt mitnehmen, damit sich die Großen nicht zurückgesetzt fühlen.«
»Meinst du nicht, dass du Beck die Kleinen ebenfalls aufs Auge drücken kannst? Sie müssen ja nur gefüttert und gewickelt werden.«
»Mit Säuglingen kennt er sich bislang nicht aus. Und die können übel viel Arbeit machen. Mal mehr, mal weniger.«
»Ach, das sehe ich ganz optimistisch.«
»Lassen wir uns überraschen. Jedenfalls ist er ein wunderbarer Vater, so locker und natürlich, wie er mit den Kindern umgeht. Mein Leben hat sich durch ihn total verändert. Was andersherum genauso gilt.« Sie lächelte Ryder an. »Der Kuchen war echt lecker, nicht wahr?«
»Aber hallo, du hättest deine Söhne sehen müssen … Wir haben ihn in null Komma nichts verputzt.«
»Hope hat uns von Jonathans Besuch erzählt. Ich mag ja bisweilen ein wenig naiv sein, aber sein Verhalten war schon ein starkes Stück, oder?«
Menschen wie Clare, die grundsätzlich erst mal an das Gute glaubten, stellten seiner Meinung nach auf der Erde eindeutig eine Minderheit dar.
Ryder war da weniger sicher. »Er ist es gewohnt, alles zu kriegen, was er will. Nehm ich zumindest an. Trotzdem geht das, was er sich geleistet hat, weit über ein normal schlechtes Benehmen hinaus.«
»Hope hat jedenfalls etwas Besseres verdient, das fand ich schon immer.«
»Dann warst du also kein Fan dieses zweifellos attraktiven Burschen?«
»Ganz sicher nicht. Zugegeben, ich kenne ihn nicht wirklich, nur hat er etwas an sich, was mir von Anfang an unsympathisch war. Ohne dass ich es benennen könnte. Hope meint allerdings, dass ich ihn nicht mit Sam vergleichen darf.«
Er dachte daran zurück, wie er direkt hinter Beckett in Clares Schlafzimmer in dem alten kleinen Haus gestürzt war. Wie sie sie dort kreidebleich und zitternd neben ihrem Bett stehend gefunden hatten, nachdem Sam Freemont bei ihr eingebrochen war, um sie zu entführen. Und wie sein Bruder auf diesen Psychopathen losgegangen war.
»Da hat sie zweifellos recht. Freemont ist ein kranker Mann – Wickham hingegen einfach ein arroganter, selbstgerechter Geck.«
»Das hat sie auch gesagt. Wenn man selbst erlebt hat, wie weit manche Menschen gehen, kann man das bloß nicht immer so rational betrachten. Passt also bitte auf sie auf.«
»Versprochen, holde Clare. Hier dein Kaffee.«
»Danke.« Sie nahm den Becher entgegen und atmete den Duft ein.
Ryder hatte sich seine Portion in einen verschließbaren Styroporbecher gegossen. »Ich muss allmählich los. Kommst du alleine zurecht?«
Erneut tätschelte sie ihren Bauch und bedachte ihn mit einem warmen Lächeln. »Es geht uns rundum gut.«
Er verließ das Haus, holte D.B. aus dem Wagen und kehrte zu seiner Arbeit zurück. Vielleicht lästerte er hin und wieder über Beckett als Ehemann und Vater, aber es stand außer Zweifel, dass sein Bruder mit Clare das große Los gezogen hatte. Weil sie einfach einzigartig war.
Und Beckett bewunderte er ebenfalls, wie er so selbstverständlich in die Vaterrolle geschlüpft war, denn nicht viele würden das schaffen. Ja, Clare hatte recht, ihrer beider Leben war im vergangenen Jahr total auf den Kopf gestellt worden, und sie hatten die Umstellung grandios gemeistert.
Es war wichtig, fand Ryder, mit Veränderungen positiv umzugehen, weil sie nur dann Fortschritte brachten und nicht selten angenehme Überraschungen.
Dem Handwerker in ihm fiel
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