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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mila Herbst
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seine Ordnung stören. Dann platzierte er seinen Teller mittig und bündig zur Tischkante. Seinen Becher oberhalb des Tellers und das Besteck auf den Millimeter genau an der rechten Seite. Die Bestandteile des Essens durften sich nicht berühren, auch nicht, bevor es auf den Teller kam. Meine Tante benutzte deshalb zwei verschiedene Behälter. Als sie es einmal vergaß, aß Bodo an diesem Tag nicht, auch nicht am nächsten Tag, da hatte sie zwar die Gerichte getrennt, aber die Blockade im Kopf blieb. Sie löste sich erst am übernächsten Tag, und seit dem passt meine Tante besonders auf.
    » Guten Appetit!«, rief ich, während ich meine Jacke in der Garderobe verstaute.
    Bodo nic kte nur und fing an zu essen. Ich ging an meinen Schreibtisch, legte die Ordner drauf und schaltete den Computer ein. Mein Magen meldete sich. In der Küche holte ich aus dem Kühlschrank eine Flasche Milch und füllte damit ein Glas. Als ich wieder auf meinen Arbeitsplatz zusteuerte, stolperte ich über meine Handtasche, die neben meinem Tisch lag, und verschüttete die Milch auf den dunklen Parkettboden.
    » Mist, warum muss ausgerechnet mir das passieren!«, schimpfte ich laut.
    » Das passiert Allen«, meldete sich Bodo überraschend zu Wort, denn normalerweise machte er, während er aß, nur den Mund auf, um die Speisen zu verzehren. »Statistisch gesehen passiert das in den meisten Fällen. Wenn man stolpert, verliert man das Gleichgewicht, die Muskeln der Hand lockern sich, um das Gleichgewicht wieder herzustellen, somit gibt es keinen Halt mehr für das Glas. Durch die Anziehungskraft der Erde neigt es sich zu Boden. Da die Milch schwer ist, verlagert sie das Gewicht nach vorne und so ist es praktisch unmöglich, dass das Glas gerade fällt und die Milch nicht auskippt.«
    Ich starrte Bodo mit offenem Mund an . Er hatte seine Weisheit runtergebetet, als wäre er ein Wissenschaftler.
    » Danke, jetzt fühle ich mich wirklich besser!«, betonte ich sarkastisch.
    » Bitte sehr.« Bodo hatte meinen Sarkasmus nicht verstanden. Das konnte er auch nicht, denn Menschen wie er können den Gefühlszustand ihres Gegenübers nur schwer einordnen.
    L eider vergaß ich das immer wieder.
    Ich wischte die Milch vom Boden un d nahm endlich an meinem Tisch Platz. Mir war der Appetit gänzlich vergangen. Ich öffnete meinen E-Mail Account. Fünfunddreißig neue E-Mails. Davon waren mindestens die Hälfte von Bodo ‒ zu meinem Bedauern hatte er die Gewohnheit mehr mit mir per E-Mail zu kommunizieren, als mit mir zu reden. Der Rest kam von meinen Dienstleistungspartnern und Kunden. Auch etwas Werbung war dabei und es gab sogar drei neue Anfragen von Interessenten. Ich sortierte alles und bearbeitete das Wichtigste; dann widmete ich mich Natalies Ordner.
    Mir war das Meiste, was sie gesammelt hatte, schon bekannt. Da waren etliche Zeitschriftenauschnitte in denen man schöne Brautkleider, Blumensträuße oder Torten sah. Dekorationsideen, Bilder von Räumlichkeiten, die sie besucht hatte und die für Ihre Feier infrage gekommen wären, waren auch abgeheftet. Sie hatte Probestofffetzen von ihrem Kleid auf ein Stück Papier geklebt und sich Notizen gemacht. Auch hatte sie mehrere bearbeitete Gästelisten sowie verschiedene Tischordnungen einsortiert. Und eine Excel-Liste mit allen Adressen der Gäste. Was ich nicht wusste: Sie hatte sich sogar alles aufgeschrieben, was wir während unserer Treffen besprochen hatten. Ebenso entdeckte ich ein paar Cocktailrezepte, die mir nicht bekannt waren. Wahrscheinlich hatte sie es in Erwägung gezogen, sie dem Barkeeper bei ihrer Hochzeit vorzuschlagen.
    Ich ging alles durch. Von vorne nach hinten und umgekehrt, ich konnte aber nichts finden, was als Mordmotiv hätte gelten können. Das Einzige, was sich ansatzweise danach anhörte, war eine handgeschriebene Notiz neben einem Bild ihres Hochzeitskleides, in der stand: »Therese würde für so ein Kleid morden!« Da sie aber meine Person damit meinte, konnte man mich als Mörderin getrost ausschließen.
    Ich legte den Ordner beiseite und nahm jetzt das schwarze Heft in Augenschein. Fünf Seiten, ausgefüllt mit einer langen Liste. Ich las die ersten sechs Zeilen:
     
    P.D.  02.03.2008  A.H.        Be.   Ev.  x34t
    S.T.  14.05.2008  V.K.H.     Fr.   Jes.  p09z
    H.K. 26.06.2008  M.O.H.    Lo.   Eli.   l88f
    L.U.  01.09.2008  Th.M.H.  Be.   Ev.  t67a
    D.O.  12.10.2008  R.H.        Pa.   Lisi.  a33g
    A.W. 20.12.2008 

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