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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mila Herbst
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gearbeitet. Das hinterließ Eindruck und rettete den Auftrag. Aber seitdem mache ich nur noch in der Zeit außerhalb Bodos Mittagsessen und Mittagschlaf Termine im Büro aus.
    Als ich satt war , räumte ich den Teller in die Spülmaschine, kramte aus einer Schublade meines Tisches ein Kaugummi heraus und steckte es mir schnell in den Mund, damit der schlechte Geschmack der Ravioli nicht auch noch an meinem Gaumen hängen blieb und meine Geschmacksnerven für immer tötete. Und dann überlegte ich wieder. Wie konnte ich in Erfahrung bringen, ob Natalie nur eine Liste mit Hochzeiten erstellt hatte? Frau Pot. Sie war die Erste, die mir in den Sinn kam. Eigentlich wollte ich sie nicht noch einmal belästigen, aber nachdem mir keine bessere Alternative einfiel, griff ich erneut zum Hörer.
    »Guten Tag, bei Pot, Herdling am Apparat«, begrüßte mich eine weiblich Stimme, vermutlich die der Haushälterin.
    »Guten Tag, Trautheim. Ich hätte gerne Frau Pot gesprochen.«
    » Bedaure, aber Madame ruht gerade.«
    » Wer ist da, Maria?«, hörte ich im Hintergrund rufen. Eindeutig Frau Pots Stimme.
    Die Haushälterin informierte, wer am Apparat war, und kurz darauf vernahm ich Schritte und das Rasseln des Telefons bei der Übergabe.
    » Schön, dass Sie wieder anrufen, Frau Trautheim. Geht es Ihnen gut?«
    » Ja, danke. Ich hoffe, Ihnen auch. Störe ich Sie?«
    » Aber nein, ich war gerade dabei, die Einzelheiten eines Dinners, das ich morgen geben muss, mit meinem Personal zu besprechen. Eigentlich bin ich noch nicht so weit, aber wie Sie wissen, bin ich im Wohltätigkeitsbereich sehr aktiv, und manchmal kann die Pflicht eben nicht warten.«
    » Das verstehe ich.«
    » Rufen Sie aus einem bestimmten Grund an? Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    » In der Tat, wenn Sie kurz Zeit hätten, könnten Sie mir vielleicht eine Frage beantworten.«
    » Wenn es in meiner Macht steht, sehr gerne.«
    » Könnten Sie mir sagen, zu wie vielen Hochzeiten pro Jahr Personen, die Ihrer Gesellschaftsschicht angehören, in der Regel eingeladen werden?«
    Stille, dann: »Sind Sie auf Kundenfang?« Ihr Ton hatte sich verschärft.
    » Nein, darum geht es nicht. Ich bin Mitglied im Bund Deutscher Hochzeitsplaner und wir führen gerade eine Studie durch, welche Gesellschaftsschicht am meisten Hochzeiten pro Jahr feiert. Das ist also rein statistisches Interesse.«
    » Ach so, wenn das so ist ...«, sagte sie erleichtert und entspannte wieder ihren Ton. »Nun, ich kann nur von uns reden. Durchschnittlich sind wir auf ein bis zwei Hochzeiten pro Jahr eingeladen. Früher waren es deutlich mehr, aber wir sind ja schon etwas älter und werden deswegen hauptsächlich auf Hochzeiten von den Kindern unserer engsten Freunde eingeladen. Bei den jungen Leuten ist es etwas anderes. Sie haben ja alle so viele Freunde, überall auf der Welt zerstreut, und werden somit regelmäßig auf Hochzeiten eingeladen. Meine Kinder sind allerdings eine Ausnahme. Mein Sohn, zum Beispiel, war dieses Jahr nur auf einer Hochzeit ... Sie wissen schon, die von Natalie. Und meine Tochter war letztes Jahr auf zweien, davor war sie ein paar Jahre auf keiner und dieses Jahr wollte sie im Dezember nach New York. Eine Studienkollegin heiratet dort.«
    Das war’s also mit meiner Theorie . Keine Liste über Hochzeiten.
    » Vielen Dank, Frau Pot. Sie haben mir sehr geholfen. Ich möchte Sie nicht weiter stören.«
    » Das tun Sie nicht, Liebes. Sie wissen ja, wie sehr ich Sie schätze. Kommen Sie mal wieder vorbei, wenn Sie Zeit haben. Ich würde mich freuen.«
    » Das werde ich bestimmt. Auf Wiedersehen und danke noch mal.«
    Ich legte den Hörer auf und schaute gedankenverloren aus dem Fenster. Die Sonne strahlte hinter einer Wolke, und die Spatzen, die auf dem einzigen Baum herumtanzten, der uns etwas Schatten spendete, ein großer Ahorn, schienen in einer regen Unterhaltung verwickelt zu sein.
    Plötzlich überflog mich die zweite Eingebung des Tages. Ich holte eine Notiz von Natalie hervor und verglich sie mit der Liste im schwarzen Heft.
    Und endlich ein erster Funken Gewissheit.
    Ich ging die ganze Zeit davon a us, dass Natalie die Liste geschrieben hatte. Dabei hatte ich mich geirrt. Natalies Schrift war sehr mädchenhaft. Sie benutzte abgerundete Buchstaben und hatte die Gewohnheit, die Endungen mit einem kleinen Strich nach oben zu verzieren. Die Schrift im Heft sah ähnlich aus, allerdings waren die Buchstaben etwas markanter und mit einem leichten Hang nach rechts. Beim

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