Blütenrausch (German Edition)
schon mal vorab über das, was Sie mir erzählen, informieren. Natürlich nur, wenn Sie wollen.«
» Dann machen wir das so.«
» Gut. Dann beschreiben Sie mir noch einmal gründlich das Zimmer.«
Hannah nippte etwas Tee aus einer feinen Porzellantasse, die auf dem Couchtisch stand, und überlegte kurz.
» Wie ich schon sagte, das Zimmer könnte überall gewesen sein. Ich erinnere mich auch an kein Detail, das es identifizieren könnte. Ich habe aber etwas anderes. Können Sie bitte dorthin gehen und mir das Buch über New York Art bringen?« Sie deutete mit dem Zeigefinger auf das weiße Regal an der Wand.
Ich erhob mich und holte das Buch. Als ich es ihr übergab, öffnete sie es in der Mit te und zog ein Kuvert raus, das sie mir gleich weiterreichte.
» Das fand ich am nächsten Tag in meinem Briefkasten. Sie können es ruhig lesen.«
Da s tat ich auch. Es war ein handgeschriebener Brief von Natalie:
Hannah,
Ich weiß immer noch nicht, was ich denken soll. Du sagst, ich irre mich; er sagt, ich irre mich. Mein Gefühl sagt mir das auch. Aber woher soll ich wissen, dass ich falsch liege? Woher soll ich wissen, dass Ihr mich wirklich nicht anlügt und betrügt? Die Beweise sprechen für sich. David hat akkurat über seine Verhältnisse Buch geführt, und die Bilder trügen nicht. Aber Du sagst, die Frau auf den Fotos seist nicht Du; und er sagt, er hätte nie Buch über seine Beziehungen geführt, und ein Verhältnis mit Dir habe er sowieso nicht. Er meint, er sei reingelegt worden. Erpresst. Er schwört, Du versicherst, ich aber bin unsicher. Ich möchte Euch beiden Glauben schenken, es fällt mir nur so schwer, so verdammt schwer.
Morgen werde ich heiraten. Eigentlich sollte ich das nicht tun. Ich habe mein Vertrauen verloren. In die Liebe, in die Freundschaft. In die Ehrlichkeit. Aber ich kann nicht anders. Ich würde meine Eltern enttäuschen und alle die, auf unsere Beziehung gesetzt haben. Und mich selbst. Wieder nicht das Richtige gemacht zu haben. Nach außen werde ich tapfer meine glückliche Miene aufsetzen, innerlich kann ich mir selbst aber nichts vormachen.
Bitt e verstehe meine Entscheidung, Dich nicht auf meiner Hochzeit sehen zu wollen. Ich weiß nicht, wie es mit uns weiter gehen wird. Ich brauche Zeit und ich muss absolut sicher sein, dass zwischen Euch wirklich nichts geschehen ist, ehe ich unsere Freundschaft wieder aufnehmen kann. Sollte ich mit all meinen Anschuldigungen falsch liegen, könnte ich es auch verstehen, wenn Du dich aufgrund meines Verhaltens Dir gegenüber von mir distanziertest.
Natalie
»Sie schien ziemlich verwirrt zu sein«, meinte ich. »Aber das wäre ich auch an ihre Stelle. Sie hat also ihren Mann mit dem Vorfall konfrontiert. Haben Sie mit ihm über das Ganze geredet?«
» Nein, das habe ich nicht. Ich bekam den Brief ein Tag vor der Hochzeit, da wollte ich keinen der beiden mehr stören. Ich wollte bis nach der Hochzeit abwarten und ihnen dann einen Besuch abstatten, um alles mit ihnen zu klären. Ich weiß nicht, ob David eine oder mehrere Verhältnisse hatte, eigentlich ging mich das ja nichts an, obwohl es mir für Natalie sehr leid getan hätte, wenn das tatsächlich so gewesen wäre. Er sollte aber das Gerücht aus der Welt schaffen, dass wir zusammen waren. Natalie sollte mir wieder vertrauen können. Aber dann kam alles anders. Ich verlor eine Freundin. Meine Trauer war groß, ist noch groß, und ich verlor eine kurze Zeit lang keinen Gedanken mehr an diese ganze Geschichte. Aber dann beschloss ich, doch noch mit David zu reden, um zu erfahren, was wirklich geschehen war. Allerdings wollte ich bis nach der Beerdigung warten. Leider bekam ich vorher eine heftige Grippe, die mich bis heute ans Bett gefesselt hält.«
Ich las den Brief noch einmal gründlich durch. Ich hatte nicht vor , ihn mitzunehmen. Schulze würde irgendwann mal aufkreuzen, und wenn er erfuhr, dass ich ihn an mich genommen hatte, würde er keine Minute zögern, mir eine Anzeige wegen Unterschlagung möglicher Beweismittel und Behinderung der Ermittlungen anzuhängen.
» In dem Brief erwähnt Natalie, dass ihr Mann Buch über seine angeblichen Verhältnisse führt. Woher wusste sie das? Hat sie das bei ihrem Besuch angesprochen oder Ihnen die Aufzeichnungen gezeigt?«
» Sie hat es nur erwähnt. Gesehen habe ich nichts. Sie wollte zu Hause etwas drucken, aber sie hatte kein Papier mehr, sodass sie in Davids Arbeitszimmer ging, um sich welches zu holen. Und da entdeckte
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