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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mila Herbst
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Mir brummte der Kopf. Eigentlich hätte ich ein Taxi rufen und nach Hause fahren sollen. Eigentlich. Aber mir war nicht danach. Ich wollte nicht in eine leere Wohnung zurück, in der die Stille mich pausenlos dazu verleiten würde, mein schlechtes Gewissen mit noch mehr Vorwürfen zu füttern. Nein, ich musste unter Leute, ich brauchte Stimmen um mich herum, die meine eigene innere übertönten.
    Ich rief den Kellner und zahlte, dann verließ ich mit staksigen Schritten das Restaurant. Um die Ecke befand sich ein Schuppen namens Lilo, ziemlich angesagt, in dem sich sogar ab und zu manch eine B-Prominenz verirrte. Ich begab mich direkt dorthin. Der Laden war ziemlich voll. Laute Musik aus den Achtzigerjahren dröhnte aus den Lautsprechern, und eine Gruppe Feiernde hatte schon die Mitte des in Rot und Plüsch gehaltenen Lokals für sich eingenommen und sie in eine provisorische Tanzfläche verwandelt.
    An der Bar saßen die üblichen Verdächtigen: Männer. In allen Altersgruppen und mit ähnlichem Alkoholpegel im Blut. Wie passend, dass gerade, als mein Blick nach einem freien Hocker suchend über diese Gestalten schweifte das Stück »Männer« von Herbert Grönemeyer ertönte.
    Der einzige freie Platz am Tresen befand sich zwischen einem Mittfünfziger mit seitlichem Haarkleid und einer Glatze in der Mitte, dessen rotes Gesicht mit h ässlichen blauen Äderchen durchzogen war und andächtig ein Glas Whiskey betrachtete, das er fest zwischen den Händen hielt, und eine nicht so üble Erscheinung, Typ Brad Pitt, nur mit Schnauzer und Nerdbrille. Ich setzte mich und bestellte bei der gut aussehenden Barkeeperin einen Wodka.
    » Ischh ... isch ... offe du haschst ne gute Halft ...Halft ... Haftplfichtshversicherung, für die Beule, die du in meiner Hos ... Hose verursacht hassst«, lallte mir plötzlich der Kahlköpfige ins Ohr. Bevor ich überhaupt verstand, was der nach Alkohol stinkende Mann von sich gab, packte er einen noch blöderen Anmachspruch drauf: »Isch gann hellsehen ... heut Nacht, da schläfst du bei mir.« Dann prostete er mir zu und leerte den Inhalt seines Glases mit einem Schluck.
    Das war ja wieder klar. Bei zwei Männern, die in der Lage sind zu flirten, kriege ich immer denn Abfall .
    Mein Märchenprinz grinste mich schmalzig an und bewegte seine Augenbrauen, als funke er einen Morsecode, in der Hoffnung ich würde seinem Charme verfallen.
    Da hatte er sich aber geschnitten. Ich winkte ihn mit dem Zeigefinger herbei, und als sein Kopf nahe genug an meinem Gesicht war, flüsterte ich ihm ins Ohr: »Stell dir mal vor, ich kann auch hellsehen. Wenn du deine Beule nicht brav in deiner Hose verpackt lässt, dann hole ich meine heraus und knall sie dir in die Eier«, dabei öffnete ich meine Clutch und zeigte auf meine treue Begleiterin: die Spielzeugberetta.
    Der Mann blickte mich entsetzt an. Ich befürchtete, er würde sich gleich in die Hose machen, stattdessen holte er aus seiner Briefasche einen Fünfzig Euro Sc hein heraus, schmiss ihn auf den Tresen und verschwand, so schnell es ihm sein alkoholisierter Zustand erlaubte, aus dem Lokal.
    Brad neigte sich zu mir. »Ich weiß, es geht mich nichts an, aber ich würde alles dafür geben, zu erfahren, was Sie gerade dem aufgedunsenen Kerl ins Ohr geflüstert haben. Der ist ja aus dem Lokal gerannt, als wäre ein Schwarm Bienen hinter ihm her.«
    Er schaute mir in die Augen und lächelte mich an, dabei bildeten sich zwei Grübchen an seinen Mundwinkeln unterhalb seines Schnauzers.
    Ist der Abend doch noch gerettet?
    »Ich sagte zu ihm, ich wäre Privatermittlerin. Seine Frau hätte seine Eskapaden satt, wolle sich scheiden lassen und hätte mich engagiert, um genügend Beweise seiner ständigen Untreue zu sammeln, sodass sie ihm vor Gericht alles bis auf die Hosen ausziehen könne.« Mit einem Schluck leerte ich mein Glas Wodka.
    Brad lachte auf. »Sie sind wirklich gut. Wirklich gut.«
    Er prostete mir mit seiner Flasche Bier zu, drehte sich um, mit dem Rücken zum Tresen, und konzentrierte sich jetzt auf das Geschehen im Lokal, ohne mich weiter zu beachten.
    Sollte das alles gewesen sein? Hatte er so schnell das Interesse an mir verloren?
    Ach, was solls , soll er doch zur Hölle fahren! Ist sowieso nicht mein Typ.
    Ich rief die Bedienung zu mir und griff zum Portemonnaie, doch Brad drehte sich wieder um, hielt meine Hand fest und sagte lässig: »Lass, ich mach das schon. Aber unter einer Bedingung: Du sagst meiner Frau nichts, nicht dass sie sich

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