Blütenrausch (German Edition)
den Nieren schaden oder Infektionen der Harnwege begünstigen.«
Als ob ich gerade erfahren hätte, dass ich ein infektiöses Objekt in den Händen hielt, verbannte ich mit einer schnellen Bewegung mein Glas in das Spülbecken. Das hatte ich nun davon, dass ich mich als Besserwisserin ausgab. Ich hätte es doch besser wissen müssen: Niemand kann ein größerer Besserwisser sein als Bodo.
A uf der Stelle ignorierte ich das Leid meiner Augen und flüchtete wieder vor den Rechner.
Bei einem der letzteren Bilder blieb mein Blick an Natalies Ausdruck hängen. Es war der Moment, in dem sie auf der Bühne mit dem Rücken zu den Gästen stand und bereit war, sich von ihrem Blumenstrauß zu trennen. Der Fotograf hatte das Bild von der Seite aufgenommen, sodass nicht nur Natalie im Bild erschien, sondern auch einige der Frauen, die sich vor der Bühne aufgestellt hatten, um den Blumenstrauß zu fangen. Ich zoomte das Bild auf der Suche nach etwas Verdächtigtem, konnte aber nichts erfassen. Immer wieder schweiften meine Augen in Richtung Natalie. Schließlich vergrößerte ich ihr Gesicht, um ihren Ausdruck näher betrachten zu können. Jetzt konnte ich mich an ihren Blick erinnern. Warum schaute sie so erstaunt? Mit gerunzelter Stirn fixierte ihr Blick den Blumenstrauß, ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. Eindeutig stimmte etwas nicht, aber was? Ich vergrößerte den Blumenstrauß. Trotz mehrfachem Hinschauen konnte ich zuerst nichts Merkwürdiges feststellen. Natalie hatte zwei identische Blumensträuße bestellt, sie unterschieden sich nur durch ihre Größe. Der Kleinere war für die Werfaktion bestimmt. Und auf dem Bild war es eindeutig dieser, den sie in den Händen hielt.
Ich wechselte zu den nächsten Bildern, in der Hoffnung , den Blumenstrauß dort besser betrachten zu können. Markus hatte einige Schnappschüsse gemacht, als der Blumenstrauß durch die Luft in Richtung der ausgestreckten Frauenhände flog. Ich studierte den Strauß ausgiebig. Weiße Orchideen in der Mitte, umrundet von cremefarbenen englischen Rosen und dazwischen kleine weiße Freesien, die alles etwas auflockerten. Das Ganze sollte eng zusammengebunden sein, mit einem seidenen cremefarbigen Band, das von vertikal angereihten Perlenstecknadeln zusammengehalten wurde. So wollte ihn Natalie haben. Ich konnte mich noch gut erinnern, wie sie der Floristin und mir ein Bild zeigte, das sie aus einer Hochzeitszeitschrift ausgeschnitten hatte. »Genau so will ich es haben«, beteuerte sie. »Die gleichen Blumen, die gleichen Farben, die gleiche Sortierung und das gleiche Seidenband. Nur die Farbe dieses Bandes und der Stecknadeln soll nicht weiß, sondern in Cremefarbe gehalten werden, damit es zu meinem Kleid passt.« So bestimmte sie es. Und so wurde es gemacht. Warum schaute sie dann so skeptisch? Was war falsch an dem Strauß?
Plötzlich fiel mir Natalies Hochzeitsordner ein. Das Bild musste noch dort abgeheftet sein. Wenn ich die Bilder miteinander verglich, konnte ich womöglich feststellen, was Natalie so irritierte.
Aus dem hohen Regal, das an der Wand am Eingang des Büros stand, nahm ich den einzigen farbigen Ordner, der unter all den dicken weißen Ordnern hervorstach, heraus. Natalies Ordner. Mit ihm in der Hand setzte ich mich wieder an den Tisch und stöberte in ihm. Ich blätterte bis zum Ende, fand aber das entsprechende Bild nicht. Hatte ich es übersehen? Ich fing noch einmal von vorne an, diesmal langsamer, aber die Mühe war umsonst: Das Bild von dem Blumenstrauß war nicht mehr in Natalies Hochzeitsordner. Was hatte das zu bedeuten? Hatte Natalie es woanders abgeheftet? Weggeworfen? Ich bezweifelte es. Warum sollte sie so etwas tun, wenn sie doch alle anderen Notizen, Bilder und sonstiges Material, das ihre Hochzeit betraf, so sorgfältig in diesem Ordner aufbewahrt hatte? Womöglich hatte die Floristin, die eine Kopie von dem Bild bekam, diese auch aufbewahrt, aber ich hatte weder Lust noch Zeit zu ihr zu gehen.
Es musste eine andere Lösung her.
Ich scrollte zu den Anfangsbildern und suchte mir eines heraus, auf dem Natalies Brautstrauß deutlich zu sehen war, setzte es neben das Bild, auf dem der Ersatzstrauß abgelichtet war, und begann, beide zu vergleichen. Die Blumen waren identisch und in der gleichen Weise angeordnet, auch in der Zahl stimmten sie überein, nur waren die Blüten des Wegwerfstraußes etwas kleiner. Aber endlich sah ich, was Natalie aus dem Konzept gebracht hatte: Die Bänder, die die Sträuße
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