Blütenrausch (German Edition)
zusammenhielten, waren unterschiedlich. Ihr Hochzeitsstrauß war mit einem breiten seidenen cremefarbenen Band zusammengebunden.
D as Band des Ersatzstraußes war auch aus Seide, aber es war weiß.
Eine dumpfe Ahnung schlich sich in meinen Kopf. Wie im Rausch scrollte ich mit der Maus auf dem Bildschirm weiter nach oben, auf der Suche nach den Reportagebildern, die Markus geknipst hatte, als Natalie in ihrer Hotelsuite in den Händen der Friseurin und der Make-up Artistin verschönert wurde. Ich wusste, dass Markus das fotografiert hatte, was ich jetzt suchte. Ich hatte das Bild in meine Bilderanalyse bisher nur nicht als wichtig eingestuft und daher nicht auf dieses Detail geachtet.
Aber jetzt war mir die Bedeutung bewusst.
Als ich das Bild vor mir sah, wusste ich zuerst nicht, was ich davon halten sollte, bis mir klar wurde, dass ich womöglich auf einen bedeutenden Hinweis gestoßen war. In meinem Eifer so viele Details wie möglich auf den Hochzeitsbildern zu haben, hatte ich Markus gebeten ein Bild von beiden Blumensträußen zu schießen.
Sie lagen noch zusammen in einem Karton und man konnte deutlich sehen, dass beide genau die gleichen cremefarbenen Bänder trugen.
Natalie muss die Abweichung der Bänder bemerkt haben, kurz bevor sie den Ersatzstrauß in die Luft warf, daher ihr verwundertes Gesicht. Und genau so verwundert stand ich jetzt vor diesen Bildern. Was war da geschehen? Nur zwei Sachen konnten passiert sein: Entweder wurde während der Hochzeit das Band vertauscht oder der Blumenstrauß. Und beides musste ohne Natalies Wissen geschehen sein, sonst hätte sie nicht so überrascht geschaut. Aber warum das Ganze? Und hatte das was mit dem Verschwinden des Bildes in Natalies Hochzeitsordner zu tun?
Wenn ich Ergebnisse wollte, musste ich mich langsam auf eine Richtung konzentrieren. Ich stellte eine erste Vermutung auf: Angenommen das Verschwinden des Zeitschriftenausschnittes hatte tatsächlich etwas mit dem Blumenstrauß zu tun, dann konnte man davon ausgehen, dass jemand das Bild an sich genommen hatte, um genau so einen Blumenstrauß zu bestellen und ihn dann mit dem richtigen Ersatzstrauß zu vertauschen. Klang plausibel. Aber warum sollte er oder sie das getan haben? Die Antwort auf diese Frage würde noch eine Weile in der Luft hängen, denn obwohl meine Gehirnzellen sich wie verrückt anstrengten, des Rätsels Lösung Herr zu werden, kamen sie im Moment nicht dahinter.
Dreihundertsechsundachzig Blumenläden sind im Internet in den Gelben Seiten von Berlin eingetragen. Gesetzt den Fall, ich würde jeden Tag sechs Blumenläden besuchen, überlegte ich ‒ wie sollte ich ohne meine Arbeit zu beinträchtigen mehr schaffen? ‒, wie viele Tage bräuchte ich dann, um mich vor Ort bei allen Läden zu erkundigen, ob jemand in letzter Zeit genau so einen Blumenstrauß bestellt hatte, wie Natalies Wegwerfstrauß?
» Bodo, Kopfrechnung!«
Sobald ich dieses Wort ausgesprochen hatte, hob mein Cousin den Kopf vom Rechne r und zog ein Gesicht, als wäre er ein nach Knochen haschender Hund. Kopfrechnung war einer seiner Lieblingsbeschäftigungen.
»Dreihundertsechsundachzig durch sechs?«
»64,3333333«, schoss es nach zwei Sekunden aus ihm heraus.
Utopisch . Wie sollte ich vierundsechzig Tage damit zubringen, Blumenläden abzuklappern? Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen.
Bodo räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. Als ich bemerkte, dass er noch mehr Rechenfutter erwartete, schüttelte ich entschuldigend den Kopf. Mit hängenden Schultern und Schmollmund widmete er sich schweren Herzens wieder seine Arbeit.
Wenn wir uns die Besuche teilten, fuhr ich mit meinen Überlegungen fort, dann wären es nur noch zweiunddreißig Tage. Immer noch zu lange. Anderseits konnte ich den Plan, diese Besuche zu machen, unmöglich verwerfen. Wenn ein Blumenverkäufer die Person erkennen würde, die den Strauß gekauft hatte, brachte es mich vielleicht einen Schritt weiter, obwohl ich die Zusammenhänge noch nicht klar erkennen konnte. Aber wie das Ganze in Angriff nehmen?
Ich hatte eine Idee. Wenn ich davon ausging, dass jemand aus Natalies Umfeld den falschen Blumenstrauß besorgt hatte, kämen eigentlich nur die Blumenläden infrage, die in den besseren Gegenden ansässig waren. Das reduzierte die Suche erheblich. Außerdem kannte ich die meisten schon. Um alles noch etwas weiter einzugrenzen, untersuchte ich die Adressliste der Hochzeitsgäste. Wenn jemand Blumen kauft, tut er es
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