Blütenzauber und Liebeswunder: Roman (German Edition)
mir gefällt das genauso wenig wie dir. Ich verstehe es ja selbst nicht. Aber ich habe im Poundland mein Leben gelassen, als ich mir gerade ein paar schöne Schnäppchen für den Nachmittagstee besorgen wollte. Und es hat mir überhaupt nichts ausgemacht. So lange schon hatte ich mir gewünscht, mit meiner Achsah wieder vereint zu sein, Spätzchen. Aber das bin ich nicht. Ich bin hier, bei ihrem Kleid, das man mir gestohlen hat, verstehst du?«
»Raus!« Frankie marschierte zur Tür hinüber und riss sie auf. Der dicke graue Nebel wirbelte herein, wie … tja, wie eine ganze Schar Gespenster. »Raus mit Ihnen! Sofort! Sie machen mir keine Angst. Nicht mehr. Das ist nichts weiter als irgendein blöder Witz! Bitte gehen Sie jetzt!«
»Geh du doch und frag Slo Motion, wenn du die Wahrheit wissen willst«, sagte Ernie bekümmert. »Slo Motion hat meine Beerdigung organisiert. Die beiden – Thelma und Louise – haben sich nicht an meine Wünsche gehalten, Spätzchen. Sie haben alles geändert, damit es so billig wie möglich wurde.«
»Hören Sie auf! Sie reden nur noch albernes Zeug. Dieser ganze Unsinn von wegen Thelma und Louise.«
»Thelma und Louise sind meine Nichten, Spätzchen. Meine einzigen Verwandten. Und zwei miese Miststücke obendrein. Sie haben mich verbrennen lassen, obwohl ich doch bei Achsah auf dem kleinen Friedhof in Tadpole Bridge begraben werden wollte, wie wir es immer schon geplant hatten. Sie haben einen auf knauserig gemacht, Spätzchen. Haben all meine Sachen ausgeräumt und weggeschafft. Was sie nicht verkaufen konnten, haben sie einfach entsorgt. Wie auch Achsahs Kleid hier. Und damit nicht genug …«
Frankie legte die Hände über die Ohren. »La-la-la! Ich höre überhaupt nicht mehr zu! Raus mit Ihnen! Und sagen Sie Maisie Fairbrother, dass ich nicht darauf reinfalle! Ich glaube nicht an Gespenster!«
»Wie gesagt, tut mir leid, Spätzchen. Aber woran du glaubst oder nicht, ist wirklich nicht mein Problem. Geh zu Slo Motion und lass dir von ihm erzählen, was vor meiner Beerdigung los war. Slo weiß, wer ich bin und was passiert ist. Frag ihn nach der Autofahrt nach Tadpole Bridge. Und was da an der Ampel vorgefallen ist. War kein anderer da, nur er und ich, und ich war tot. Keine lebende Seele weiß von dieser Autofahrt, außer mir und Slo, und ich gelte ja wohl sozusagen nicht als lebende Seele. Er soll dir ein Foto von mir zeigen, und dann wirst du wissen, wer ich bin.«
»Hinaus!« Frankie hielt die Tür auf. »Ich will fair sein. Ich zähle jetzt bis zehn …«
»Okay, Spätzchen, nur zu.«
»Eins und zwei und …«, zählte Frankie langsam und kam sich sehr albern vor, »… neun und zehn. Also, wenn Sie jetzt nicht gehen, rufe ich die Polizei. Ich tu’s nur ungern, aber ich tu es, und dann werden Maisie Fairbrother und Sie mit Ihrem vorgetäuschten Gespensterquatsch ganz schön dumm dastehen!«
Keine Antwort. Blinzelnd sah sie sich im Laden um. Die Fünfzigerjahre-Kleider hingen unbewegt da. Achsahs angebliches Hochzeitskleid war nach wie vor dort.
Und Ernie Yardley oder wer auch immer war fort.
Wie in aller Welt war es ihm gelungen, an ihr vorbeizuschlüpfen? Er musste erstaunlich leichtfüßig sein für sein Alter. Kam wahrscheinlich vom Tanzen, dachte Frankie. Offenbar war er zu seiner Zeit ein guter Tänzer gewesen. Seit dem Film Strictly Ballroom war Gesellschaftstanz weit und breit immer beliebter geworden. Alle Altchen schwärmten dafür, weil es sie an die Zeiten erinnerte, als jedes Dorf noch einen kleinen Tanzsaal hatte – genau wie in Ernies erfundener Geschichte –, jedenfalls hatte Rita so etwas erzählt. Wie auch immer er es angestellt haben mochte, er war weg.
Frankie durchsuchte sorgfältig alle Ecken und Winkel der Boutique. Nein, keine Spur von ihm. Gott sei Dank, denn sonst hätte sie wirklich die Polizei gerufen. Also wirklich … So ein alter Narr – ihr solch eine Geschichte aufzutischen. Nur gut, dass Lilly nicht hier gewesen war – Lilly hätte ihm jedes Wort geglaubt. Und diese verdammte Maisie Fairbrother! Der würde sie aber auch die Meinung sagen! Es bräuchte schon mehr als ein paar verrückte alte Rentner, um ihr Angst einzujagen …
Nachdem sie alles nochmals überprüft hatte, schloss Frankie die Küchentür, schaltete den Alarm ein, knipste die Lichter aus und öffnete die Tür. Oh, es war wirklich eine fürchterliche Nacht. Tief hing der Nebel wie eine schwefelfarbene gelblich graue Decke und verhüllte so gut wie alles auf dem
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