BLUFF!
Wahrheit natürlich nicht in 144 Wochenstunden Arbeitszeit für einen Nachtwächtergott bestand, sondern in der Freiheit, die sie erlebten und die bis heute gläubige Juden beseelt.
Man muss einfach zugeben, dass die saftige biblische Polemik gegen die funzeligen Sternengötter der Nachbarschaft erheblich flotter ist als der oberlehrerhafte Hinweis der Dawkinsjünger, das mit den sechs Tagen sei nun mal falsch und so was sei schon eine ziemliche Pleite für eine heilige Schrift. So billig funktioniert das mit dem wissenschaftsgläubigen Atheismus dann doch nicht. Wer die Wissenschaft als kritisches Dauerprojekt respektiert, wird ihr gerecht. Wer an die Wissenschaft glaubt, gründet bloß eine weitere Sekte mit einer kitschig gefälschten Welt für naive Gläubige.
Vergessen wir schließlich nicht die praktischen Wissenschaften der Medizin und der Ingenieurswissenschaft, denen es auf die genaue Erforschung hilfreicher Effekte ankommt. Keine Frage, auch jemand, der mit höchster Anstrengung eine neue Methode entwickelt hat, um Menschen zu helfen, ist hoch zu loben. Doch wer wird annehmen, dass ein berühmter Chirurg, der sich mit Hilfe seines Skalpells höchst kompetent in die Gedärme seiner Mitmenschen vertieft, besser über die Liebe, über Gott und das Geheimnis des Bösen auf der Welt Bescheid weiß als ein x-beliebiger anderer Mitmensch, der niemandem den Bauch aufschneidet. Kompetente Chirurgen tun sich nicht wichtig und konzentrieren sich auf das, was sie können. Wissenschaftsgläubigkeit ist ein Aberglauben, der die Wissenschaft beschädigt.
Vor den großen Fragen des Lebens steht jeder Wissenschaftler genauso beunruhigt da wie alle anderen Menschen. Und der seriöse Wissenschaftler weiß, dass er keinen privilegierten Zugang zu den wirklichen Antworten hat. Denn nichts spricht dafür, dass ein Historiker beim Stöbern im Archiv, ein Botaniker beim Herumschlendern im Wald und ein Astronom beim Durchforsten unserer Milchstraße plötzlich auf Gott stößt. Nichts macht es wahrscheinlich, dass ein hochgescheiter Mensch wie zum Beispiel Immanuel Kant besser als andere erkennt, wen er liebt und wer ihn wirklich liebt. Nichts spricht für die Annahme, dass ein Hirnforscher, der sich gerade intensiv mit Mäuseexperimenten befasst hat, besser weiß als das alte Mütterchen aus der Eifel, was Gut und was Böse ist.
Wer aus der Wissenschaft eine Weltanschauung macht, der macht aus ihren ernsthaften substantiellen Ergebnissen lächerliche Pappkulissen für einen atheistischen Karneval im Stil der »Truman-Show«. Und diese Pappkulissen schaffen es noch nicht einmal, den ganzen Horizont auszufüllen, denn dafür erklärt die Wissenschaft in Wirklichkeit viel zu wenig, und je mehr Antworten sie findet, desto mehr neue Fragen erheben sich.
c) Wo Papst und Teufel einer Meinung sind
Dieses Selbstverständnis moderner Wissenschaft ist natürlich nichts für die Wissenschaftsgläubigen, die sich die neuen Atheisten nennen, obwohl ihr ganzer naiver Eifer ein einziges Revival des alten Atheismus des 19. Jahrhunderts ist. Solche Gläubigen haben keine Fragen, sondern vor allem Antworten. Und die Antwort aller Antworten ist für den Wissenschaftsgläubigen unserer Tage – die Evolutionstheorie.
Nun ist die Evolutionstheorie in Wahrheit für die Begründung des Atheismus gar nicht gut geeignet. Denn das entscheidende Argument der Atheisten war schließlich seit Demokrit, also seit 2400 Jahren, dass der gesamte Ablauf der Welt naturgesetzlich genau festgelegt sei und dass daher ein Eingriff der Götter oder Gottes in diese Welt gar nicht denkbar sei, ohne dass der ganze Laden in heilloses Durcheinander geraten müsse. Zufall, also irgendein Ereignis, das nicht mit naturgesetzlicher Zwangsläufigkeit eintreten würde, gab es unter solchen Voraussetzungen natürlich nicht, denn alles war notwendig. Und da kam diese Evolutionstheorie plötzlich daher und führte genau das ein: den Zufall. Die Evolutionstheorie funktioniert nur, wenn es zufällige Veränderungen des Erbmaterials gibt, Mutationen. Dabei entstehen dann fitte Ergebnisse und weniger fitte. Die fitten überleben.
Zwar meinen die Dawkins-Anhänger, damit die ganze Vielfalt des Lebens erklären zu können. Doch sie merken nicht, dass sie so eigentlich gar nichts
erklärt
, sondern nur eine Entwicklung
beschrieben
haben, die de facto gemäß den Prinzipien der Evolutionstheorie stattgefunden hat. Aber dass es überhaupt irgendetwas gibt, dass es überhaupt
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