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Blumen für den Führer

Titel: Blumen für den Führer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Seidel
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sich die Köchin in die Hand. Zwei zusätzliche Hilfen wurden abkommandiert und füllten die Servierwagen mit Brot, Margarine, Kunsthonig und dem Kochkäse, dessen Geruch Reni kaum mehr ertragen konnte.
    Reni und Friederike waren in die Reinigungsgruppe beordert worden. Reni schleppte volle Wassereimer durch die Flure des oberen Stockwerks, wo der Boden der Schlafsäle geputzt, die Betten neu bezogen und sogar die Fenster gereinigt wurden. Gegen Mittag würde der Herr Graf von Gut Haardt eintreffen. Sie erwarte, hatte die Leiterin bereits am Vorabend erklärt, dass jeder Winkel morgen Mittag picobello glänze.
    »Was hat Jockel denn gesagt?«, bohrte Friederike zum dritten Mal nach, während sie den Aufnehmer überm Eimer auswrang. Sie hatte schon am Abend nicht aufgehört, Reni auszufragen, ob er frech geworden sei und ob seine Hände wirklich so rau und schmutzig seien, wie man es von Knechten nun mal wisse. Und ob er stinke.
    Reni hatte weder geschwiegen noch irgendetwas preisgegeben.
    »Aber bärenstark ist er, das sieht man«, sagte Friedel, warf den nassen Lappen über den Aufnehmer und begann zu wischen.
»Und sein Bruder erst mal. Hast du gesehen, was er alleine in derselben Zeit drüben in den Mohrrüben geschafft hat? Da muss man Hände und Arme wie Eisen haben. Er heißt Helmuth, und obwohl er erwachsen ist, hat er keine Liebschaft.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß es nun mal. Dich interessiert es sowieso nicht.« Sie hielt in der Arbeit inne und sah Reni an. »Verzeih mir, dass ich neidisch bin. Verzeihst du mir? Sag ja!«
    Reni nickte.
    »Bist du verliebt?«, fragte Friederike, kaum dass sie mit dem Putzen wieder angefangen hatte. »Jockel ist bestimmt in dich verliebt, das konnte man ihm ansehen. Er hat ja gezittert und dich immer nur angestarrt. Das ist ein schönes Gefühl, oder? Brennt es im Herzen? Es wird einem ganz heiß und man stottert herum und wird krank vor Glück, man kriegt nämlich Fieber, und ich weiß, dass einmal eine Frau gestorben ist vor Liebe und Verliebtheit.« Sie blickte sich prüfend um. »Weil bei ihr das Liebesfieber hochgeschnellt ist. Es kann nämlich so stark sein, dass du den Verstand verlierst.« Sie sah Reni an, als erwarte sie eine Bestätigung von ihr.
    Reni war nicht sicher, ob sie so etwas glauben sollte. Sie wusste nicht, ob sie verliebt war, und schüttete Wasser auf den Boden. Sie mochte nicht darüber reden. Friederike wischte eine Weile, dann richtete sie sich wieder auf und stützte beide Hände auf den langen Stiel.
    »Los, frag mich, was dieses Liebesfieber ist!«
    Reni sagte nichts.
    »Du kriegst es, wenn du mit einem Mann, den du liebst und der dich liebt, eng beieinander liegst. Daraus entstehen Kinder.«

    Reni wollte es nicht hören. »So, wie du es beschreibst, kann man Angst davor bekommen«, sagte sie.
    Friederike zuckte mit den Achseln und putzte weiter. »Hast du das noch nie gefühlt, im ganzen Körper, wenn du an so was denkst?«
    »An was?«
    »Du weißt schon.«
    »Nein.«
    »Reni, tu nicht so!«
    Darauf schwieg Reni lieber. Vielleicht war sie in Jockel verliebt, vielleicht nicht. Auf keinen Fall würde sie sich trauen, mit ihm alleine auf die Wasserkuppe zu gehen, obwohl sie es gesagt hatte. Aber der Gedanke reizte sie. Weil sie ihn mochte und weil seine Hände stark und schön waren und seine Nägel kein bisschen dreckig. Aber das würde sie Friederike nie erzählen.
    Irgendwo im Haus tönte die Stimme des Hausmeisters. Herr Kiank war ein ungeduldiger Mann, und wenn nicht sofort alles so geschah, wie er wollte, schnauzte er herum. Ein paar Mädel erzählten, er habe Bemerkungen gemacht, die sich nicht gehörten.
    »Ich wünsche mir«, sagte Friederike, »dass mich mal einer von hier wegbringt, gegen den Willen der Misera, die nichts dagegen tun kann. Und wenn sie den Kiank zu Hilfe ruft, dann boxt mein starker Freund ihm beide Augen blitzeblau.« Sie lachte hell und klatschte den Putzlappen ins Wasser, dass es spritzte.
    »Ich wünsche mir«, erzählte Reni, »dass ein Flieger kommt und mit mir wegfliegt. Dann gucke ich von oben aufs Heim und spucke herunter …«
    »Der Misera ins Gesicht«, ergänzte Friederike. Sie glucksten und horchten, ob jemand in der Nähe war.

    »Nein, ich lerne einen Kapitän kennen«, fantasierte Reni. »Der nimmt mich mit auf sein Schiff.«
    »Damit fahrt ihr nach Amerika.«
    »Nach Texas.«
    »Nach Texas kommt man nicht mit dem Schiff.«
    »Schade«, sagte Reni.
    »Ihr fahrt bis nach Neuyork und

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