Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
wiederholen. Die Wiederholung eines Rituals befriedigt sie wie der Mord selbst.
Und wenn ich mich geirrt hätte, und eine der drei Botschaften beträfe gar nicht den Tod Gabrielis?
Dann kann es nur die Ankündigung eines weiteren Mordes sein.
Brautpaare, überall Brautpaare. Was hat Francesca gesagt? Dass die Mörderin flexibel ist. Dass der Mord an Gabrieli ein Teil der Botschaft ist, die den dritten Mord ankündigt? Den Mord, der für sie der dritte Mord ist?
Also kann das auserwählte Opfer nur Fran sein.
Ich nehme den Kopf zwischen die Hände, schließe die Augen und versuche, in Ruhe darüber nachzudenken, welchen Spuren ich noch nicht nachgegangen bin.
Das Schlimme ist, dass bei j edem Versuch, die Ermittlungen mithilfe von Schemata und Arbeitsteilung zu rationalisieren, etwas geschieht, das alles wieder über den Haufen wirft.
Wohin ist Anselmi verschwunden?
Und warum ist Iachino noch nicht zurück?
Schon wieder das Telefon. Ich nehme beim zweiten Läuten ab.
»Commissario?«
Es ist Iachino, er ist ziemlich aufgeregt. Will hoffen, dass es nicht nur die Nähe zur Sekretärin meiner Frau ist.
»Was ist los?«
»Als er getötet wurde, hat er am Computer gesessen und gearbeitet.« Iachino spricht leise. »Also kann es nicht wie ein Scherz angefangen haben.«
»Drück dich deutlicher aus.«
»Ich habe es so gemacht, wie Sie gesagt haben, Commissario, ich bin zu Gabrielis Wohnung gefahren, und gleich darauf ist Signora Defranchi gekommen.«
Ich höre ihre Stimme aus einiger Entfernung.
»Ja, ich sage es ihm. Sie lässt Ihnen einen Dank ausrichten.«
»Hör zu, Iachino, wenn das, was du entdeckt hast, vertraulich ist, dann schick sie weg, bevor du weitererzählst.«
»Aber sie hat es doch entdeckt!«
»Na gut, dann schieß los.«
»Es waren drei Disketten. Zwei lagen auf dem Schreibtisch in einer dieser Mappen …«
»Was für Mappen?«
»Solche aus festem Leder, ähnlich wie eine Brieftasche. In einer Ecke befindet sich das Kürzel M&V.«
So eine Diskettenmappe habe ich nie gesehen. Hätte ich aber müssen, denn auch Francesca bringt oft Disketten aus dem Büro mit. »Gib mir mal die Defranchi.«
Er zögert nur einen Augenblick. »In Ordnung.« Geräusche, dann ihre Stimme: »Worum geht es, Signor Mariani?«
»Diese Diskettenmappe … bei meiner Frau habe ich solche noch nie gesehen …«
»Die haben wir ganz neu. Die ersten sind am Montag gekommen. Viel Gutes haben sie nicht gebracht.«
In diesem Augenblick kommt Anselmi herein und sieht mich an. Ich stelle auf Mithören und bedeute ihm, sich zu setzen.
»Geben Sie mir Iachino bitte noch einmal.« So ist mein Leben eben. Wege, die ins Nichts führen, andere, die sich verlieren und wieder auftauchen. Sie gabeln und verzweigen sich, treffen wieder aufeinander …
»Commissario?«
»Weiter«, sage ich. Anselmi hat sein Notizbuch aufgeschlagen und schreibt mit.
»In der Mappe waren also nur zwei Disketten. Wo ist die dritte, haben wir uns gefragt. Monica hat sie gefunden.« Eben war sie noch Signora Defranchi. »Sie kennt sich mit Computern aus.« Ich würde ihm gerne sagen, dass er auf den Punkt kommen soll. »Die war nämlich noch im Laufwerk. Wissen Sie, Commissario, das ist der Schlitz, in den man die Diskette steckt, wenn man mit ihr arbeiten will.«
Ich verstehe wirklich nicht, worauf er hinauswill. »Komm zur Sache.«
»Ein erfahrener Nutzer wie Gabrieli hätte nie den Computer ausgemacht, wenn die Diskette noch im Laufwerk steckt. Das ist das Erste, was einem beigebracht wird.« Pause. »Monica sagt, dass man vor dem Ausschalten schon ganz automatisch überprüft, ob das Laufwerk leer ist.«
»Und?«
»Man hat ihm die Tüte über den Kopf gezogen, während er gearbeitet hat, und dann hat der Mörder den Computer ausgeschaltet. Aber er hat keine Ahnung von Computern und hat deshalb die Diskette im Laufwerk gelassen. Es ist jemand, der nichts von Computern versteht, Commissario.«
Er sagt das in einem Ton, als habe er Monica Defranchi vor dem elektrischen Stuhl gerettet und sei sich dafür ihrer ewigen Dankbarkeit gewiss. Er hat zu viele Fernsehkrimis gesehen. Der Mörder kann auch nur so getan haben, als verstünde er nichts von Computern.
»Die Daten auf der Diskette sind zum Teil ruiniert …«
»Woher willst du das wissen? Hast du nicht selbst gesagt, dass das nicht unbedingt passieren muss?«
Meine Stimme hat einen drohenden Ton angenommen, das merke ich selbst. Aber man zerstört keine Spuren in Gegenwart eines Zeugen
Weitere Kostenlose Bücher