Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
kann.
Francesca spricht weiter. »Ihm war das sehr peinlich. Deshalb hat er einen anderen Weg gesucht. Er hat weniger Pillen geschluckt, dafür aber immer mit zwei Fingerbreit Wodka. Ich habe ihm gesagt, dass das verrückt sei, dass ihn der Alkohol vielleicht für den Moment aufputschen, ihn danach aber umso schlimmer beuteln würde. Abgesehen davon, dass er damit seine Gesundheit ruinieren würde. Aber das hat ihn nicht interessiert. Er schlief seltener ein. Doch wenn es mal vorkam, dann reichte es nicht, ihn an der Schulter zu rütteln, da brauchte es Kanonenschüsse.«
Torrazzi: Alkoholspiegel prüfen.
Mir wird leichter, so als ob die Probleme sich langsam zu lösen begönnen.
»Jetzt gieße ich die Spaghetti ab.«
Ich zucke zusammen, ich war mit meinen Gedanken weit weg.
»Dachtest du an den Fall?«, fragt sie, nicht einmal vorwurfsvoll.
Ich reiche ihr meinen Teller und nicke.
»Wenn das alles vorbei ist, müssen wir die Dinge zwischen uns klären.«
Was soll das heißen: die Dinge zwischen uns klären? Ich frage sie nicht, weil ich befürchte, dass sie sagt, dass wir uns für eine Weile trennen sollen. Die Mitternachtsspaghetti haben ihren Reiz verloren.
»Du solltest etwas essen, sonst kippst du irgendwann noch um.« Sie steckt sich eine Gabel voll in den Mund. »Die sind gar nicht schlecht.«
»Ja, sicher«, antworte ich und zwinge mich, eine Gabel voll zu essen.
»Was ich nicht verstehe: Warum im Bruco«, fragt sie, während sie eine zweite Portion Spaghetti um die Gabel wickelt. »Sie hätte diese Bombe, die keine Bombe war, doch irgendwo deponieren können.«
»Bequem, zentral und wenig Leute.« Die zweite Gabel Spaghetti rutscht schon besser.
»Du kannst nicht nur von Kaffee leben. Dann wirst du krank und vergisst außerdem, wie es ist, ganz normale Dinge zu essen.« Sie passt auf, dass ich nicht die Nudeln auf dem Teller herumschiebe und nur so tue, als äße ich. Dann spricht sie weiter: »Zentral. Ja. Bequem. Ja. Wenn du einmal überlegst, dann ist doch alles im Zentrum passiert, bevorzugt in Foce.«
»Zwei von drei Morden. Aber für die Lotti ist sie bis nach Circonvalmonte gegangen.«
»Wenn sie die Wahl hat« - Pause und Gabel mit Spaghetti - »dann nimmt sie Foce.« Sie zeigt mit der Gabel auf mich. »Corso Torino und Via della Libertà.«
»Corso Magenta passt nicht ins Muster.«
»Sie konnte deine Mutter ja nicht bitten umzuziehen.«
»Und was bedeutet diese Bevorzugung?«
»Vielleicht gar nichts. Aber vielleicht ist es einfach die Gegend in der Stadt, die sie am besten kennt. Es ist ein Stadtteil, in dem viel in Bewegung ist, in dem viele öffentliche Verkehrsmittel fahren.«
»Fährt sie kein Auto?«
»Das Knie.«
»Das kann auch gespielt sein. Wie auch immer, viele Menschen mit Knieproblemen fahren trotzdem Auto.« Während wir reden, habe ich meinen Teller Spaghetti leergegessen, beim Essen habe ich Appetit bekommen.
»Ich kann sie mir nicht in einem Auto vorstellen.« Francesca sieht mich an. »Bist du noch hungrig?«
»Ja, von den Spaghetti habe ich doch Hunger bekommen.«
Sie steht auf, kramt im Tiefkühlfach und holt ein ins Papier einer Bäckerei gewickeltes Päckchen heraus. Schon wieder ein Päckchen, seit einer Weile begleiten Päckchen mein Leben. »Focaccia. Gestern habe ich einen Vorrat gekauft und ihn ins Gefrierfach getan. Wir backen uns ein ordentliches Stück im Ofen auf.«
Sie schneidet ein Stück von der Focaccia ab und legt es auf das Backblech. Unterdessen schalte ich den Ofen an.
»Sie ist gleich fertig.« Focaccia in den Ofen. »Als hätten wir sie frisch von Mario geholt.«
Hätte ich sie in diesem Moment nicht aufgefangen, wäre sie zu Boden gesunken. Sie ist blass. Leichenblass nennt man das.
Ich drücke sie an mich. »Was ist mit dir, Fran?«
So habe ich sie noch nie gesehen.
»Ich habe sie gesehen.« Sie schließt die Augen.
»Wen hast du gesehen?«
»Sie. Ich habe sie gesehen.« Francesca zittert leicht. »Ich stand bei Mario in der Schlange.« Langsam erholt sie sich wieder. »Mach aus, einen Moment noch, dann mach aus.«
Ich hatte die Focaccia schon vergessen.
»Ich stand in der Schlange und habe mich umgedreht. Du weißt schon, wie das ist, man hat das Gefühl, dass jemand von hinten drängelt.« Pause. »Nein, eigentlich habe ich mich umgedreht, weil ich das Gefühl hatte, jemand hätte mich gerufen.« Sie deutet auf den Ofen. »Mach aus.« Dann löst sie sich aus meiner Umarmung und lässt sich auf einen Stuhl gleiten. »Holen
Weitere Kostenlose Bücher