Blumen fuer Polt
einmal in meinem
Leben Kontakt mit der Gendarmerie. Das war, als mir die kleinen Kerle alle
Fenster zerschossen haben. Reife Leistung übrigens. Es sind 48 Stück. In nicht
einmal fünf Minuten war das Spektakel vorbei. Inklusive Absetzbewegung.“
„Warum haben die Buben das getan? Was glauben Sie?“
„Aus Lust an der Zerstörung. Es gibt in der Entwicklung
von Kindern nun einmal eine destruktive Phase. Und da ist kein Haus weit und
breit, bei dem man ungestört so viele Scheiben zertrümmern könnte.“
„Hat wenigstens eine Versicherung den Schaden bezahlt?“
„Versicherung? Daß ich nicht lache. Meine Kinder haben
mir geholfen. Die üben gottlob bürgerliche Berufe aus. Und was die vier Bengel
angeht, werden sie schon auch noch zahlen.“
„Und wie stellen Sie sich das vor, Herr Wehdorn?“
„Ich warte, bis sie älter geworden sind und fähig
einzusehen, was sie angerichtet haben. Dann werde ich mit denen in aller Ruhe
reden. Aber wollen Sie nicht ins Haus kommen?“
„Gerne, ja.“ Polt folgte ihm. „Ich frage jetzt
einmal ganz dumm. Die Leute nennen Sie Professor. Sind Sie denn einer?“
„Ach wo. Einmal während meines Studiums hätte ich
die Chance auf einen Assistentenposten bei einem berühmten
Dampfmaschinenkonstrukteur gehabt. Ich habe nein gesagt, weil ich ungebunden
bleiben wollte. War vielleicht ein Fehler.“
„Und was haben Sie gegen Einstein?“
„Ich weise ihm elementare Rechenfehler nach. Das
macht ihn mir mehr als verdächtig, ob Genie oder nicht.“
„Jetzt möchte ich noch etwas wissen. Die Formel,
draußen an der Wand?“
„Bradleys Aberrations-Cosinus. Waren Sie nie in der
Schule?“
„Schon, aber in Physik war ich noch schwächer als in
den anderen Gegenständen.“
„Immerhin dienen Sie der Menschheit und haben ein
geregeltes Einkommen. Ich drucke eine wissenschaftliche Zeitschrift, die kein
Mensch liest, und schreibe Bücher, die kein Mensch kauft. Nicht schlecht, was?“
„Und wovon leben Sie? Bitte nehmen Sie's nicht persönlich.“
„Warum? Eine berechtigte Frage. Das meiste von dem,
was meine Frau und ich so brauchen, gibt der Garten her. Und manchmal bringt
meine Arbeit ja doch was ein.“
„Ihre Frau? Kein Mensch hat mir gesagt, daß Sie
verheiratet sind.“
„Und wie ich verheiratet bin. Seit 62 Jahren, sieben
Monaten, drei Wochen und zwei Tagen übrigens. Meine Frau regiert den ersten
Stock. Hier unten herrscht mein Chaos, oben ihre Ordnung. Wollen Sie
hinaufkommen?“
„Ein anderes Mal gerne. Ich bin unter Druck.“
„Sie sind verspannt und stur unterwegs, Inspektor.
Das ist kontraproduktiv.“
„Danke. War ein guter Tip.“
Polt radelte zurück nach Brunndorf. Diesmal war
Friedrich Kurzbacher zu Hause. Er stand im Hof und goß mit trüber Miene
Blumen, die in einem mit Erde gefüllten Autoreifen wuchsen. „Grüß dich, Simon.
Ruhig ist es geworden hier. Keine Hühner, keine Ziegen, keine Schweine mehr. Es
war viel Arbeit mit den Viechern, aber ein anderes Leben war es auch.“
„Wo ist deine Frau?“
„Auf dem Friedhof, die Mutter gießen. Seit einem
Jahr liegt sie jetzt draußen. Ich war übrigens auf dieser Weinkost in Burgheim,
Simon, und da hat mir einer was erzählt.“
„Laß hören.“
„Na, er wollte an dem Tag, der dich interessiert, am
Abend gegen sieben gerade mit der Arbeit aufhören. Er war in seinem Weingarten
am unteren Ende der Kellergasse. Plötzlich hat er den Klaus und seine Freunde
den Hang herunterlaufen gesehen. Gerade so, als ob der Teufel hinter ihnen her
gewesen wäre.“
Polt kratzte sich am Kopf. „Danke, Friedrich. Das
bringt mich weiter. Und durcheinander bringt es mich auch.“
Die
Symbionten
„Grüß Gott, Herr Inspektor Polt! Haben Sie vielleicht
ein paar Minuten Zeit?“ Frau Raab stand vor der Burgheimer Apotheke und hob
eine kleine Schachtel hoch. „Hustensaft. Gestern hat's mich erwischt, hab kaum
schlafen können in der Nacht. Und wenn einmal die Hausmittel nicht mehr
angreifen, muß eben die Chemie her.“
„Na, dann gute Besserung!“ Polt stieg vom Fahrrad.
„Und was wollen Sie von mir, Frau Raab?“
„Gar nichts. Ich habe was für Sie. Aber Sie müssen
mitkommen. Es liegt bei mir zu Hause.“ Sie kicherte. „So lockt man junge
Männer an, nicht wahr?“
„Sie wissen eben, wie's geht, Frau Raab.“
Wenig später saß ihr Polt am Küchentisch gegenüber.
Sie öffnete eine Lade und kramte darin. „Ich war ganz sicher, daß ich es da
hineingelegt habe. Haltaus,
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