Blumen Für Sein Grab
Hauch von Parfüm erfüllte die Luft.
»Ich könnte es beweisen. Ich könnte dafür sorgen, dass du Ra chel Constantine innerhalb von zehn Minuten völlig vergisst!« Nevil wandte das Gesicht ab.
»Ich will Rachel aber nicht vergessen!«
»Siehst du? Es sitzt in deinem Kopf fest. Aber das ist auch schon alles, Nevil, mein Lieber. Ein Gedanke in deinem Kopf. Eine fixe Idee. Irgendwann wird dein Interesse an ihr nachlassen und schließlich ganz verschwinden, glaub mir.« Eine Hand legte sich mit sanftem Druck auf seine.
»Glaub mir.« Nevils Kopf fuhr herum.
»Weißt du, auf deine eigene Weise bist du genauso schlimm wie Ma! Du willst mir nicht zuhören, du willst nicht verstehen, wie sehr ich Rachel brauche! Du sagst immer nur … wohin gehst du?« Die Wut schwand aus seiner Stimme, die dafür erneut in alarmierende Höhen stieg und ihn wieder verletzlich klingen ließ.
»Nach draußen!« Seine Bekanntschaft hatte sich vom Bett erhoben und die Zimmertür erreicht.
»Nein, bitte! Bleib hier! Es tut mir Leid! Du weißt, dass ich dich nicht …«
»Warum sollte ich bleiben und dir beim Jammern über eine Situation zuhören, in die du dich selbst hineinmanövriert hast? Es ist schließlich nicht meine Schuld, wenn du dich mit deiner Mutter gestritten hast!«
»Aber wenn du weggehst, was ist dann mit mir? Was soll ich tun?«
»Du kannst meinetwegen hier bleiben und fernsehen. Was du willst. Hör mal, ich werde nicht lange weg sein. Ich mache nur einen kleinen Spaziergang. Ich will ein wenig an die frische Luft.«
»Ich wünschte, du würdest bleiben!«, sprudelte Nevil hervor.
»Du solltest nachts nicht durch die Gegend spazieren. Es ist viel zu gefährlich!«
»Gefährlich?« Ein raues Kichern.
»Weißt du, was dein Problem ist, Nevil? Du hast vor allem Schiss, und trotzdem willst du alles haben. Du musst aufhören, dir andauernd in die Hosen zu machen. Du musst anfangen, das Risiko, die Gefahr, sogar die Angst zu lieben! Genieße sie, lass dich nicht von ihnen auffressen!« Die Sprecherin brach ab, benetzte die blutroten Lippen und fuhr fort:
»Was ich sagen will: Du hast die Wahl! Du weißt doch, was für eine Wahl das ist, oder?« Die Tür fiel leise ins Schloss. Allein saß Nevil eine Weile im Halbdunkel. Dann stand er auf und ging ins Nachbarzimmer, wo der Fernseher lautlos vor sich hin flackerte, weil sie vorhin den Ton abgestellt hatte. Er stellt den Ton wieder ein – zu laut, und die Flimmerkiste plärrte ihn an. Er warf sich in einen Sessel. Es würde eine Szene geben, wenn er wieder zu Hause war. Wenn nicht heute Nacht, dann morgen Früh. Wahrscheinlich schon heute Nacht. Er würde sich ins Haus schleichen, doch Mutters Stimme würde die Luft immer noch durchdringen wie ein Speer.
»Wo bist du gewesen?« Sie würde wütend sein, verbittert und ungerecht. Schlimmer noch, sie würde alt und wehrlos klingen. Leise vor sich hin murmelnd bastelte Nevil eine schöne, würdevolle Rede zusammen, in der er sein Recht auf sein eigenes Leben und seine Privatsphäre verteidigte. Doch er wusste ganz genau, dass er sie niemals halten würde, und so verstummte er nach einer Weile und starrte schweigend auf die grellen, bunten Bilder, die über die Mattscheibe flimmerten, während er nervös auf den Fingernägeln kaute und den gefürchteten Augenblick vor sich herschob, an dem er wieder nach Hause musste.
KAPITEL 9
Trotz allem schlief Meredith tief und fest. Am Morgen, als sie erwachte, schien die Sonne hell von einem strahlend blauen Himmel herab. Mit dem freundlichen, hellen Tag kehrte auch der Optimismus zurück. Es war Samstag. Alan würde am nächsten Tag kommen. Der Dienstag, an dem Alex beerdigt werden sollte, schien noch weit entfernt. Warum also sich bereits jetzt deswegen den Kopf zerbrechen?
»Ich fahre nachher in die Stadt«, verkündete Rachel, während sie mit einem Löffel Müsli in ihre Milch drückte und angewidert den auf diese Weise entstandenen kalten Brei betrachtete.
»Möchtest du vielleicht mitkommen?« Ohne auf Merediths Antwort zu warten, fuhr sie fort:
»Ich weiß nicht, wie es mit dir steht, aber als ich noch ein Kind war, wurde mir immer eingetrichtert, wie wichtig doch ein vernünftiges Frühstück sei. Jetzt habe ich mich so daran gewöhnt, dass ich gar nicht mehr anders kann. Ich muss mich jeden Morgen hinsetzen und dieses Zeug hinunterzwingen. Es sieht aus wie dieser Kram, den die Leute ihren Hauskaninchen zum Fressen geben.« Sie schob die Schale mit dem Müsli von
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