Blumen Für Sein Grab
hat! Warum geht nicht jemand hin und ermordet sie?«, zischte Rachel und stieß mit der Gabel in Richtung ihrer Feindin.
»Das sollte man nämlich tun, weißt du? Das sollte man wirklich tun! Gib mir eine Waffe, und ich bringe sie um!« In der Bar herrschte gerade Schweigen, und Rachels Worte hallten kristallklar durch den Saal.
»Halt die Klappe, Ray!«, befahl Meredith harsch, doch es war bereits zu spät.
Endlich Sonntagmorgen. Meredith riss das Schlafzimmerfenster auf und atmete tief durch. In ein paar Stunden würde Alan da sein. Der Morgentau bedeckte den Rasen mit einem dünnen silbernen Film. Vögel flatterten zwischen den Bäumen umher. Bei so viel Beschaulichkeit und Frieden schien jegliche Disharmonie unvorstellbar. Dann hörte Meredith ganz schwach, in weiter Ferne und wie als Erinnerung Hundegebell. Frühstückszeit in den Zwingern. Die über Nacht verblasste Erinnerung an den gestrigen Eklat kehrte machtvoll genug zurück, um Meredith innerlich zusammenzucken zu lassen. Sie hoffte inbrünstig, dass sich eine Szene wie diese nicht in Alans Gegenwart wiederholte.
Rachel saß nicht am Frühstückstisch.
»Sie fühlt sich nicht besonders wohl«, sagte Mrs. Pascoe.
»Kein Wunder. Es war alles entsetzlich anstrengend für sie. Eier mit Speck?«
»Nur ein Ei bitte, danke sehr. Isst Mrs. Constantine denn einigermaßen vernünftig?«
»Nein. Meiner Meinung nach nicht. Sie pickt nur in ihrem Essen. Ich habe ein hübsches Stück Fleisch für heute Mittag eingekauft und hoffe, ich kann sie damit zum Essen überreden. Um wie viel Uhr wird der Gentleman hier eintreffen?«
»Gegen elf.«
»Ich bin froh«, sagte Mrs. Pascoe,
»dass Mrs. Constantine in dieser schweren Zeit ein wenig Gesellschaft hat, wegen der Beerdigung am Dienstag und allem. Das ist die Zeit, in der man die Familie braucht. Aber Mr. Constantine hat natürlich keine Familie in England, und von seiner Seite ist niemand da. Furchtbar schade, wirklich.«
»Ja. Ich habe ihn nur flüchtig kennen gelernt.« Sehr flüchtig.
»Haben Sie häufig Besucher in Malefis Abbey? Unter normalen Umständen, meine ich?«
»Nein, meine Liebe. Mr. und Mrs. Constantine haben sehr zurückgezogen gelebt. Er war ganz vernarrt in sie.« Mrs. Pascoe drückte die gefalteten Hände gegen die Brust und verdrehte die Augen himmelwärts.
»Er war ein so wundervoller Mann!« Vielleicht sollte jemand Alex als Kandidaten für die Heiligsprechung vorschlagen!, dachte Meredith. Was sie brauchten und was Meredith noch nicht gefunden hatte, das war jemand, der als Advocatus Diaboli agierte. Doch das könnte möglicherweise ihre Aufgabe werden. Und falls sie Erfolg hatte? Angenommen, es stellte sich heraus, dass Alex Gelder für Libyen oder für den Iran gewaschen hatte, mit denen subversive Organisationen finanziert wurden? Oder dass er ein syrischer Nationalist gewesen war, der sich in den Kopf gesetzt hatte, alles im Nahen Osten zu zerstören, was den Interessen seines Landes entgegenstand? War es das, was Fosters Leute vermuteten? Oder, wenn es nichts Politisches war, sondern Drogenhandel oder Waffen oder weiß der Himmel was, vielleicht ein Finanzskandal? Was würde es bringen, wenn sie das herausfand, außer Rachels Erinnerung an eine glückliche Ehe zu zerstören sowie den makellosen Ruf, den Alex in dieser Gegend genossen hatte? Ein Toter konnte niemandem mehr schaden. Warum sollte sie sein Andenken schädigen? Meredith vertrieb die wirren Gedanken aus ihrem Kopf. Die Wahrscheinlichkeit war sowieso hoch, dass sie nicht das Geringste finden würde und Foster den Fehlschlag würde akzeptieren müssen. Und wenn es ihm nicht gefiel – na und? Nach einem ansonsten gemütlichen Frühstück ging Meredith nach oben, um nach Rachel zu sehen. Sie saß aufrecht in ihrem Bett und las die Sonntagszeitung. Und in was für einem Bett! Es war ein wirklich gewaltiger Diwan, mit einem riesigen, aufragenden Kopfteil in majestätischem Purpur mit goldenem Rokokorahmen. Zu beiden Seiten standen Nachttische im Louis-XV-Stil, darauf Lampen mit gefransten Satinschirmen und gedrechselten Füßen. Rachel ruhte inmitten dieser byzantinischen Pracht, lächelte Meredith zur Begrüßung an und lud sie mit einer königlichen Geste ein, näher zu treten.
»Hallo Merry! Welche möchtest du? George Naseby liefert uns sowohl die Sunday Times als auch die Mail on Sunday.«
»Ich komme später noch einmal darauf zurück, danke. Im Augenblick bin ich eigentlich nur hier, weil ich sehen wollte, wie es
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