Blumen Für Sein Grab
Verdacht?«
»Ja, rein zufällig kann ich mir denken, wer es war und auch warum! Wenn man es genau bedenkt, ist es offensichtlich!« Mr. Hardy grinste freudlos.
»Mamas Junge war es. Nevil.«
»O nein, Wally! Nicht das Bild der eigenen Mutter!«, unterbrach ihn Irene Hardy schockiert.
»Dieser Junge ist nicht normal! Kein Wunder, wenn man bedenkt, was er für ein Leben geführt hat.« Hardy stieß den Zeigefinger in die Luft, während er jedes Wort mit Nachdruck betonte.
»Gillie ist bei uns geblieben, weil sie ein gutes Mädchen war. Nevil ist bei der alten Molly geblieben, weil er einfach nicht den Mumm hatte zu gehen! Er würde so gerne gehen, weiß Gott, das würde er! Aber er ist schwach, und schwache Menschen sind gefährliche Menschen, Mr. Markby. Glauben Sie nicht, ich wüsste nicht Bescheid über die Menschen und wie ihr Verstand funktioniert, nur weil ich an dieses Ding gefesselt bin! Ich sage Ihnen was, meine Beine mögen mir vielleicht nicht mehr gehorchen, aber mein Verstand ist messerscharf! Wenn ein Mann all seine Zeit im Rollstuhl verbringt, wie ich es tue, dann hat er eine Menge Muße, andere zu beobachten und über sie nachzudenken. Mir fallen Dinge auf, die andere übersehen. Ich habe von Anfang an gewusst, dass dieser Nevil ein komischer Kerl ist! Ich habe versucht, Gillie zu warnen, aber sie, sie musste natürlich glauben, er wäre ein verdammtes Weltwunder!«
»Mir ist er eigentlich immer als angenehmer junger Mann erschienen, bei den wenigen Gelegenheit, wo er zu Besuch war«, unternahm Mrs. Hardy einen letzten Versuch, Nevil zu verteidigen.
»Verschlagen war er, und er hat einen nie direkt angesehen! Nichts an ihm war echt. Ich sage dir, im Kopf von diesem Jungen spielen sich Dinge ab, die weder du noch ich wissen wollen!« Nun, das ist deutlich, dachte Markby. Er nahm das Foto zur Hand.
»Darf ich das hier behalten? Ich werde es an die richtigen Personen weitergeben.«
»In Ordnung, aber geben Sie drauf Acht!« Mr. Hardy sank in seinen Stuhl zurück und tat das Bild mit einer Handbewegung ab.
»Wir wollen es nicht in unserem Haus haben. Es ist etwas Böses, genau das ist es!«
Wieder auf der Straße, zögerte Markby einen Augenblick. Die Fotografie in seiner Innentasche knisterte beim Gehen. Es war tatsächlich eine böse Geschichte, da hatte Hardy Recht. Ob er allerdings auch Recht hatte mit seiner Behauptung, dass Nevil das Foto auf diese Weise beschädigt hatte, war eine andere Sache. Doch in Markby regte sich der Verdacht, dass es wohl doch so gewesen war.
Der Friedhof lag ein kleines Stück hinter den Cottages. Markby fragte sich, ob die Blumen immer noch auf Alex’ Grab lagen, zwei Tage nach der Beerdigung, und in welchem Zustand sie waren. Er lenkte seine Schritte in diese Richtung.
Die Blumen lagen noch auf dem Grab, und sie hatten sich unerwartet gut gehalten, auch wenn der Tau das schwarzgoldene Band von Rachels Kranz beschädigt hatte und die Rosen die Köpfe hängen ließen. Außer Markby war noch jemand auf dem Friedhof. Er stand über Constantines Grab gebeugt und studierte die letzten Grüße auf den zahlreichen Kränzen und Gestecken oder las die Namen auf den Karten. Er richtete sich auf, als er Markby bemerkte, und seine stämmige Gestalt verriet ihn augenblicklich.
»Ich werfe nur einen Blick auf seine Blumen«, sagte Chief Inspector Selway.
»Recht ansehnliche Menge. Mir persönlich erscheint es immer ein wenig wie Verschwendung, Blumen zur Beerdigung. Als meine Eltern gestorben sind, haben wir um Spenden für wohltätige Zwecke statt Kränze und Bouquets gebeten, weil es uns sinnvoller erschien. Ich muss gestehen, dass Kränze und Gestecke schon so etwas wie Respekt ausstrahlen. Ohne sie erscheint so ein Grab einfach nackt. Irgendwie nicht schicklich, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Vorsichtig erwiderte Markby:
»Genau genommen interessieren Sie sich nicht so sehr für ihn wie für den Mord an Gillian Hardy, nicht wahr?«
»Ich interessiere mich für jeden Mord, wenn der Täter in meinem Zuständigkeitsbereich zu finden ist.« Selway musterte Markby aus zusammengekniffenen Augen.
»Diese Geschichte hat Sie ziemlich in die Ecke gedrängt, wie?«
»Könnte man so sagen, ja«, gestand Markby.
»Sieht in den Augen gewisser Leute vielleicht gar nicht gut aus.«
»Da haben Sie wohl Recht. Ich kann nicht sagen, dass ich gerne auf der anderen Seite des Verhörtisches sitze. Am meisten stört mich, dass mir die Hände gebunden sind und ich
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