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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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fressen, Hunde, Wolken, Winde, Götter, die anderen Menschen. Doch wenn der Zigeuner selbst von etwas fraß, wenn er auch nur in den Hintern eines verirrten kleinen Kalbes biss, gab es sogleich große Aufregung, schon wurde der Riemen, die Peitsche, der Rohrstock erhoben. Die Schatten wuchsen, überwucherten sie und brachten Kälte. Die Bäume starben, Schnee raschelte, im Lager qualmte saurer Rauch, der Wind blies ihn in die Mulde ihrer eigenen Erde zurück, sie rangen nach Atem und froren, das feuchte Holz erzeugte keine rechte Wärme. Hin und wieder erhitzte das Fieber ein Zigeunerkind zu Tode, seine Mutter jammerte halbnackt inmitten des Lagers, sie raufte sich die Haare und stieß sich rostige Nadeln in die Brust. Obwohl seine Tochter nicht mehr bei ihr war, hinkte Gilagóg hin und wieder zu Klara. Ihren Sohn, dieses schüchterne Kind mit den traurigen Augen, erzog Klara allein. Gilagóg bekam Fleisch und Brot von ihr, selbst brachte er eine Wildente und Eier mit. Einmal fing er einen Hasen, Klara bereitete ihn zu, jeder von ihnen bekam eine Hälfte. Ihr kleiner Sohn fürchtete sich vor ihm, er verbarg sich immer hinter der Mutter, wenn Gilagóg auf der Schwelle stand. Die Zwillinge ließ Gilagóg nicht in das Haus der Familie Schön, dort hatten sie nichts zu suchen, sie hätten sicher gestohlen. Sie hätten die wunderschöne Wohnung auf den Kopf gestellt. Manchmal versuchte er sie zu erziehen, er bemühte sich, auf sie einzuwirken. Sie saßen vor ihm, legten gleichzeitig die Stirn in Falten, anscheinend hörten sie seinen Lehren zu.
    Passt auf, Zwillinge, ich zeige euch, wie der größte Zigeuner spielt!, schrie er in ihre schrecklichen Fratzen. Sie nickten gleichzeitig und grinsten höhnisch. Gilagóg schlug die Hände zusammen, die Zwillinge zuckten gleichzeitig zusammen, sie blinzelten gleichzeitig und erhoben gleichzeitig ihre Fäuste, um auf Gilagóg einzuschlagen. Sie brüllten, traten, bissen und kratzten. Gilagóg konnte sie kaum abschütteln.
    Das heißt, ihr wollt keinen Spaß haben?, keuchte er.
    Die Zwillinge ließen das Raufen sein und grinsten.
    Passt gut auf, ich erzähle euch die Weltgeschichte der Zigeuner!
    Sie setzten sich, grinsten, sie waren einander so ähnlich wie ein Zigeunerei dem anderen. Gilagóg schlug die dreckige Decke von Habred zurück und erschrak. Der Wahrhaftige schwamm in einer schwarzen Soße, er war voller Wunden und Kratzer. Den Mund hatte man ihm mit Moos, Erde und Laub vollgestopft, die Hände auf dem Rücken zusammengebunden. Die Zwillinge schüttelten sich vor Lachen, ein Spaß, was für ein Riesenspaß das war! Die Zwillinge wieherten, sie hatten den armen Habred gequält, der ihnen nicht gebt mir Geld, gebt mir Geld in die Ohren heulen konnte!
    Gilagóg schüttelte ärgerlich den Kopf, am liebsten hätte er sie getreten. Er reinigte dem Wahrhaftigen das Gesicht, spülte ihm den Mund aus, brachte ihn zum Husten, kitzelte seine Kehle mit Taubenfedern, damit er den vielen Dreck, den man ihm in den Mund gestopft hatte, ausspie. Habred kotzte, und er schaffte es, gebt mir Geld, gebt mir Geld zu sagen.
    Die Zwillinge sahen mit leuchtenden Augen zu, nun waren sie schön, mit lockigem Haar und brauner Haut. Sie lachten nicht mehr.
    Aufgepasst, Zwillinge, murmelte Gilagóg, Habred hat mir vorhin verraten, wer der Feind der Zigeuner ist. Ihr, Zwillinge, müsst das wissen. Dein Feind will dich nicht vernichten, zugrunde richten, sondern er will dich besiegen, unters Joch zwingen. Wer dich vernichten will, ist mehr und weniger als dein Feind. Der Hauptfeind der Zigeuner ist nicht der Jude, derDeutsche oder der Ungar, obgleich jeder von ihnen sein Feind ist. Der Hauptfeind der Zigeuner ist der Zigeuner! Am meisten prügelt der Zigeuner den Zigeuner, am meisten bestiehlt der Zigeuner den Zigeuner, der Zigeuner hält den Zigeuner in Sklaverei, der satte Zigeuner isst dem hungrigen den einzigen Bissen aus dem Mund. Seht einander an, Zwillinge! Seht nur, wer euer Hauptfeind ist!
    Die Zwillinge johlten, schnitten Grimassen, streichelten einander und schleckten einander die Gesichter ab. Sie waren doch keine Feinde, sie waren die Zwillinge. Eine Krähe saß auf einem Ast über ihnen und betrachtete sie, sie flog nicht weg und krächzte.
    Die Zwillinge stahlen das Geld, das Gilagóg von der bleichgesichtigen Gestalt bekommen hatte, während jener furchtbaren Jagd, denn sie blieben zu Hause, sie stellten sich schlafend und krank, die Zwillinge waren müde, ihre Stirnen glänzten

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