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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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fiebrig, sie stöhnten und wälzten sich auf ihren Strohkissen hin und her, und als sich die Kugel der Jäger in das Herz des Wahrhaftigen bohrte, mochten sie gerade bis zu den Ellbogen in der Erde wühlen. Als sich die Todeskugel in Habreds Herz bohrte und die Seele aus seinem verkrüppelten Körper trieb, bissen und spuckten die Zwillinge bereits die Erde, auf die ihr Vater immer pinkelte.
    Als sie den Schatz fanden, fielen sie übereinander her, sie erwürgten und erschlugen einander fast, und das Loch, das sie mit bloßen Händen gegraben hatten, füllte sich mit Blut, Hautfetzen und Haarbüscheln. Sie liefen in die Welt hinaus, während beide das Säckchen umklammerten, in dem die Goldgroschen klimperten.
    Als der gebrochene Gilagóg heimkehrte, trug er Habred auf den Armen, er legte ihn nicht hin, hielt ihn immerzu fest, umarmte ihn, als könne er noch aufwachen, und währenddessen starrte er auf das von den Zwillingen gescharrte Loch, den Ort des gestohlenen Schatzes, da kam ihm der Gedanke, es ein wenig zu vertiefen und Habred darin zu begraben.
    Gilagóg saß viel neben Habreds Grab, auf das der Regen niederprasselte, das weiß wurde von Schnee und Reif, und seufzte. Manchmal legte er das Ohr an den Hügel.
    Gebt mir Geld! Gebt mir Geld!
    Schön, kleiner Habred, du erzählst also auch dort die Weltgeschichte der Zigeuner!
    Doch oft fiel, kaum dass er ein paar Worte gesprochen hatte, Unrat auf ihn herab. Nun schlugen und bewarfen sie ihn sogar schon. Bis dahin hatten sie ihn vielleicht deshalb geduldet, weil er für Habred sorgte. Er machte es ja auch an ihrer statt. Die Zwillinge waren nicht einmal so wichtig wie der Regen von gestern. Jede Frau hätte sie unter ihren Rock genommen, aus jedem beliebigen Busen hätten sie Blut und Milch saugen können, mit jeder beliebigen Buddel hätte man sie für immer, bis zum jüngsten Gericht eingeschläfert. Die Zwillinge machten es den Zigeunern der Ansiedlung leicht, denn sie liefen am Tag der Vorführung der Steine davon. Sie konnten nicht bleiben, die Winde, die wandernden Wolken zogen sie fort, der Schatz nahm sie mit. Vor dem armen Habred jedoch fürchteten sich die angesiedelten Zigeuner, weil er abstoßend war und stank, außerdem beleidigte sein Gekreische ihre Ohren, und manchmal leuchteten seine Knochen tatsächlich blau. Nun aber gab es keinen Habred mehr, deshalb betrachteten sie auch Gilagóg nur noch als vertrockneten Stengel, als raschelnden Affenbrotbaum.
    Du bist ein bekloppter Greis, Gilagóg, du redest irres Zeug!
    Der Krebs soll dir das Herz heraus fressen!
    Sie hielten Gilagóg für verrückt, vertrieben ihn jedoch nicht aus dem Lager, sie schlugen, traten und bewarfen ihn nur. Mit Respekt hatten sie ihn zuletzt angesehen, als der deutsche Doktor sie überredete, ihn wie den alten, starken und mächtigen Gilagóg zu behandeln. Es würde sich für sie auszahlen! Alle Zigeuner würden davon profitieren, wenn Gilagóg das Gefühl hätte, wieder Woiwode zu sein. Sicher hatte der Deutsche dafür viel gezahlt, mit vielem Gold. Er gab dem neuen Woiwoden irgendeinen Stein, irgendeinen schillernden Schatz, und der befahl seinen Leuten zu spielen, dass noch immer Gilagóg ihr Woiwode war.
    Woiwode, Woiwode!, schrien sie jetzt, nachdem er Habred den Wahrhaftigen verscharrt hatte. Der Spaß hatte ein Ende. Sie lachten so sehr, dass sie sich auf dem Boden wälzten, sie wimmerten im Schlamm und schnappten nach Luft.
    Ihr Hurensöhne von Zigeunern!, schmollte Gilagóg.
    Doch die wieherten nur immer weiter.
    Gilagóg träumte von seiner Tochter. Er träumte, dass sie in Schwierigkeiten war, er sie jedoch retten könne, wenn er zu ihr ginge.
    Es war Frühling, und der Frühling gab ihm recht.
    Gib mir von deiner Leber, und ich bringe dich zu Mütterchen Sommer! Und Gilagóg gab von seiner Leber, und der Sommer wollte etwas von seiner Lunge und seinen Schenkeln haben, und er ließ auch Frau Sommer satt werden, weswegen sie ihn großmütig an Mütterchen Herbst weitergab, die seinen Speichel, seine Tränen und seinen Schweiß haben wollte, um den Regen damit zu würzen. Und er stellte alle zufrieden! Gilagóg gab ihnen auch Blut, Unmengen seines Blutes ließ er ihretwegen verrinnen, eines Nachts erwachte er in einer schwarzen Brühe badend, doch er wusste nicht, wo er blutete, an welchem Glied, welchem Körperteil.
    Doktor Schütz stopfte ihm bittere Pulver in den Mund und flüsterte ihm ins Ohr, mein Lieber, Scheiße und Donnerwetter !
    Steigen Sie bitte aus, Herr

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