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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Tor, die Zigeuner fuhren mit dem Doktor davon. Klara kam zurück, das Haar fiel ihr ins Gesicht.
    Ist er im Haus?, fragte Imre.
    Er sitzt im hinteren Zimmer, antwortete Klara und senkte die Augen.
    Ich habe es gespürt, sagte Imre.
    Er hat einen bitteren Geruch, antwortete Klara. Als hätte er Kaffeebohnen gekaut oder sich mit Zitronenschalen abgerieben. Auf einmal war er da, wie einer Wolke entstiegen. In der Nacht hat er an der Tür gepocht und gesagt, er wolle unbedingt auf dich warten. Ich bin glücklich, dass ich ihn hören kann, sagte Klara und wurde rot. Imre sah, dass ihre Hand zitterte, er lachte bitter auf, das Kind sah sie verwundert an, wie seltsam, dass die Eltern miteinander redeten.
    Er hat versprochen wiederzukommen, erinnerst du dich?
    Und ob ich mich erinnere, sagte sie.
    Damals sind alle davongelaufen.
    Er nicht, Klara senkte den Kopf.
    In Ordnung, ich rede mit ihm, sagte Imre und ging zur Tür.
    Warte, bis das Blut gestillt ist, sie griff nach dem Verband.
    Imre antwortete nicht, er trat ins hintere Zimmer, die Tür war angelehnt. Drinnen empfingen ihn die vagen Konturen einer sitzenden Gestalt. Der Fremde rührte sich nicht. Imre ließ sich ihm gegenüber nieder, der Mann war auch im Sitzen gewaltig, seine Ausdünstung erfüllte das Zimmer, eine Mischung aus Gewürz- und Tabakgeruch, Schweiß, Staub, Wunden. Auch er schien Verletzungen zu haben, alte, vor langer Zeit erlittene, die nicht mehr heilten und von Würmern befallen waren. Imre bemühte sich, seine Verwunderung nicht zu zeigen: Wie hatte dieser dünne Schattenjüngling derart wachsen können?!
    Schön, seufzte er, also rede!
    Ich habe ihn mitgebracht, knurrte der Mann und schlug auf sein Bündel.
    Imre musste lächeln.
    Was soll ich denn jetzt noch damit anfangen?
    Und damals, als Sie davon erzählt haben, was haben Sie damit angefangen?!
    Und jetzt?! Was ist jetzt zu tun?!
    Der Fremde grinste, fingerte an der Schnur seines Bündels herum und öffnete es, sein Arm verschwand bis zum Ellbogen darin, schließlich holte er einen Grashalm hervor und begann zu musizieren.
    Er musizierte lange.
    Imre lauschte aufmerksam, seine Lippen bewegten sich.
    Der Fremde hörte auf und schnaufte tief. Er ließ den Grashalm wieder in seinem Bündel verschwinden.
    Es war dein Vortrag, Bruder, ich habe ihn dir vorgespielt. Er erhob sich und machte Anstalten zu gehen.
    Warte, Adam!, sagte Imre, als der Grasmusikant bereits in der Tür stand, mit seinen breiten Schultern drückte er den Türrahmen geradezu auseinander. Er war gut gelaunt, kein Zweifel. Er lachte kläffend und tanzte ein paar Schritte. Allerdings dachte er nicht daran, zu warten. Mitleid, Liebe, Trost, Begeisterung oder Anhänglichkeit, solche Nichtigkeiten brauchte er nicht mehr. Er lebte, kam und musizierte ohne sie. Sein Grashalm weinte und summte, er ging fort und kehrte am nächsten Tag wieder. Und seine gewaltige Gestalt verschwand auch jetzt, ließ nur einen Duft zurück, ein kräftiger Körpergeruch hing in den Zimmern, suchte vielleicht seinen Besitzer, schließlich wurde auch er zu nichts.
    Blumenfresser, sagte Imre zu sich selbst. Das Kind lief herein, wollte etwas sagen, stutzte jedoch, es bemerkte eine Blüte auf dem Boden. Es bückte sich und griff danach. Doch die Blüte wurde lebendig, sie schwamm wie ein Fischlein aus dem Zimmer.
    Was war das?!, fragte das Kind verdattert.
    Ein Tulpenfisch, sagte Imre.
    Und was wollte er hier, wie ist der Tulpenfisch hergekommen?!
    Er ist mit dem Tod gekommen, sagte Imre nach kurzem Schweigen, mit dem Tod.
    Am Abend gab es auf dem Hauptplatz ein Fest, Lampions und Fackeln erleuchteten die Straßen, Bier und Wein ließ die Blicke der Menschen glänzen, auch in ihrer Straße wurde gejohlt. Klara hatte Likör mitgebracht, bitteren, den auch Imre mochte. Er ging ein wenig spazieren, allein, sie hielt ihn nicht zurück. Die Burg prangte in Festbeleuchtung, an den Simsen baumelten Laternen. Und wenn dieselben Damen und Herren vor einigen Jahren beim Anblick Kossuths in Begeisterung ausbrachen, so huldigten sie nun Ihrer Majestät dem Kaiser. Macht nichts, murmelte Imre, macht nichts, das war gestern, es ist vorbei. Das hier ist heute, und auch das wird vorübergehen. Irgendwie fand er nach Hause, den Likör trank er rasch, bat um eine weitere Flasche. Klara brachte sie schweigend. Imre hatte sie bald ausgetrunken, macht nichts, macht nichts, macht nichts.
    Klara beugte sich zu ihm. Du machst jetzt, was du willst.
    Imre kratzte sich am Kopf, oh,

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