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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Luft holte.
    Das wäre natürlich eine fürchterliche Tragödie, sagte er schließlich.
    Eine Tragödie, ja, nickte Kigl, er war sehr bleich.

Kigl, der Stilist
    Nachdem er sich gedehnt und gestreckt hatte, öffnete er das Fenster, damit der Tabakrauch hinauszog. Die Februarkälte schnitt ihm ins Gesicht. Geistesabwesend stand er eine Weile da, bevor er sich wieder an den Tisch setzte und seine Finger knacken ließ. Stiefelabsätze pochten, es konnten nur Ordnungshüter sein, die in Mänteln mit Kupferknöpfen patrouillierten, den schwarzen Tschako auf dem Kopf und das Gewehr über der Schulter, gewöhnlich waren sie zu zweit, und wenn der eine ein langer Lulatsch war, dann schnaufte der andere kurzatmig neben ihm her. Die Leute lachten über sie, verhöhnten sie hinter ihrem Rücken, streckten ihnen den Hintern heraus. Das Pochen verstummte. Was ist los, was ist los? Kigl starrte wieder auf die Straße hinaus, der verfluchte Winter wollte kein Ende nehmen. Er konnte die Kälte nicht ausstehen und hasste den Schnee. Die Polizisten standen vor dem Redaktionsgebäude und mustertendas Namensschild. Herzlich willkommen, rief er mit breitem Grinsen hinunter. Einen solchen Gruß konnte man auch als Hohn auffassen, doch die Polizisten schritten ohne ein Wort weiter.
    Krepiert, knurrte er, und weil sich der Kleinere umblickte, schloss der Wunsch mit einem neuerlichen breiten Grinsen.
    Krepieren sollt ihr! Zur Hölle mit euch!
    Er seufzte tief, morgen musste er einen Bericht schreiben. Unterließ er es, würde die Redaktion geschlossen, den Kollegen der Laufpass gegeben. Und das hatte nichts mit dem Komitatshauptmann Bonyhády, diesem Rindvieh, zu tun. Von höherer Stelle hatte man ihn wissen lassen, dass sie ihn nie in Ruhe lassen, ihn bis aufs Blut aussaugen würden. Darauf hätten sie ihn nicht hinweisen müssen, er begriff selbst, dass er in eine Falle hineinspaziert war, aus der er nicht so bald wieder freikommen würde. Hol’s der Geier, er boxte in die Luft, langte nach der Flasche, füllte das Glas und trank es in einem Zug aus. Er wischte sich mit dem Unterarm über den Mund. Wovon sollte er diesmal berichten?
    Schon mehrmals hatte er Neuigkeiten über den Mord am Stadtrand mitgeteilt, dummen Tratsch inbegriffen, zuerst war der junge Gärtner verdächtigt worden, er habe im letzten Herbst den Gutsverwalter erschlagen. Dann fiel der Verdacht auf Angestellte der benachbarten Grafschaft, einige von ihnen hatten am Freiheitskampf teilgenommen. Jüngst raunte man, dass am Morgen des Mordtages noch Wagen vor dem Haus gestanden hätten, Herren aus der Umgebung seien ausgestiegen. Er hatte auch schon davon gesprochen, dass ein Sänger aus Pest namens Zserkovitz während einer Mozartarie Schluckauf bekommen habe, wenngleich er dem Bericht hinzufügte, dass der Künstler für seine schwärmerische Verehrung des Kaisers bekannt und es daher kaum anzunehmen sei, dass er mit der Arie des Sarastro das Ansehen der Krone schmähen wollte, andererseits könne man nicht leugnen, dass mehrere Zuhörer unterdrückt zu lachen begannen. Er hatte von den Zigeunern gesprochen,deren Woiwode Gilagóg hieß und die einen Krüppel versteckt hielten, dessen Knochen aufgrund irgendeines technischen Tricks leuchteten. Dieser Gilagóg lief mit einem so verklärten Gesicht herum, als wäre der Reichsapfel aus seinem Hintern herausgerollt. Die frischgebackenen Stadtzigeuner waren arm wie der Winter, nicht einmal aufs Musizieren verstanden sie sich besonders, obwohl doch die Alteingesessenen geschickte Fiedler waren. Die Neuen gingen zum Fischen an den Fluss oder fingen Schlammbeißer oder Kleinfische aus den Sümpfen. Ihre Bengel stahlen ebenso wie die anderen Zigeunerkinder. Manchmal trugen sie Zwistigkeiten aus, sonst waren sie friedlich.
    Wenn er Berichte schreiben musste, und das war alle zwei Wochen der Fall, machte er die Herren auf Ereignisse aufmerksam, die sie selbst sehen konnten, wenn sie Augen im Kopf hatten. Ausführlich berichtete er davon, wie viele Kossuth-Hüte und Kossuth-Bärte an einem Vormittag in der Stadt provozierten. Viele Leute niesten in nationalfarbene Taschentücher! Weil jedermann wusste, dass die Grundbesitzer murrten, weil sogar für die Fasanenjagd ein Waffenpass benötigt wurde, schrieb Kigl darüber einen Bericht. Vor einigen Wochen hatte ein unbekannter Gutsherr die Qualität des erhältlichen Tabaks beanstandet und sich sogar herausgenommen, das Tabakmonopol zu kritisieren. Ede Kigl meldete, was ohnehin alle

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