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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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hinter dem Rücken und begann auf und ab zu gehen, fast hätte er die Wasserkanne umgetreten. Der Redakteur beobachtete jede seiner Bewegungen, er fühlte sich schon ganz unbehaglich. Aus einer Lade kramte er ein Glas hervor, schenkte Wein ein und reichte ihn Imre, der ihn hinunterkippte, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen. Dann starrte er in das leere Glas, stülpte es um, schüttelte es, hm, nicht ein einziger Tropfen war im Glas geblieben.
    Haben Sie die Absicht, eine Replik zu schreiben, Herr Professor?
    Imre lachte höhnisch auf, sich das Kinn reibend wandte er sich dem Redakteur zu, der übrigens so alt war wie er selbst.
    Diese Schrift, die hier die Seiten Ihrer Zeitung schwärzt und die Krethi und Plethi lesen kann, einfältige Kinder ebenso wie Gelehrte, Akademiemitglieder oder auch Saufbolde, Soldaten, Staatsbeamte, Spitzel und Dichter, nun, dieser ganze Artikel, Imre schwenkte die Zeitung wie ein Beweisstück, ist einfach nicht wahr!
    Ich verstehe wirklich nicht, brummte der Redakteur.
    Dieser Schrift mangelt es in jeder Hinsicht an richtigen oder auch nur glaubhaften Feststellungen. Diese Schrift ist keine Fälschung, denn sie hat kein Original, dessen Eigenschaften und Charakteristika sie hätte kopieren können. In Ihrem Blatt, Herr Redakteur, sind täglich grobe Absurditäten und Irrtümer zu lesen. Ihre Wahrheiten sind lediglich Teile einander widerstreitender großer Lügen. Diese genau formulierende, zuweilen auch mit den Stilmitteln der Poesie nicht geizende Kritik geht gewiefter mit den Fragen der Wahrheit, der Lüge, des Traumes und der Realität um als die übrigen Artikel Ihres Blattes, deren Lebenselement die feige Insinuation und das Aufpeitschen der Instinkte ist!
    Kigl war der Beleidigungen überdrüssig, er hätte ihn unterbrochen, doch Imre Schön hob die Stimme.
    Nun, wenn Sie gestatten, ich habe es geprüft und herausgefunden, dass die Städte, die in der Rezension Erwähnungfinden, nicht existieren, und auch die Gartenanlagen, Güter, Schlossparks, die künstlerisch gestalteten Blumenpflanzungen, die Bächlein und malerischen Landschaftsdetails, an die sich die Kritik scharf, an anderer Stelle mit zarter Verheißung zurückerinnert, es gibt sie nicht! Die Abhänge, die Berge und Täler, deren Beschreibung der Kritiker aus diesem nicht existenten Buch so reichlich zitiert, sie gibt es nicht.
    Vergeblich würden wir kaum 30 Kilometer südlich von Paris, am Rande des malerischen Städtchens Beui den wunderschönen Pascal-Garten suchen, seine Orchideensammlung und sein Rosarium, es gibt sie nicht, weil es dort auch einen solchen Ort nicht gibt. Es existiert kein Garten dieses Namens! Das heißt, es gibt auch die Aufschrift auf der Ummauerung des Gartens nicht, die der Rezension zufolge so lautet, ich zitiere: »Zur Erinnerung an die Philosophen, die nichts von dem gesagt haben, was sie hätten sagen wollen …«, hingegen gibt es sehr wohl im Norden von Paris einen prächtigen Park namens Ermenonville, vielleicht haben auch Sie, Herr Kigl, davon gehört, und es ist Ihnen bekannt, dass der große Rousseau seine letzten Lebensjahre in Ermenonville verbracht hat, wo zu Ehren Montaignes in die Mauer des Tempels der Philosophie gemeißelt ist, ich zitiere: »Der Mann, der alles gesagt hat«!
    Herr Kigl, in San Leandro, nördlich von Paris, existiert kein »Großer Manuel-Irrgarten«, kein aus Schlingpflanzen und Wurzeln geflochtenes Labyrinth, in dem sich jedes Jahr ein Kind verirrt, dessen Weinen dann nächtens bis in die Stadt zu hören ist! Dieses Labyrinth würden Sie vergeblich suchen, Herr Kigl! Dagegen ist in Barcelona das sogenannte Horta-Labyrinth zu finden, dessen Mauern in jahrhundertelanger Arbeit tatsächlich aus Pflanzen, miteinander verflochtenen, unzerreißbaren Stengeln und Wurzeln sowie sorgfältig gestutzten Hecken geschaffen worden sind.
    Und es gibt in Hollbau nördlich von Hamburg keinen Eibenwald, weil es auch Hollbau nicht gibt! Doch wir wissen von einem wunderschönen Eibenwald in Nordbayern, nahe demBodetal! Des weiteren ist nicht die Eibe des südenglischen Gellington das vermutlich älteste Exemplar ihrer Gattung, denn ein für sein Heilwasser und seine heilsam wirkenden Steine berühmtes Dörfchen namens Gellington werden wir nirgends finden! Jedoch wissen wir von einem Exemplar in Yorkshire, dessen Alter auf dreitausend Jahre geschätzt wird, und es waren nicht der Deutsche Meyer und der Flame Boor, die – zur Zeit der Napoleonischen Kriege, wenn ich das

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