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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Sie sich selbst anzeigen?! Ich verstehe nicht, stotterte Kigl.
    Sagen Sie es ihnen, Kigl! Sagen Sie ihnen, dass ich einen Saal und einen Termin brauche. Verstehen Sie?!
    Ich verstehe nicht, schüttelte Kigl den Kopf, ich verstehe nicht! Was soll ich wem sagen?!
    Sie, Kigl, sind ein Schnüffler und stehen mit ihnen in Kontakt. Sie bitten sie um eine kleine Gefälligkeit, überdies eine, die zu Ihrer Arbeit gehört. Ein Saal, ein Termin, nickte Imre und ließ den bestürzten Redakteur allein, als seien sein flegelhaftes Geschrei, seine theatralischen Ausführungen nichts weiter als eine Erscheinung gewesen.

Ich bitte dich inständig, tu es nicht!
    Seinerzeit in Dresden hatte man ihm an der naturwissenschaftlichen Fakultät einen gutbezahlten wissenschaftlichen Posten angeboten, er hätte nur einzuschlagen brauchen. Hätte er es getan, wäre er heute ein namhafter Forscher und könnte zwischen den Kathedern Europas wählen, außerdem wäre er ein wohlhabender Mann. Er aber hatte verloren vor dem blitzenden Schreibtisch gesessen und in die erst freundliche, dann verständnislose Miene des Dresdner Professors geblickt, seinen Entschluss jedoch nicht geändert.
    Wenn ich Ihr Angebot annehme, Herr Professor, muss ich in Ihrem Land leben. Ich werde jedoch in Ungarn leben, sagte er und wusste, dass ein unangenehmer Zug in seinen Mundwinkel trat, die Mutter war ihm eingefallen.
    Ist das Ihr letztes Wort?
    Es gibt kein letztes Wort, Herr Professor, er schüttelte den Kopf.
    Wütend verließ der Professor den Beratungssaal, dessen Wände mit Gemälden namenloser Maler vollgehängt waren. Auf einem der Bilder entschwand ein Hirsch mit einem Speer in der Brust im Dickicht des Waldes. Lange betrachtete Imre das erboste Antlitz des Jagdführers. Am nächsten Tag trat er die Heimreise an. Rasch verbreitete sich sein Ruf, aufgrund seiner Abhandlung über die Flora berühmter Schlachtfelder, Muhi, Mohács und Belgrad, wurde er Mitglied der Akademie. Der zur Reformpartei gehörende Teil des Entscheidungsgremiums unterstützte ihn, man sah einen dem Fortschritt verpflichteten, patriotisch fühlenden Gelehrten in ihm, die Konservativen würdigten seine historischen Kenntnisse, doch als er ihnen eröffnete, dass er gerne auch den Schauplatz der in die Zeit Napoleons fallenden Schlacht von Győr beschreiben würde, ersuchten sie ihn, von diesem Vorhaben vorläufig abzusehen, anschließend wählten sie ihn zum korrespondierenden Mitglied der Akademie und bewilligten ihm ein jährliches Einkommen.
    Nun schrieb man den Februar 1851, und er hätte auf seinem Hintern sitzen, mit Knospen und Trieben herumpusseln können, beobachten, wie Schalen und Blütenblätter sich entfalteten, er hätte Klara in Erstaunen versetzen können, indem er sie mit blauen und blassgrünen Hortensien überraschte, weil er in den einen Topf Eisen streute und in den anderen nicht, er hätte sich mit tausend Tricks die Zeit vertreiben können. Der Akademie, den ihre anfängliche Reserviertheit aufgebenden Forscherkollegen, hätte er Aufzeichnungen schicken, mit der Zeit auch Vorträge halten können, er wäre in ihren Kreis aufgenommen worden. Sein Leben wäre leicht gewesen. Er hätte sein Kind erziehen können, das laufen und reden konnte. Doch er entschied sich anders.
    Klara ließ Somnakaj eine sorgfältige Erziehung angedeihen, sie lehrte sie, sich zu kämmen, sich mit rötenden Pudern und Cremen zu verschönen, sie gab ihr modische Kleidung und brachte ihr bei, anständig zu gehen und zu grüßen. Somnakaj umschwärmte Klara. Wegen Imre war sie eifersüchtig, er fing ihren wütenden Blick auf, wenn er sie aus dem Zimmer schickte, weil er mit seiner Frau allein bleiben wollte. Vielleicht lauschte sie auch an der Schlafzimmertür. Somnakaj war ein Schleckermaul, sie stibitzte alles Essbare. Das wusste Klara, doch sie wollte sie nicht beschämen, sie hielt es damit wie ihr Mann, Essensdiebstahl war nicht der Erwähnung wert.
    In den Monaten nach dem Scheitern der Revolution nahm Imre das Mädchen regelmäßig auf den Hauptplatz mit, wo der Platzkommandant jede zweite Woche mit eigener Hand ein Feuer entzündete. Platzkommandant Ripperda liebte die Flammen, sein Blick verklärte sich, wenn ein Scheiterhaufen aufloderte. Konfiszierte Tagebücher, revolutionäre Bücher und Aufzeichnungen sowie Geld wurden auf dem Hauptplatz verbrannt. Imre betrachtete schaudernd den Tanz des Feuers und drückte Somnakajs Hand mit solcher Kraft, dass sie kleine Schreie ausstieß. In

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