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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Erwachsenen, heiser. Hirsch begann über ihn zu verbreiten, er sei andersherum und sehe lieber Jungen nach als Mädchen den Hof zu machen. Als auch Kigl und Barcs damit anfingen, sie hätten zwar schon von so etwas gehört, aber noch niemals jemanden gesehen, der solche Gefühle habe, war das Maß voll. Adam schüttelte den Kopf, nicht doch, sie sollen aufhören mit dem Quatsch, er sei nicht so einer, immerhin habe er schon etwas mit einem Mädchen gehabt, eine gewisse Julia Frikker geküsst. Aha, Julia Frikker, nickte Kigl, wer ist denn Julia Frikker?! Niemand kannte sie. Adam sagte nichts mehr. Noch am selben Tag machte er sich auf die Suche nach Hirsch und fand ihn draußen im verschneiten Park. Der hagere Junge musterte ihn höhnisch, es war Mariä Lichtmess, die Kälte ließ die Stadt bibbern, und während sie auf der Straße herumstanden, stieg Adam der Geruch von Talg in die Nase und von Rauchschwaden, die aus den Schornsteinen herabwallten. In der Gegend gab es zahllose Maronibrater und Kerzenverkäufer, vermummte alte Frauen boten in Toreinfahrten ihre Ware feil. Es sah aus, als würden sie Pfeife rauchen, dabei dampfte nur ihr Atem. Der Schnee hatte sich so dick auf die Äste der Bäume gelegt, dass manche unter ihrer Last brachen.
    Adam zog ein Messer aus der Manteltasche und stach Hirsch in die Schulter. Die Klinge durchdrang den ratschenden Stoff mit Leichtigkeit, die Spitze traf das Schlüsselbein. Er wischte das Messer im Schnee ab und steckte es wieder in den Mantel, dann stand er da, als wäre nichts geschehen. Hirsch konnte nicht einmal schreien, aus seinem Ärmel tröpfelte Blut, rote Löcher entstanden im körnig werdenden Schnee. Taumelnd ging er davon, eine rote Spur hinter sich ziehend. Von nun an spottete er nicht mehr, und es gab kein Nachspiel, niemand zog Adam zur Verantwortung. In ihm keimte der Verdacht, dass er sogar einen Menschen töten könnte, ohne dass es Folgen hätte.
    Wenn er mit seinen Freunden zusammen war, tanzte er nicht aus der Reihe; nie stand er im Mittelpunkt von Streitigkeiten, obwohl die Unabhängigkeit, die Reformierung des Gemeinwesens ein zentrales Thema ihrer diskussionsfreudigen Tischrunden war und die Debatten oft in Geschrei und Fäusteschütteln mündeten. Wenn Adam erschien und sich zu seinen Kameraden setzte, wurde er kaum gegrüßt, er hörte den anderen zu, erst dann ergriff er das Wort.
    Ihr irrt euch, sagte er leise. Er begründete nicht, warum seine Freunde diese oder jene Sache falsch sahen, doch die Jungen änderten sofort ihre Haltung. Was sie bisher kritisiert hatten, begannen sie nun zu loben, was sie zuvor gelobt hatten, kritisierten sie. Adam dachte zufrieden, dass er gar nicht zu töten brauchte, um die Welt zu verändern.
    Sie waren meist zu sechst, Jenő, der Sohn des Zollkommandanten Barcs, Géza Schubert, der Jude Salamon, der kleine Naze Kigl und Daniel Pukker, dessen Vater stumm war und stinkende Häute nähte. Sie trieben einen Kahn auf, stahlen in der Nacht Fische aus den Reusen am Ufer und verloren über Adams Tollkühnheit kein Wort, dabei hatte er den größten Wels gefunden, seinethalben war er bis zum Hals in das schwarze Wasser hineingewatet. Der Fisch hatte einen Kopf groß wie der eines Menschen, er zappelte noch, als sie ihn durch die Hintertür von Frau Lénis Kneipe trugen, denn selbstverständlich verkauften sie ihn. Frau Léni jammerte und rang die Hände, sie habe noch nie so ein Vieh gesehen, was solle sie damit anfangen! Sie wollte kaum etwas dafür bezahlen, als ob sie ihnen einen Gefallen erwiese, wenn sie ihnen das Ungeheuer abnahm. Die anderen flüsterten bereits draußen im Hof und teilten das erhaltene Geld auf. Adam folgte ihnen nicht, denn als Frau Léni in die Schenke zurückeilte, lief ein zartes Mädchen in die Diele, und als es das zitternde, mit dem Schwanz schlagende Tier erblickte, ging es ganz ohne Furcht zu ihm hin und streichelte ihm den Kopf, hab keine Angst, flüsterte es, hab keine Angst, du Ungeheuer! Sie begann zu husten.
    Er wird gegessen, sagte Adam kalt, worauf sie zu ihm aufblickte. Sie hatte durchscheinend blaue Augen, ihre Mundwinkel waren schwarz, als hätte sie Schokolade genascht. Dann bemerkte Adam Blut an ihrem Ärmel. Er hatte die Hand schon auf der Klinke, doch er kam zurück und küsste sie auf den Mund.
    Das Mädchen schwieg lange.
    Morgen sterbe ich, flüsterte sie schließlich.
    Du lebst noch, sagte Adam und legte die Hand auf ihre Brust. Es waren winzig kleine Wölbungen, darunter

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