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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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verschluckt. Adam wog die Möglichkeiten ab: Wenn Kigl doch verwundet war, könnte er zurück in die Stadt gelangt sein. Jemand hatte ihn gefunden und mitgenommen. Hatte man ihn ins Krankenhaus gebracht, konnte er an drei Orten sein, im Militärkrankenhaus, in der Unteren Stadt bei den Franziskanern, vielleicht auch in der Oberen Stadt bei den Minoriten. Vergebens suchte er ihn an jedem nur möglichen Ort, er fand den Freund nicht.
    Es gab so viele Verletzte und Flüchtlinge, dass sie in den Kasematten der Burg untergebracht wurden. Früher waren die italienischen politischen Gefangenen hier eingepfercht gewesen, während dieser bitteren Jahre hatten sie die Mauern vollgekritzelt, auf dem feuchten Stein wimmelte es von Zahlen und durchgestrichenen Linien, Frauennamen und Jesus-Abbildungen. Enttäuscht stellte Adam fest, dass Pietro verschwunden war. Er suchte lange, bis ihn ein Bekannter, einer der Köche in der Burg, widerwillig aufklärte.
    Woher soll ich wissen, wo dein Italiener ist?!
    Vielleicht hat er es ja verraten, beharrte Adam.
    Oder er hat einen gewaltigen Mann erblickt, einen Riesen.
    Wie?!
    Er war riesig wie ein Berg. Sein Gesicht war so groß, und sein Körper, sein Mantel, so gewaltig! Der Koch fuchtelte mit dem Filetiermesser und verdrehte dabei die Augen, als würde er von einem Ungeheuer reden.
    Na, mit dem ist dein Italiener fortgegangen!

Der festgefrorene Schwan
    Im Februar drängten die Freischaren des Lazar Zuban die Ungarn aus dem nahen Dorf Szőreg am anderen Ufer der Theiß. Von Zuban glaubten die Ungarn, dass er in der Nacht besser sehe als bei Tag, wo er sich nur blinzelnd seinen roten Bart kratze. Unter seinem gewaltigen Umhang halte er sich Kinderhenker, denen er im Schlaf Ratschläge gebe. Die Serben hatten vor Wut blaue Münder, die Ungarn vor Angst. Der Himmel war blendend weiß wie nur der Tod. Die Bäume ächzten unter den Eiszapfen, dicker Schnee bedeckte die Zweige, auf den Straßen lagen erfrorene Krähen und Hunde. Die Serben schleppten Kanonen die Anhöhen des Ufers hinauf und begannen Szeged mit wildem Beschuss aufzuschrecken. Lange wollte sich das Grau der Rauchdecke nicht lichten, als würde der beleidigte Himmel die Schwaden zurück zur Erde drücken. Die Kanonen der Burg erwiderten das Feuer, doch auch die Ungarn schossen nur blindlings. Die Geschosse der Serben waren minderwertig, sie trafen das Eis oder das Ufer. Die Kugeln pfiffen wie der Wind über den Nebel hinweg, um dann mit gewaltigem Krachen das Eis der Theiß zu brechen. Dann änderten die Kanoniere den Neigungswinkel der Geschützrohre, worauf die Geschosse öfter am Ufer einschlugen.
    Wegen der wochenlangen Kälte war der Fluss beinahe zugefroren, eisige, sich aufeinanderschiebende Blöcke drängten sich auf dem verlangsamten Wasser. Vor der Burg versammelten sich Soldaten, Kommandos schmetterten, eine schlechte Trompete quietschte auf. Vom nördlichen Teil des Marktes galoppierte ein Reiter auf das Burgtor zu. In einer scharfen Biegung glitt das Pferd aus, es plumpste auf den Hintern, dann fiel es auf die Seite. Der Reiter bewies Geistesgegenwart, er sprang ab und rannte weiter, er stieß alle, die ihm in die Quere kamen, wie Puppen um. Manche schlugen rücklings hin, die Soldaten fluchten und schüttelten die Fäuste. Ohne nach rechts oder links zu sehen rannte der Husar auf das Burgtor zu. Kurz darauf erstattete er dem Wachhauptmann Bericht, gestikulierend deutete er Richtung Hexeninsel. Sogleich verbreitete sich die Neuigkeit, dass die Serben dabei seien, den Fluss auf dem Eis zu überqueren. Ein Infanterieregiment rückte zu dem gefährdeten Uferabschnitt der Unteren Stadt aus. Die Freischärler befanden sich in der Mitte des Flusses, ihre auf dem Eis vorankrebsenden Schatten gaben hervorragende Ziele ab. Die Scharfschützen der Stadtnahmen bequem Aufstellung und schossen die schwerfällig voranrutschenden Angreifer einzeln ab, und als auch noch einige Kanonenkugeln zwischen ihnen einschlugen, ergriffen sie die Flucht.
    Adam lief zur Burg zurück, gerade noch zur rechten Zeit, weil sein Zug zur Oberen Stadt kommandiert wurde. Ein rotgesichtiger Leutnant mit kahlem Kinn brüllte auf sie ein, er werde diejenigen, die versuchten, den Fluss zu überqueren, wie Hunde niederschießen lassen. Wer den Versuch wage, möge Abschied vom Leben nehmen, denn er werde entweder ertrinken oder durch eine Kugel sterben!
    Sie brachen in geschlossener Formation auf, und nach einem Eilmarsch von einigen Minuten trafen sie in

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