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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Straße hingestürzt, man hätte sie wenigstens auf den Karren gezerrt und in die Quarantäne gebracht, damit sie dort gemeinsam mit den anderen bedauernswerten Geschöpfen verrecken kann!
    Doch so allein, o du mein Gott?!
    Hat sie zu dir gesprochen, als ihr Mund von den Krämpfen blau wurde?
    Was hat sie dir gesagt?!
    Und du, was hast du ihr gesagt, sag doch, hm?
    Wo hast du dein Herz, wenn du so mit Schicksalen spielst, hm?!
    Der Alte hielt kurz inne, bevor er weitererzählte. Als er sich über den Körper beugte, fiel ihm zwischen den Falten des schmutzigen Lakens etwas auf. Energisch schob er die Hüften ein wenig zur Seite und zog den Beutel unter ihr heraus. Er war schwer. So viel Geld war darin, dass man damit hätte reisen und sich einkleiden können, ein richtiges Vermögen. Hatte sie gestohlen? Oder hatte sie es gefunden? Denn er konnte sich gar nicht vorstellen, dass sie es von irgendwem bekommen haben könnte. So ein Geschöpf bekommt nichts, ihm wird nur genommen, es wird nur ausgeraubt, bis mehr von ihm nicht übrigbleibt.
    Er steckte das Geldsäckchen in die Tasche und gab den vor der Tür wartenden Leichenträgern Bescheid. Ungeachtet der Gefahr, ließ er sie ins Krankenhaus bringen und sezierte die Leiche. Sein Verdacht bestätigte sich. Sie war schwanger gewesen. In jener Oktobernacht, in der es in kleinen Tropfen zu regnenbegann, um dann drei Tage nicht aufzuhören, war ein bohnengroßer Embryo mit ihr zugrunde gegangen. Er schälte ihn aus der Gebärmutter heraus, besorgte sich ein Glas mit Formaldehyd und legte dieses Produkt Gottes, aus dem sich keine Lehren ziehen ließen, behutsam hinein.
    Und … und was wollen Sie mir damit sagen, Doktor Schütz?! stotterte Adam, Entsetzen hatte ihn gepackt.
    Gar nichts.
    Deshalb haben Sie es erzählt, Herr Schütz?!
    Der Alte warf das Säckchen auf die Decke, presste die Lippen zusammen, griff in seinen Mantel und legte das kleine Glas mit dem Embryo daneben.
    Warum machen Sie das mit mir, Herr Doktor?!, flüsterte Adam.
    Erinnerst du dich, wie du einmal bei mir eingedrungen bist, nur weil du gedacht hast, dass du tun kannst, was du willst, dass der allmächtige Himmel dir kein Hindernis in den Weg legen kann, dass die Häuser und die Erinnerungen anderer dir offenstehen und du nach Art eines Despoten jederzeit überall eintreten kannst?! Du wolltest folgenlos leben. Du wolltest leben wie jemand, den es nicht gibt und an den man sich trotzdem erinnern soll. Geht bloß nicht, junger Freund. Er zum Beispiel erinnert sich an dich und sieht dich, der Doktor zeigte auf den Embryo.
    Ich verstehe nicht, flüsterte Adam, ich verstehe nicht.
    Du musst auch nicht verstehen, sondern achtgeben. Wer weiß, wie sich die Dinge entwickeln. Bewahre nur alles auf. Heb den Beutel und das Glas gut auf! Vielleicht gelingt es dir, das Geld auszugeben, vielleicht gelingt es dir ja, dieses Kind aufzuziehen.
    Das hier?!, Adam betrachtete den Embryo.
    Warum denn nicht?!, der Alte grinste boshaft.
    Wollen Sie mich bestrafen?, fragte Adam.
    Wie käme ich dazu?!, der Doktor zuckte die Achseln, packte sorgfältig zusammen und stieg schwerfällig die Treppe hinunter, sie knarrte bei jeder Stufe Embryo, Embryo, Embryo.
    Am Nachmittag bekam Adam hohes Fieber, er warf sich im Bett herum wie ein kranker Engel. Erscheinungen quälten ihn, ununterbrochen flehte und drohte er, und einmal stand er sogar auf, in seinem durchschwitzten Nachthemd wankte er in die Küche. Die Mädchen kreischten, Salamon eilte herbei und führte ihn zurück ins Bett. Der alte Doktor kam mehrmals, sein tiefernster Blick verhieß nichts Gutes.
    Er wiederholt dauernd denselben Frauennamen, Herr Doktor, die junge Esther hielt ihn auf.
    Was geht mich das an?, erwiderte der Doktor gereizt.
    Man müsste das Fräulein herholen!
    Das fehlte gerade noch!
    Würde er sie sehen, würde er vielleicht gesund werden, mischte sich Maria ein.
    Kommt nicht in Frage!, sagte der Doktor mit erhobenem Finger, was ihn das überhaupt angehe? Wütend verließ er das Haus.
    Auch jetzt hatte Doktor Schütz Wunder gewirkt. Adam, der am nächsten und am übernächsten Tag Besuch bekam, konnte nach einer Woche bereits bis zur Ecke des Bethauses gehen, und am Ende der dritten Woche, als ihn Doktor Schütz für geheilt erklärte, wurde er zu seiner Einheit zurückbeordert.

Frühjahrsfeldzug
    Die Knospen brachen bereits auf, das Wetter war angenehm, ein richtiger Frühling. Kanonen wurden zum Markt gezogen, im Park an der Burg standen Bänke, hier

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