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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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eintreten. Er war ratlos, mit dergleichen Situationen hatte er keine Erfahrung, doch er wollte um keinen Preis zeigen, wie sehr ihn die Vernachlässigung schmerzte. Er lachte nur noch mehr, wurde noch ungestümer. In jener Winternacht im Januar achtundvierzig hatte es stark geschneit, er versank bis zu den Knien in Schnee, trotzdem war er zu Klara gegangen. Unterwegs froren seine Tränen am Schnurrbart fest. Es war klirrend kalt, Geheul und das Knirschen des Schnees begleitete ihn, Mondlicht leckte über die Schwarzer-Adler-Straße. Er wusste, Adam schlich beim Haus herum, doch er wusste auch, dass diese Jammergestalt nie den Mut haben würde, bei seinem Bruder einzudringen. Was auch immer drinnen geschehen mochte. Teure Klara, Teure! Hatte sie ihn denn nur dazu gebraucht?! Um schwanger zu werden?!
    Einige Wochen später hatte Klara ihm ins Brusthaar gehaucht, er solle sich das nur vorstellen, in der Dreikönigsnacht habe sie empfangen! In ihrem Körper lebe bereits ein anderer Mensch!
    Er hatte nur geschwiegen, er wusste nicht, was er sagen sollte.
    Das Kind sei von ihm, kein Zweifel!
    Als das Kind geboren wurde, hätte er Adam umbringen können, ihn totschlagen wie einen Hund, an jenem Tag kam auf jede Ecke eine Leiche, er stürzte über den Leichnam eines dicken Serben. Und im Schön-Haus spielte er den Irren, den tobenden Eifersüchtigen, obwohl der Idiot Adam die Waffe ja gegen Imre erhoben hatte, purer Zufall, dass sein Bruder am Leben geblieben war. Was für gottverdammte Tage das waren! Monate vergingen, und es wurde kaum besser, Klara war kalt und reserviert. Imre lief mit verbundenem Hals herum, er trank viel, der Doktor wollte Peter von Klara fernhalten, der Herbst von Zsófia, indem er die Straßen unpassierbar machte. Zu Zsófia reiste er nun erst recht, die Wüstenblume erwartete ihr zweites Kind, sie war ganz kugelig geworden, ihre Brüste hatten sich zuwahrhaftigen Melonen gerundet. Wie schön sie war! Peter streichelte ihren Bauch, küsste zart ihre Brüste und staunte, wie sehr er auch die wegen der Schwangerschaft unförmige Frau begehren konnte, beziehungsweise wie gut es auch jetzt für sie war. Darüber vergaß er keineswegs, sich zu bedauern. Er ließ sich lange und zusammenhanglos über Adam aus, bis er das erboste Funkeln in Zsófias Augen sah. Danach liebten sie sich stehend, beim Kellerabgang, er drang von hinten in sie ein, dann ging sie stillen, zum Teufel, zum Teufel mit dem Stillen!
    Mit den Kriegslieferungen fuhr er nicht schlecht, seine vor Jahren angebahnten Beziehungen begannen Früchte zu tragen. Pietro, der Italiener, und Salamon, der junge Jude, arbeiteten für ihn, auch der kleine Naze Kigl, den er halbtot in einem Hospital gefunden hatte. Der Junge redete wirr, er machte ihn betrunken, damit er wenigstens in diesem Zustand ins Jenseits hinüberspazieren möge. Doch Kigl starb nicht. Am nächsten Tag ging es ihm besser, er flüsterte, am Rand der Hölle habe ihn ein Schatten gerettet.
    Ein weißer Schatten!
    Dann gelangte der schreckliche Brief, die mit blauer und roter Tinte hingemalte Botschaft der Wüstenblume durch die Kriegswirren hindurch in seine Hände. Zsófia hatte siebenundvierzig ihren Jungen geboren und im Spätherbst achtundvierzig ein totes Mädchen. Damals sah er sie ein gutes halbes Jahr nicht. Er wusste, dass er sich niederträchtig verhielt, weil er die Trauer nicht mit ihr teilen wollte oder es nicht wagte. Er wusste, dass er ein egoistisches Aas war, und Zsófia, die alles Schlechte verzieh, brach schließlich das Schweigen und schrieb ihm. Da war es bereits der Sommer neunundvierzig, das Land zerfiel, blutete und floh. Ein Jahr mochte es her sein, dass er bei der Wüstenblume über Adam geredet und es bald vergessen hatte. Jetzt aber wurde er daran erinnert! Schön, er hatte dies und jenes gesagt, aber warum musste man das ernst nehmen, denn Zsófia nahm seine Eifersucht und seinen Zorn äußerst ernst. Sie hatte ihm geschrieben! Sie stillte mit ihren wunderschönen Brüsten, hatteein kleines Mädchen begraben und vergaß den elenden Adam Pallagi nicht! Das schöne Kuvert hatte sich zwischen den Lagern russischer Ulanen, Tscherkessen, österreichischer und ungarischer Soldaten hindurchgeschlängelt, war über dichten Qualm und Gewehrfeuer hinweggesegelt und hatte ihn gefunden. Ein bleiches Kuvert, darauf in graziösen Buchstaben sein Name.
    Die Wüstenblume redete nicht um den heißen Brei herum.
    Peter stellte sich vor, wie sie ihr Kind stillte und sich,

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