Blumenfresser
nachdem das Dienstmädchen es genommen hatte, an den Schreibtisch setzte und den Federhalter in die Tinte tauchte. Sie dachte nicht ein Wölkchen lang nach, denn sie wusste genau, was sie schreiben wollte. Behende knistert die Federspitze, die Sätze formen sich und überwuchern das Papier wie die Ranken der Hundsrose.
Der Abend bricht herein, Rinder werden heimgetrieben, die Treiber jauchzen, Peitschen knallen, Staub nieselt herab. Einmal hatte Zsófia ihm gezeigt, dass sie auch melken konnte. Sie molk die dumme Kuh und weinte.
Bring ihn um!
Zsófia schreibt diesen Satz, ohne zu zögern. Vom Gutshaus her ist ein Quietschen zu hören, im rötlichen Licht fährt ein Fuhrwerk los, Gespenster scheinen darauf zu sitzen. Der Rauch ihrer Pfeifen schwebt über den plumpen Hüten. Die Kumpel ihres Mannes, seine Partner beim Kartenspiel scheren sich endlich fort, drei Tage haben sie das Haus besetzt gehalten.
Bring ihn um, mein Lieber, bring ihn um!
Ein Star landet auf dem Weinrebenvorhang der Laube, er pickt an den unreifen Beeren herum, fächelt davon. Zsófia blickt ihm nach, bis der schwarze Punkt mit dem Lila des Horizonts verschmilzt.
Bring ihn um, Geliebter!
Ein Hund bellt, jault nur noch, jemand hat ihn in die Flanke getreten.
Bring ihn um, mein Einziger! Etwas Besseres kannst du nicht tun, es wird ihm und der Welt nur nutzen. Das ist ein Sommer,mein Freund, auf den lange nur mehr Winter folgen. Lösche sein Leben aus, das wird auch für ihn eine Erlösung sein!
Dann verlor Zsófia sich in Geschwätz. Ach, wenn Peter wüsste, wie viel Energie und Lebensfreude die Kindererziehung verlangt. Trost finde sie im Spinnen und Gärtnern, das sie mit großem Eifer betreibe. Was für eine Freude zuzusehen, wie der eingesetzte Samen auszutreiben beginnt, aus dem Spross ein Blatt wächst, bis uns dann eines Morgens die Blume mit einem Blütenkopf entgegennickt! Bring ihn doch um, riet die Wüstenblume zwischen zwei begeisterten Zeilen, bring ihn um, zögere nicht, überlege nicht, du wirst deine Freude daran haben!
Peter runzelte die Stirn, die ungebildete Witwe hätte so etwas sicher nicht verlangt. Auch Margit würde ihm nicht dazu raten, sie war ebenfalls ein einfaches Geschöpf, aber mit einem gesunden Hausverstand, wenn sie tötete, säbelte sie Hühnern und Puten den Hals durch. Keine seiner Frauenbekanntschaften würde wollen, dass er eine solche Schuld auf sich lud.
Und Klara, würde sie ihn bitten, jemanden zu töten?!
Peter solle daran denken, dass auch der Garten gemäht und umgestaltet werde, man rotte das Unkraut aus, das den Blumen die Luft zum Atmen nehme. Würmer und Nager würden ebenfalls getötet. Er solle ihn umbringen, riet ihm die Wüstenblume leichtherzig, diese immer trauriger werdende Frau, deren Gesicht jung geblieben und deren Leib umfänglich geworden war, ihre Brüste waren groß, ihre Hüften breit, und wenn Peter sie besuchte, saßen sie immer öfter wortlos auf dem Sofa des Salons, während von draußen das Geschrei der Bauern und Tagelöhner hereingellte und vom Obergeschoss der Gesang des Kindermädchens zu hören war, das Zsófias weinendes Kind zu beruhigen versuchte.
Er möge ihn umbringen, riet sie nun Peter, der vielleicht darüber geplappert hatte, was er mit einer gewissen Person anstellen solle, deren Gegenwart immer störender wurde. Wer sei das denn schon? Ein Niemand! Ein unbedeutender Wicht! Eine Nebelgestalt, ein kranker Traum, ein Irrtum des Lebens! Mit keinem Wort erwähnte er Klara, und er hütete sich, Adams Namen zu nennen. Er sprach nicht von Eifersucht und Neid, sondern von wachsender Ratlosigkeit und verriet nur, dass der Besagte, der einem Schatten gleiche, ihn behellige, seine Kreise störe, ihm den Alltag vergifte. Wenn der scharfsinnigen und sensiblen Wüstenblume ein passender Rat einfalle, wäre ihm das willkommen. Sie wisse, wie viel er auf ihre Meinung gebe!
Und was geschah darauf?!
Bring ihn um, bring ihn um!, das war ihr unbekümmerter und geistvoller Rat.
Erledige ihn!
Lösche sein Leben aus!
Zerdrücke ihm das Herz!
Sie, seine älteste und vielleicht treueste Freundin, habe zuvor nicht ohne Grund den Garten erwähnt. Hätte Peter doch nur das winzige, bereits knospende Veilchen gesehen, eines der Wunder ihres ängstlich gehüteten Gartens, er würde sie sicher verstehen. Ob Peter überhaupt wisse, was für eine Blume das Veilchen sei, worin sie sich von der Rose oder der Tulpe unterscheide? Die Schönheit des Veilchens sei geheimnisvoller als
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