Blumenfresser
Arbeiten wurden von einem jungen Juden namens Salamon Mózes geleitet, der sich als erstes mit dem Schiffsbesitzer Berger zusammentat und den gefürchteten Mann zum leitenden Sachverständigen ernannte. Bergers Kollegen waren erstaunt, dass er eine Arbeit annahm, bei der er nicht die erste Geige spielte, das heißt, einen Vorgesetzten akzeptierte. Doch bald leuchtete allen ein, welchen Nutzen er daraus zog. Berger nahm die Erdtransporteure in Dienst, die Fuhrleute undSchubkarrenfahrer wie auch die für die Beköstigung zuständigen Kantinenbetreiber, seine Mühlen lieferten das Mehl, von seinen Schiffen stammten die Fische. Er nahm viel ein, doch einen glücklichen Eindruck machte er trotzdem nicht, während der Bauarbeiten lief er mit düsterer Miene am Ufer herum, und auch in der größten Hitze hatte er eine Pelzmütze auf dem Kopf.
Gegen Ende des Sommers war der Fluss mindestens zehn Meter breiter, als er es im Frühling gewesen war. Bei Abschluss der Arbeiten fiel der erste Schnee. Im März ließen die Schiffsunternehmer Flórián Pasetti eine Nachricht zukommen, Böses ahnend machte er sich erst dann auf den Weg, als ihm die Obrigkeit von Szeged und auch seine eigenen Vorgesetzten im Ministerium die Besichtigung des Resultats der Anstrengungen nahelegten.
Es herrschte mildes Wetter, eine Amsel sang nicht weit entfernt am Fuße eines Strauches, Pasetti stand südlich der Burg, in der Nähe der Eisenbahnbrücke. Sein Gesicht war aschfahl. Höhnisch schillerte der Fluss im Frühlingslicht. Das Gegenufer war um einiges höher als vor einem Jahr. Während der Wintermonate hatte die Theiß, so wie die Schiffsunternehmer es prophezeit hatten, fleißig Sand zurückgetragen und auf das andere Ufer gehäuft.
Eine Fata Morgana, bitte!
Sie schrien herum wie Kinder, sie waren begeistert, übermütig, fielen einander ins Wort, Pietro brüllte, er werde ein riesiger Römer sein, Salamon nickte, und er David, der Goliath besiegte, worauf Pietro in solches Gelächter ausbrach, dass man in seinen Rachen sehen konnte, Salamon, die Rolle eines himmelhohen vertrockneten Pusztastengels würde besser zu dir passen! Kigl trank versonnen, er wischte sich mit dem Ärmel über den Mund, dann sagte er, er werde Attila darstellen, den schrecklichen Hunnenfürsten, worauf Salamon den Wein ausspuckte, er hielt sich den Bauch, mit so einem Namen, mein Freund?!
Ignác Kigl, der schreckliche Hunne?!
Die Wirtin betrachtete sie mit nachsichtigem Lächeln, während sie blanchiertes Geflügel rupfte, sie hatte ihnen goldfarbene Hühnersuppe versprochen. Die Strolche hatten schon wieder irgendeine zweifelhafte Unternehmung vor, wenngleich ihre Papiere in Ordnung waren, trotz mehrerer Razzien in dem Gasthaus ließ die Behörde diese Gesellschaft ungeschoren, anders als sie mit den Bewohnern der umgebenden Gehöfte verfuhr, wo sich noch immer Freiheitskämpfer und Pusztaräuber versteckt hielten. Raubüberfälle und Diebstähle waren an der Tagesordnung. Somnakaj ging Margit zur Hand, das Mädchen blinzelte häufig zur Treppe, eben war dort die deutsche Witwe mit wiegenden Hüften hinaufgeschritten. Doch sie ging sicher nicht zur Ruhe, denn sie wartete auf Peter. Hol’s der Teufel! Oben war es still. Dann besänftigte sie sich, Klara fiel ihr ein, ihre Herrin litt sicher viel, sicher wurde sie bedrängt, von ungebetenen Besuchen behelligt, hungrige Männer umkreisten sie wie Hunde.
Was willst du sein, mein Herz?, fragte Peter sie.
Somnakaj hob trotzig das Kinn, ich werde so sein wie Klara.
Peter brummte, recht so, jeder träumt von dem, von dem er träumen will. Aber beklag dich dann nicht! Mein Bruder hat so lange geträumt, bis er sich im Gefängnis wiederfand!
Als Peter die Witwe das erste Mal erblickte, traute er seinen Augen nicht. Sie kam mit Herrn Schütz angefahren, und der Doktor hatte ihn zwar benachrichtigt, dass er bald eine ordentliche Überraschung erleben werde, doch mit einem solchen Geschenk hatte er nicht gerechnet. Sie hielt sich seit Tagen in Szeged auf, der Doktor führte sie aus, sie aßen Fischsuppe und Krapfen, beobachteten die Schleppkähne, und in einem glücklichen Moment zeigte er ihr auch Berger. Der Schiffsbesitzer arbeitete im Hafen, gerade hievte er schwungvoll eine eisenbeschlagene Kiste in die Höhe, mit der sich zuvor zwei seiner Leute abgeplagt hatten. Die Witwe war eine echte Schönheit, Peterbemühte sich vom ersten Moment an, ein Bündnis mit ihrem Blick zu schließen; das braune Augenpaar strahlte
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