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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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richtig im Kopf. Und auch nicht, dass er eine Wahl habe! Er gehe in den Stephansdom und hole von dort einen Grashalm. Nicht diegeringste Komplikation! Keine Verwicklungen! Es gehe nur um einen einzigen Grashalm, um nichts weiter.
    Peter schwieg, das Alter hatte den Doktor den Verstand gekostet.
    Hol einen Grashalm, Peter!
    Sie stiften mich zum Mord an, Herr Schütz?!
    Der Alte lächelte so, dass sein Mund zu einer Klinge wurde.
    Und wenn ich, Peter Schön, schon einmal getötet habe?! Wenn mir nun Menschenblut an den Fingern klebt?, Peter hielt ihm die Hand vors Gesicht.
    Was, wer ist dieser Grashalm?!, röchelte er.
    Der Grashalm ist ein Grashalm!
    Dann ist er sicherlich ein Leben!
    Das ist er, genau, nur ein Leben, ein einziges!
    Und was, was soll ich mit ihm machen?!
    Rette es! Rette es!
    Der Alte wurde plötzlich müde, der Kopf fiel ihm auf die Brust, als sei er eingeschlafen, dann hielt er sich am Tisch fest und erhob sich, stolperte aus dem Kaffeehaus, doch draußen wartete er auf Peter. Er atmete pfeifend, bei einem Strauch pinkelte er lange. Gemeinsam trotteten sie in die verschneite Blumengasse zurück, Herr Schütz hängte sich ein, Peter blieb mehrmals stehen, blinzelte, streckte seinen Hals in die Richtung, in der er den Turm des Doms vermutete. Hin und wieder konnte er einen Blick darauf werfen, sonst war er von fröstelnden Hausmauern und kahlen Ästen verdeckt. Am nächsten Morgen stürzte Frau Sperl verzweifelt schreiend zur Tür herein, eine Tragödie sei geschehen, ein Unglück, ihr Wehgeschrei wollte nicht enden, Peter konnte erst nach geraumer Zeit aus ihr herausbekommen, was für ein schreckliches Geschehen ihr das Herz zerriss. Sie schluchzte ihm mit erstickter Stimme ins Gesicht, ihr Vater sei am frühen Morgen abgereist und habe sich nicht einmal von ihr verabschiedet.

Peters Demütigung
    Natürlich blieb Peter in Wien, bei seinen Freunden, die eine immer blassere und schemenhaftere Figur abgaben, bald glichen sie Geistern, Peter sah und hörte sie kaum noch, schließlich kümmerte er sich gar nicht mehr um sie. Frau Sperl wurde immer launenhafter, sie rang die Hände, ständig lamentierte sie, wie lange sie ihren teueren Vater nicht sehen würde, und wenn sie sich nicht selbst beweinte, zankte sie mit ihnen, hatte an jeder Kleinigkeit etwas auszusetzen, stritt mit Pietro und Kigl.
    Somnakaj war rabiat geworden, sie biss und schlug ihn ohne besonderen Grund, bearbeitete seinen Brustkorb mit ihrer zornigen Faust und zischte ihm ins Gesicht. Vergebens nahm er sie an die schönsten Orte mit, in den Prater und nach Schönbrunn, sie knisterte immer nur, sie habe alles tausendmal bereut! Sie habe bereut, dass sie ihre gnädige Frau für einen Mörder verlassen habe!
    Peter sei ein Mörder, Mörder!
    Durch das Gitter betrachteten sie den schneebedeckten kaiserlichen Garten, hinter ihnen klingelten Schlitten. Somnakaj interessierte sich nicht dafür, sie schmollte. Und zu Hause ging das Gezänk weiter, ihrer schrillen Stimme antworteten wütende Rufe aus dem Hof, die mit der Polizei drohten. Scheißschuhmacher, Scheißkopisten, Scheißbuchhalter, leckt mich doch!, Somnakaj spuckte auf alle. Peter betrachtete ihr gerötetes Gesicht, und tief in seiner schlechten Laune verbarg sich dennoch Zufriedenheit, so ist es, dachte er, wenn jemand gründlich scheitert. Das Scheitern geschieht nicht von alleine, wir verursachen es nicht notwendigerweise selbst, sondern unsere Mitmenschen ziehen uns hinab. Peter wusste, dass Somnakajs Zorn nicht echt war, sie schauspielerte. Er scheuchte sie weg, legte sich aufs Bett, es kümmerte ihn nicht, dass sie seine Tür zuknallte und dahinter lauschte, denn wäre sie weggegangen, mit wem hätte sie sichdann streiten können?! Peter starrte die Wand an, er tastete nach der Flasche, Kigl sang im Hof, er hatte keine üble Stimme, Salamon verlor sicher gerade beim Kartenspiel, Pietro saß auf einem Treppenabsatz, in letzter Zeit trank er. Peter seufzte, auch er nahm einen tiefen Zug.
    Bring mir Wein, rief er, worauf das Mädchen gegen die Tür trat.
    Verrecke, Peter Schön!
    Wenn du mir keinen Wein bringst, fresse ich dir den Arsch ab!
    Somnakajs Sohlen tappten über den kalten Korridor, binnen kurzem war sie wieder da, doch ohne Wein, sie lachte höhnisch. Peter sah, dass ihr Mund lila war und zitterte. Er riss sie an sich, massierte ihr die Füße und hielt sie wie eine Katze dicht an den Ofen.
    Hass überwältigte die Freunde. Als hätte sie jemand vergiftet, wurden sie

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