Blumenfresser
das Kind.
Sie antwortete nicht.
So weit waren sie gelaufen, dass in der Ferne, wo die Stadt lag, nur einige Kirchtürme blau schimmerten. Es war Nachmittag, Frösche quakten aus einem Graben heraus, im Schilf keckerte eine Elster. Nein, auch hier sah sie Wurzelmama, Blatt und Wurm nicht mehr, und auch die Grasmusik war nicht mehr das, was sie einmal gewesen war. Wo war Nero Koszta, der sie so wunderbar erschrecken konnte?! Das Kind saß am Straßenrand, es hatte einen Käfer gefunden, mit dem spielte es, Klara sah ihm zu und weinte.
Ein Fuhrmann, der einem riesenwüchsigen, haarigen Kobold glich, brachte sie zu ihrem Haus zurück, die ganze Fahrt über sagte er kein Wort. Manchmal spuckte er aus und trieb sein trauriges, dickes Pferd mit der Peitsche und mit aus der Tiefe aufstoßenden Knurrlauten an. Und erst als Klara vom Bock heruntergeklettert war und sich verabschiedet hatte, rief er ihr nach.
Und was ist mit dem Lohn, junge Frau?!
Klara stand einige Momente mit gesenktem Kopf da, dann ließ sie die Hand des Kindes los, erklomm den Bock und küsste den borstigen Mann auf seinen speichelfeuchten Mund.
Es ist Winter, sagte sie dem Verblüfften, als sie wieder auf der Erde stand.
Denn es ist immer noch Winter, verehrter Freund, lachte sie und legte den Arm um das Kind, das sich schon weinend an sie klammerte.
Somnakaj geht fort, doch die Eintagsfliegen schwärmen wieder
Als sie ins Zimmer trat, schaukelte auf Peters einem Knie ihr kleiner Sohn, auf dem anderen blinzelte Somnakaj, sie ritt auf seinem klobigen Bein. Peter lachte aus vollem Halse, man konnte ihm in den Schlund hineinsehen.
Bist du verrückt geworden?!, fragte Klara.
Ich spiele nur mit den Kindern, brummte er. Er war noch immer magerer als sonst, doch seine Farbe war zurückgekehrt, ebenso wie seine Kraft, seine Rohheit. Endlich sprang Somnakaj herunter und stand mit rotem Kopf da, doch Peter tätschelte ihren Rücken, nicht rot werden, es gibt keinen Grund! Los, Frosch, spiel mit dem Kind! Somnakaj schnappte den Jungen, der zu plärren begann, er war gerne mit seinem Onkel zusammen, der ihn immer in ein Abenteuer hineinzauberte, denn aus seiner Tasche kam bald ein Bonbon, bald ein Holzsoldat zum Vorschein, ein andermal barg seine Faust einen lebendigen kleinen Vogel. Und er hatte eine so gewaltige Zunge, dass er sich die Nase abschlecken konnte!
Peter erhob sich, weißt du, Klara, bald werde ich die Theiß verkaufen.
Klara lachte gezwungen, zusammen mit den Fischen, du Esel?
Sicher, den ganzen Szegeder Flusslauf, nickte Peter und hakte die Finger in seinem Jackett ein. Er warf sich in die Brust, als hätte er das Geschäft bereits abgewickelt, und so redete er auch, zuvor verkaufe ich natürlich die Marosch, dann verlege ich die Mündung nach Süden, ist es so recht?
Klara winkte ab.
Sein Gesicht verdüsterte sich. Ich habe das Grab unserer Mutter gefunden. In Wien, auf dem Leopoldstädter Friedhof. Ich will es auslösen. Dazu brauche ich Geld.
Klara erbleichte, von mir?! Jetzt!? Hast du den Verstand verloren?!
Peter schloss die Augen, als hätte ihn die Begriffsstutzigkeit der Welt grenzenlos ermüdet. Er musste Erklärungen machen, dabei war die Sache sonnenklar. Natürlich erklärte er es trotzdem. Er brauche Geld, er müsse nämlich in das Geschäft investieren, wie solle er sonst den von der Auflassung bedrohten Grabhügel seiner Mutter auf dem Friedhof in Wien retten, der sich zwischen einem Fliederstrauch und ein paar japanischen Schnurbäumen erhebe und auf dessen Kreuz der Name deutlich zu erkennen sei?! Bald werde das Areal umgestaltet, in Wien erbaue man eine Ringstraße. Klara, dann sind die Knochen der schönen Anna Szabics endgültig verloren! Es geht um meine Mutter! Sie liegen zu zweit in dem Grab, der Theaterdirektor, der sie fortgelockt und ihr großartige Rollen versprochen hat, aber nur ein Dieb war, er hat auch die Theaterkasse mitgenommen, die Tageseinnahmen.
Peter verstummte schnaufend.
Und damit kommst du zu mir, wo du weißt, dass wir fast schon hungern?!, flüsterte Klara.
Er blickte sich um, tatsächlich, Klara hatte zahllose Nippsachen und Gegenstände zu Geld gemacht, statt des schönen Kruges stand ein einfaches Gefäß verlassen da, auch die kupferne Kaffeemaschine war nicht mehr vorhanden, und an die Porzellanfiguren erinnerten nur ein paar Flecken. Die Gegenstände in der Wohnung protestierten mit ihrem Fehlen, sie waren nicht dahin, sie hatten sich nicht ganz fortschaffen lassen. Die gepressten
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