Blumenfresser
Staubglänzten, trat ihm ein Mann mit unangenehmen Gesichtszügen entgegen und wies Richtung Insel. Masa redete ihn nicht an und bedankte sich nicht, das war nicht seine Gewohnheit. Der Unbekannte grinste nur.
Die Hexeninsel war ein berüchtigter Ort der Stadt. Sie war keine richtige Insel, sondern eher eine Landzunge, von Wasserläufen durchzogen, voller Gestrüpp und launenhaft wiederkehrender Geister. Masa spürte die Gegenwart der unglücklichen Geister und Gespenster und schauderte. Er zerkaute einige Blätter, kostete die Erde und wusste sofort, dass hier vor vielen, vielen Jahren Menschen verbrannt worden waren, alte und junge, Männer und Frauen, die nach einigem Foltern ihre Kumpanei mit Seiner Majestät dem leibhaftigen Teufel bereitwillig einbekannt hatten, weil sie Hexen waren. Masa hörte ihr Wehgeschrei, ihr Röcheln, ihr Fluchen. Außerdem wurden die Unglücklichen beschuldigt, sie hätten die seit Monaten unter der Hitze ächzende Gegend mit giftigem Tau überzogen, Regenwolken und Fische gestohlen und sie den Türken in den Osten verkauft. Masa schüttelte ärgerlich den Kopf, na schön, jeder weiß, wie man Wolken oder Stürme und den Klang von Kirchen- oder Kuhglocken stiehlt, natürlich zusammen mit der Kuh, doch nur wenige wissen, dass es unmöglich ist, gestohlene Wolken in den Osten zu verkaufen. Es gibt keinen Gott, der das kann! Gestohlene Wolken kann man nur in den Westen verkaufen, wohin auch der Weg der Sonne führt! Denn wenn man eine Wolke gegen die Richtung des Sonnenlichts lenkt, wird sie zu nichts!
Es war später Vormittag, der Fluss zog mit dünnem, glänzendem Rücken dahin, um diese Zeit bekam die von Weiden bedeckte Landzunge Licht von vorne. Masa stutzte, als er den Ruf des Woiwoden hörte. Gilagóg meinte es ernst, und in seinen Worten vibrierte Angst. Was mochte geschehen sein?! Masa streckte sich, dann ließ er sich auf die Knie nieder und begann zu trinken. Er hörte, dass hinter ihm ein Zweig knackte, doch er bewegte sich nicht. Es war ihm, als hätte man kalte, giftigeSeide auf seinen Nacken geworfen. Sein ganzer Körper spannte sich an.
Was machst du da, Zigeuner?, hörte er jemanden fragen. Masa wandte sich langsam um, der Mann mit dem unangenehmen Gesicht, der ihn hergeschickt hatte, lehnte an einer schmächtigen Birke und grinste ihn an. Masa sagte nichts, er schluckte das Wasser in seinem Mund hinunter. Einmal hatte er einen türkischen Wachsoldaten mit Wasser geblendet, allerdings hatte er ihm nur das eine Auge herausspritzen können.
Ich verstehe, lachte Wurm dröhnend, jetzt verstehe ich, Zigeuner, du isst gerade zu Mittag. Was gibt es denn, Zigeuner? Vielleicht Fischsuppe?!
Ein eleganter, schlanker Mann trat neben Wurm, er schüttelte den Kopf und stieß ihn kräftig in die Seite, worauf das Gelächter abbrach.
Fischsuppe, sagte Blatt, die Augenbrauen hochziehend, ich bitte dich, wo ist denn hier der Fisch?
Na dort schwimmt er vor seiner Nase im Fluss, wieherte Wurm.
Masa tat einen Schritt nach vorn, und im nächsten Moment brach ein gewaltiger, wunderschöner Leib durch den Vorhang des dichten Gestrüpps. Die üppige Wurzelmama, die immer hinter ihren Gefährten zurückblieb, wenn sie irgendwohin eilen mussten, war angekommen. Wegen ihrer Größe kam sie langsamer voran, das war natürlich. Masa grinste, das Frauenzimmer, das dem Woiwoden einen Hund vor die Füße geworfen hatte, gefiel ihm. Wie viel Fleisch sie an sich hatte! Wie schön wäre es, dieses viele Fleisch einmal zu erwärmen, in Hitze zu bringen, davon zu kosten, es abzulecken!
Na, na, Zigeuner, phantasiere bloß nicht!, schnauzte Wurm.
Meiner Meinung nach phantasiert er mit großem Respekt, nickte Blatt.
Wurzelmama zog Masa an sich und wiegte ihn ein wenig. Der Zigeuner konnte kein Glied rühren, obgleich fraglich war, ob er das gewollt hätte. Schließlich schob ihn Wurzelmama von sich,ihr fleischiger Arm schnellte vor, sie wies auf die schattigere Hälfte der Lichtung, dahinter glitzerte der Fluss.
Sieh dorthin, Zigeuner Masa!
Masa erblickte im Grün einen zitternden weißen Fleck. Das war ein Mensch, eine Frau! Sie lag wie tot unter einem Brombeerstrauch. Masa lief hin, beugte sich über sie, untersuchte sie, sie lebte noch und atmete schwach. Sie war jung, schön, ihre Brust roch nach Milch. Masa nahm ihre Hand, wandte die zarten Finger um, auf dem Handteller befand sich ein roter Fleck. Er betastete sie am ganzen Körper, die Bauchwand war hart, doch nicht krampfend, dann glitten
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