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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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hochgezogen. »Draußen wirst du sterben! Hier sind Menschen, die uns lieben werden.«
    »Mach’s gut, Canini. Bald ist alles wieder so, wie es sein soll.«
    »Nein«, erwiderte die Spanielhündin. »Es wird alles nur noch schlimmer, wenn du jetzt gehst!«
    »Es tut mir leid.«
    Die Putzfrau schloss die Tür auf.
    Ein vierbeiniger Blitz schoss an ihr vorbei.

 
     
    Kapitel 4
     
     
    DREI PRÜFUNGEN
     
     
    U nd wie um alles in der Welt bist du aus der Gasse wieder rausgekommen? Konntest du plötzlich fliegen wie ein Adler?« Niccolò beschnüffelte Giacomo neugierig.
    »Würde ich niemals machen! Flügel sind was für Schnabelträger. Nein, ich hatte einfach verfluchtes Glück.«
    Müde leckte sich der alte Trüffelhund über seinen schmerzenden Bauch und ließ Niccolò dabei nicht aus den Augen.
    Obwohl er wusste, dass sein kleiner Freund eigentlich gar nicht da war. Diesen Teil der Wirklichkeit akzeptierte er aber einfach nicht, denn Giacomo brauchte jetzt unbedingt jemanden zum Reden. Er stellte sich deshalb vor, das Windspiel wäre mit ihm in diesem ummauerten Hinterhof, wo er auf altem Laub und Ästen lag, überspannt von einer Plastikplane.
    »Wie, Glück?«, fragte Niccolò nun. »Das muss aber eine verdammt große Portion gewesen sein. Fiel die Questura in sich zusammen und du hattest freie Bahn?«
    »Neue Freunde«, antwortete Giacomo. »Verrückte.« »Dann passen sie ja zu dir.«
    »Besser, als du glaubst. Es waren Lagottos, die mich retteten.« Giacomo rollte sich zusammen, die wohlige Wärme des Laubes genießend, den würzigen Geruch nach Harz und Borke. »Nicht wirklich reinrassig. Lagottos können sehr ... lustvoll sein.«
    »Dann schlägst du aber schwer aus der Art.«
    »Ich bin jenseits der Lust, ich bin beim Genuss angekommen! Trüffel, Niccolò, sind besser als ... «
    »Schon verstanden. Hoffentlich werde ich nie so alt.«
    Die Plastikplane über Giacomo bog sich knirschend unter dem Gewicht des Schnees. Wer behauptete, das weiße Pulver verursache keine Geräusche, der musste im ewigen Sommer leben. Es klang wunderschön – wenn man denn einen warmen Platz hatte. Das Morgenlicht stahl sich zu Giacomo, also würden die drei Lagottos bald zurückkehren. Aber es blieb sicher noch Zeit, Niccolò alles zu erzählen. Vielleicht hörte das kleine Windspiel ja diesmal aufmerksamer zu.
    »Die drei hatten mich schon länger im Auge behalten. Sie leben auf den Straßen Turins, dabei sind streunende Lagottos noch seltener als ... kluge Windspiele!« Niccolò schien den Witz überhaupt nicht lustig zu finden. Giacomo fuhr unbeirrt fort. »Sie wollen nicht darüber reden, wie es sie in die Hinterhöfe der Stadt verschlagen hat. Wunden, an denen keiner rühren darf, weißt du?« Niccolò verstand. »Na ja, mit einem unserer Art haben zwei Hundefänger leichtes Spiel, doch mit vieren? Meine Retter zogen den Männern einfach die Beine weg. Einer von denen hielt sogar ein Betäubungsgewehr in der Hand, als jage er Bären!«
    Danach war alles sehr schnell gegangen. Die Lagotto-Mischlinge rannten fort – und Giacomo folgte ihnen. So gut es ging. Extra für ihn legten sie Stopps ein, in sicheren Verstecken. Viel Raum war nötig, damit vier Hunde ihrer Größe Unterschlupf finden konnten.
    Irgendwann waren sie hier angekommen, in diesem verlassenen Hinterhof. Sie hatten ihn gebeten zu warten, das heißt, es war eher ein Befehl gewesen. In seinem eigenen Interesse. Denn draußen wäre er nicht mehr sicher. Giacomo hatte vergessen, wie unerträglich Warten sein konnte.
    Endlich kamen sie zurück. Nun hätten sie Zeit zu reden,und es würde einmal nützen, dass er der berühmte Giacomo war. Er würde sie schnell überzeugen können, ihm bei seiner Suche zu helfen. Zu viert ging sicher alles viel leichter.
    Die Heimkehrer hatten reiche Beute gemacht und balancierten sie geschickt auf dem Rücken. Die Tüten fielen nicht herunter, obwohl dies der Schwerkraft zu widersprechen schien.
    »Ein Supermercato, in der Vorstadt«, erklärte der schlaueste der Mischlinge und kratzte sich. In seinem schmutzig braunen Fell mussten ganze Großfamilien von Flöhen leben. Was einst Locken waren, hatte sich längst in wärmenden Filz verwandelt. »Wir haben gewartet, bis die Tüten unbeaufsichtigt herumstanden, niemand hat uns gesehen.«
    »Können wir reden?«, fragte Giacomo.
    »Zuerst können wir fressen.«
    Und dabei schwiegen sie, doch sie teilten großzügig mit ihrem Neuzugang. Danach stand der Bulligste und Dunkelste von

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