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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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ausbrechenden Tumult bemerkte er gar nicht.
    »Den Hund kenne ich! Das ist der Lagotto von dem Plakat.«
    »10000 Euro sind auf ihn ausgesetzt«, flüsterte ein junger Bursche mit mehr Gel als Haaren auf dem Kopf seiner tief dekolletierten Freundin zu. »Das ist unsere Traumreise in die DomRep! «
    Giacomo, der Berührungen überhaupt nicht leiden konnte, zuckte instinktiv zusammen, wenn ihn jemand anfasste. Wenn es aber gleich unzählige Hände taten, schaltete er automatisch in den Berserkermodus. In diesem gab es keine Stoppschilder mehr. Er warf Menschen um und Tische, selbst als sich eine Tischdecke in seiner Leine verhakte und er alles herunterriss, was einstmals ordentlich aufgebaut worden war, rannte Giacomo weiter, wie eine Lawine immer schneller und vernichtender werdend, die Treppen stürzte der alte Lagotto beinahe hinunter, die Tischdecke immer noch um sich flatternd wie einen Umhang.
    Niemand! Würde! Ihn! Anfassen!
    Die Menschen sprangen nur noch zur Seite, denn wie ein normaler Hund wirkte Giacomo nicht mehr, eher wie eines der mythischen Ungeheuer aus dem Lago d’Orta.
    So ähnlich fühlte sich Giacomo auch, dem das Adrenalin nun bis über beide Schlappohren stand. Als er aus dem Stadtpalast herausschoss, rannte er gleich weiter. Der Barolo beschleunigte das Blut in seinen Adern und ließ den Motor auf Hochtouren laufen. Er hielt erst wieder vor dem Duomo an.
    Oder besser gesagt: vor einem kleinen italienischen Windspiel namens Niccolò.
     
    Amadeus fragte sich, ob die Sterne über Turin nun anders aussahen als vor dem Diebstahl. Ihr Schimmern schien nicht mehr wie ein freundlicher Gruß aus der Schwärze zu sein, sondern wie eine Drohung, bald auf diese verfluchte Stadt herabzustürzen.
    Trotzdem sah der Pharaonenhund weiter zu ihnen empor.
    Der alte Ugo hatte ihm vorgeschlagen, Quartier im Bahnhof Porta Nuova zu beziehen. Der wurde gerade umgebaut und bot viel Platz. Doch Amadeus wollte unter freiem Himmel bleiben, sich nicht wie ein Wurm in der Erde verkriechen. Deswegen hatte er die Porta Palatina gewählt, mit ihren imposanten vorgelagerten Statuen von Julius Cäsar und Augustus. Die beiden Türme des einzigen erhaltenen römischen Stadttores waren über dreißig Meter hoch, doch die alten Mauerbögen waren längst leer. Trotz des Verfalls wirkte der rote Stein imposant und fremdartig.
    Unter der Porta Palatina lag er nahe dem Duomo, konnte den Glockenturm sehen – aber glücklicherweise nicht seinen kleinen Bruder, den neuen Wächter. Amadeus hatte Ugo sein Leid geklagt, der merkwürdige Mischling war ein unglaublich guter Zuhörer. Auch wenn es den Pharaonenhund irritierte, dass dieser ab und an ein Geräusch von sich gab, das wie Schnurren klang.
    »Du musst es so sehen«, hatte er ihm geraten. »Dein kleiner, also, dein Bruder, der vertritt dich da nur. Weil du jetzt Wichtigeres, nicht wahr, zu tun hast. Das Sindone finden. Er, so und nicht anders ist das, tut dir einen Gefallen. Einen brüderlichen, nicht wahr?«
    Wenn alles vorbei war, hatte Ugo gesagt, würde Amadeus seinen Platz wieder einnehmen. Nun aber musste er hier Wache halten und auf eingehende Nachrichten warten. Die von Tommaso organisierten Trupps durchkämmten Turin wie ein verfilztes Fell nach Läusen. Kein Wolf würde in Turin fürlängere Zeit ungesehen bleiben, auch kein Lagotto. Doch wie sollte er einen Menschen finden, den bisher niemand richtig gesehen hatte? Tommaso schlug deshalb vor, einfach alle Geistlichen beschatten zu lassen. Er hatte es sogar geschafft, einen Rehpinscher ins Priesterseminar einzuschleusen. Doch bisher hatte sich niemand dort verdächtig benommen.
    Amadeus senkte den Blick von den Sternen und schaute, ob sich ein Bote näherte. Dabei brauchte er das gar nicht, denn seine »neuen Augen« hätten ihm dann längst Bescheid gegeben. So hatte Amadeus die Leibwache getauft, welche Tommaso für ihn abgestellt hatte. In jeder Himmelsrichtung lag ein Hund, denn Tommaso meinte, auch die Mächtigen hätten Feinde. Selbst wenn sie die Stadt vor dem Verderben retten wollten.
    Amadeus’ Position wurde dank der Bulldogge längst nicht mehr angezweifelt. Tommaso hatte eine gewaltige Gefolgschaft aufgebaut, bis hinunter zum einfachen Mülldurchwühler, der das Fressen für die Suchtrupps herbeischaffte. Alles war unglaublich schnell geschehen, als hätte er nur darauf gewartet. Doch Amadeus verstand nicht, warum Tommaso eine solche Armee nicht längst für sich selbst geschaffen hatte.
    Plötzlich erhob sich

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