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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Wolf, einen Menschen und einen Lagotto.« Seine Stimme war fest und schnell, wie ein harter Schlag.
    »Und was machst du, wenn du sie hast?«
    Der fremdartige Hund trat näher. Er überragte Niccolò, doch schaute er nicht zu diesem herunter. Sein Blick schweifte in die Ferne. »Ihnen zuhören. Nur Worte sollen aus ihnen dringen.«
    »Dann muss ich dir etwas sagen.«
    Doch Niccolòs Gegenüber war noch ganz in Gedanken. »Aber wenn sie mir nicht die richtigen Worte geben, wenn erst Blut ihre Kehlen ölen muss, so werde ich dies ermöglichen. Wolltest du mir was sagen?«
    Er musste weg, Giacomo warnen!
    »Ich komme wieder, wenn dieser Tommaso da ist.« »Er wird dich sicher überzeugen, uns zu helfen.«
    Niccolò drehte sich um und spurtete los. Giacomo kam ihm schon entgegen, die Leine in der Schnauze.
    »Anderer Weg!«, rief Niccolò. »Ganz anderer Weg! «
    »Mal hü, mal hott, das geht alles ganz schön auf die Beine. «
    Sie liefen zum vielbefahrenen Corso San Maurizio. Rechter Hand lagen die Giardini Reali, und Giacomo roch den Duft winterlicher Bäume, von Stämmen und Borke, spürte das in ihren Wurzeln kauernde Leben. Gerne wollte er dort mit Niccolò Schutz suchen, doch eine Mauer trennte sie von den Gärten. Nach langem Umherirren fanden sie endlich eine schneebedeckte Grünfläche in Turin, um die keine Mauer verlief. Es war ein kleiner Hügel inmitten der wunderschönen Piazza Cavour, umgeben von eleganten Villen mit französischen Dächern und Ziegelfassaden. Der Platz kündete von der glorreichen Vergangenheit der Stadt. Die Sitzbänke waren schneebedeckt, die grünen, elegant geschwungenen Laternen wirkten mit ihren Lampenwie eiserne Blumen. Die beiden Freunde legten sich hinter das Monument, auf dessen Podest ein mittlerweile grün angelaufener stolzer Savoier stand.
    Es war gut, endlich wieder Erde unter den Füßen zu spüren, selbst wenn diese von kaltem Weiß bedeckt war. Hier brauchten sie keine Angst vor Menschen und Autos zu haben, vor Entdeckung und Lärm. Dieser Park lag zwar inmitten der geschäftigen Stadt, doch war er wie ein Auge des Orkans.
    »Hier ist es gut«, sagte Giacomo. »Wenn ich zu den Büschen dort schaue, könnte ich mir einreden, wieder in der Langhe zu sein, auf der Lichtung nahe Neive. Da lebt ein grandioser, spendabler Barolo-Winzer, und der Frühling wartet hinter dem nächsten Hügel drauf, endlich herbeigerufen zu werden.«
    »Dort verläuft aber die Straßenbahn.«
    »Mhm«, grummelte Giacomo. »Komm, lass uns endlich reden, es gibt so viel zu berichten. Am besten erzähle ich dir als Erstes von Canini, um deine Nerven zu beruhigen. Ich habe sie vor wenigen Tagen getroffen, sie lief an der Leine einer dunkelhäutigen Frau, und es schien ihr gutzugehen. Damals hatte ich gehofft, sie wüsste, wo du bist. Doch sie war genauso verzweifelt wie ich. Was hast du, Niccolò?«
    »Nichts.«
    »Ich dachte, das würde dich freuen.«
    Das kleine Windspiel schluckte die Wut hinunter wie einen großen Klumpen Eiter. Sie lag ihm schwer im Magen. Am liebsten hätte er sie gleich wieder erbrochen.
    »Du vermisst sie sehr, nicht? Wir finden sie bestimmt! Glaub mir, wir gehören doch alle zusammen.«
    »Das musst du ihr sagen. Genau so.«
    »Werde ich! Komm neben mich, dann stehst du Klappergestell nicht so im Wind. Ich weiß doch, wie schnell euch spindeldürren Dingern die Pfoten, Öhrchen oder dieSchwanzspitze einfrieren. Gut, dass du noch deinen Teddybärenpulli anhast. Sieht übrigens super aus. Macht dich dicker. Das ist sympathisch.«
    Niccolò kuschelte sich in Giacomos dickes Fell, wie an ein warmes Kissen – das zufrieden brummen konnte. Und dann erzählten sie sich, was ihnen alles widerfahren war. Schließlich wusste Niccolò alles – auch, warum Giacomo ihn gebissen hatte. Morgen würden sie gemeinsam Pläne schmieden. Richtig gute Pläne. Die besten.
    »Gut, dich wiedergefunden zu haben, Kleiner. Jetzt kann ich weiter auf dich aufpassen.«
    »Und ich auf dich.«
    »Red doch keinen Blödsinn.«
    Der Wind drehte, er trug den Geruch anderer Hunde mit sich, die in dem kleinen Park ihre Markierungen hinterlassen hatten. Giacomos Blick glitt in die Ferne.
    »Auf sie musst du auch aufpassen, oder?«, fragte Niccolò.
    »Was? Wen meinst du?«
    »Die anderen Lagottos. Sie zählen sicher auf dich. Nach all den Prüfungen bist du einer der Ihren.«
    »Das bin ich wirklich.«
    »Du kannst nicht einfach weggehen, ohne ein Wort. Das sieht dir gar nicht ähnlich.«
    »Nein. Tut es nicht.

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