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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Nachwuchs als Karnickel.
    Von drinnen hörte er Maria Grazias tiefe Stimme.
    »Ihr seid hier willkommen. Aber Giacomo hat euch angelogen. Euer Freund wurde ermordet. Seine Leiche liegt unter einem Müllcontainer in der Via Gaudenzio Ferrari. Ich bringe euch hin.«
    Giacomo jagte aus dem Borgo, denn er wollte das Winseln Daisys nicht ertragen müssen. Manche Wahrheit war wie ein Hühnerknochen. Sie blieb einem im Halse stecken, bis man daran erstickte. Oder alles erbrach. Was stimmte nur nicht mit dieser schönen Stadt? War es normal, dass dasLeben selbst zu einem Labyrinth wurde, gleich den Straßen und Gassen dieser Welt aus Stein und Mörtel?
     
    Unregelmäßig wie die Tropfen eines undichten Wasserhahns kamen die Boten zur Porta Palatina, doch keiner brachte die gewünschte Erfolgsmeldung zu Amadeus. Vor dem Pharaonenhund stand nun Tommaso und berichtete von seiner neuesten Entdeckung.
    »Einer der Lagotto-Mischlinge ist tot in der Nähe der Mole aufgefunden worden, aber von den anderen keine Spur. Er ist übel aufgeschlitzt.«
    »Von wem?«
    »Tommaso weiß es nicht. Aber das war kein einfacher Kampf unter Hunden, und Menschenwerk war es auch nicht. Jemand hat ihn gequält, wollte sicher von ihm was wissen.«
    »Vielleicht, wo der Lagotto ist, der das Sindone gestohlen hat? Wer könnte das gewesen sein? Wer außer uns ist auf der Suche nach dem Sindone?« Amadeus schlich umher wie ein Tiger in seinem Käfig.
    »Tommaso wird es herausfinden.«
    »Wer immer es ist, er scheut vor nichts zurück! Wir müssen achtgeben, Tommaso. Selbst in Turin lauern Feinde.«
    »Tommaso gibt immer acht! Aber wir brauchen mehr Unterstützung.«
    »Ich weiß, was du willst, und jetzt bekommst du meine Erlaubnis. Denn ohne starke Verbündete wird es nun schwer. Also geh zu den Dachshunden und gewinne sie für unsere Sache. Es sind stolze Hunde, behandele sie auch so!«
    »Tommaso wird sie genau richtig behandeln.«
    Die Englische Bulldogge träumte seit Jahren davon, mit einer blutrünstigen Truppe in die Unterwelt Turins hinabzusteigen und den Dachshunden klarzumachen, wer Herr über die Stadt war. Er würde sie zwingen, Amadeusbei seiner Suche zu unterstützen – oder sie töten, weil sie sich dagegen auflehnten. Lieber wäre ihm Letzteres. Viel lieber. Seine Spitzel hatten ihm vom Aufenthaltsort ihres Anführers, des Kleinen Stinkers, berichtet. Tommaso hatte bereits alles für die Aktion vorbereitet, nun beorderte er die ausgewählten Hunde zu sich und machte sich umgehend auf den Weg. Der Eingang zur Unterwelt lag nahe, in den Resten des römischen Theaters. Das Kanalsystem der Stadt empfing sie mit einem ekelhaften Geruch. Wie konnten Hunde nur in diesen Gängen voller Dreck und Müll leben? Die Dachshunde waren wirklich Abschaum – und dennoch hochmütig wie Best-in-Shows.
    Das Brackwasser wurde tiefer, genau wie Tommasos Hass. Heute würde er die Ordnung zurechtrücken. Doch der Weg zum Kleinen Stinker war lang und für die Hunde zermürbend. Nach einer großen Biegung verbreiterte sich der Tunnel so, dass rechts und links Stege verliefen, zwischen denen schäumend das kloakige Gebräu dahinrann. Durch einen Gullydeckel fiel genug Licht, um sehen zu können, welche braune Fracht das Wasser trug und was die Menschen alles hinunterspülten. Die Truppe aus kampferprobten Straßenkötern wurde unruhig, doch Tommaso merkte es nicht. Für solche Gefühle war in seinem harten Schädel kein Platz. Er dachte an den bevorstehenden Sieg, zu dem kein anderer Hund fähig wäre. Kein jüngerer, kein größerer, keiner von edlerer Abstammung. Nur er. Tommaso.
    Nach der nächsten Kreuzung durften sie keinen Laut mehr von sich geben, da sich die Geräusche an den rauen Decken spiegeln und den Gegner warnen würden. Die Bulldogge hieß anhalten.
    »Tommasos Zähne sind spitz. Eure Zähne sind spitz. Sie verlangen nach Dachshundfleisch. Gleich wird der Wunsch erfüllt.« Die Truppe erwiderte nichts. Sie verhielt sich ruhig. Die Burschen waren klüger, als Tommaso erwartet hatte. »AlsErstes müsst ihr die Ausgänge versperren. An jeden zwei von euch. Alle anderen sammeln sich hinter Tommaso. Auf Tommasos Befehl schlagt ihr zu. Tötet schnell! Wenn sich Dachshunde in euer Fell verbeißen, lassen sie nicht mehr los. Flink wie Ratten und erbarmungslos wie Blitze sind sie. Harte Kämpfer. Aber Tommaso ist härter!« Die Bulldogge blickte in starre Augen. »Und jetzt leiser als die Windstille! Wenn sie uns hören, ist es aus.« Tommaso hatte das

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