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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Und plötzlich wusste sie, wie sie entkommen konnte. Es war schrecklich einfach, doch sie brauchte Rorys Hilfe. Herausfordernd blickte sie dem großen Hund in die Augen.
    »Ich hab eine Idee für meine Flucht! Wenn du wirklich laufen willst, dann komm mit mir. Auch wenn du niemals so rennen wirst wie Niccolò. Denn der ist ein Italienisches Windspiel. Niemand ist schneller als er.«
    »Ach ja?«, schnaufte Rory. »Du beleidigst mich doch nur, damit ich dich begleite.«
    »Ich sage nur die Wahrheit. Auch wenn du sie nicht hören magst.«
    »Warum sagst du die Wahrheit gerade jetzt? Dein Niccolò mag ja ein Windhund sein, aber ich doch auch, nurgrößer, sogar wenn Sturm ist, kann ich laufen. Ich bin ein Sturmhund!«
    »Wenn du das sagst ... «
    Rory steckte seine Schnauze in den Kleiderberg.
    »Hat dein Wunsch, jetzt abzuhauen, mit den Sachen hier zu tun? Du hast deine Rute unter den Bauch geklemmt, als du sie sahst. Ist dir gar nicht aufgefallen, was?«
    Die Spanielhündin schüttelte sich und erzählte Rory dann alles.
    »Ein dummer Zufall«, erwiderte dieser. »Doch daran wirst du niemals glauben. Ich helfe dir bei der Flucht, ich renne deinen Niccolò in Grund und Boden, doch dann kehre ich zurück. Denn diese Menschen hier sind mein Rudel.«
    Damit war Canini mehr als zufrieden und erläuterte ihm den Plan.
    Kurze Zeit später kratzte Canini an der verriegelten Wohnungstür. Sie durfte schließlich zeigen, wenn sie hinausmusste. Jederzeit. Niemand würde wollen, dass sie sich in den heimischen vier Wänden erleichterte. Das Halsband wurde ihr umgelegt, auch Rory erhielt seines. Saada würde mit ihnen die Runde drehen, wie immer. Sie zog sich nicht ihre Pelzjacke über, denn draußen roch es nach Regen, auch ihre Kro kodil leder-Schuhe blieben daheim. Stattdessen griff sie missmutig nach einem Regenponcho und ließ die Hausschuhe einfach an. Es sollte ja nicht lange dauern.
    Nein, wirklich nicht.
    Als sie auf den Bürgersteig traten, zogen Rory und Canini sofort in unterschiedliche Richtungen. Wäre die Hündin alleine gewesen, ihre Kraft hätte nicht gereicht, doch der Scottish Deerhound riss Saada fast die Hand ab. Auf ein Bellen Caninis rannten sie über Kreuz, so dass Saadas Arme schmerzhaft übereinanderschlugen.
    Schließlich ließ sie los.
    Die beiden Hunde liefen in den dunklen Schlund derNacht, ihr triumphierendes Bellen war über dem Heulen des Windes nicht zu hören.
     
    Immer noch achtete niemand auf das Wimmern Daisys. Zu hitzig gebärdete sich die Bulldogge, unruhig beäugt von dem jungen Pharaonenhund namens Amadeus.
    »Lass Tommaso ihn auseinandernehmen, Glied für Glied, bis die Wahrheit rauskommt! Das Windspiel wird uns dann alles erzählen.«
    »Nein«, sagte Amadeus. »Er ist ein Piccolo Levriero Italiano. Ich will ihm keine Gewalt antun.«
    »Dafür ist Tommaso doch da! Stell dir vor, er rennt davon, dann hast du nichts! Lass Tommaso nur machen. Tommaso ist ganz vorsichtig.«
    Amadeus blickte Niccolò an, als sei dieser ein Buch, das endlich aufgeschlagen werden musste. Der erwachende Giacomo spürte das gefährliche Zögern des Pharaonenhundes und stemmte sich mit aller Kraft auf.
    »Wir müssen hinein«, sagte er und schleppte sich schützend vor Niccolò. »Das Sindone. Es ist bei der Hündin, deren Wimmern ihr so geflissentlich überhört.«
    »Schwärmt aus«, brüllte Amadeus gegen den Sturm an. »Sucht den Eingang. Sofort. Auch du, Tommaso. Los !«
    Niccolò leckte Giacomo dankbar die Lefzen. »Du hast dir ja ordentlich Zeit mit dem Wachwerden gelassen. Stinkst jetzt übrigens wie ein ganzer Weinkeller.«
    »Ich dufte, Kleiner. Ich dufte!«
    In diesem Moment kamen die Suchtrupps schon wieder zurück. Sie erstatteten der Bulldogge Bericht, dann wendete diese sich an Amadeus.
    »Alles zu, kein Weg zum Innenhof.«
    Daisys Wimmern wurde schwächer, so wie manche Glühbirnen flackerten, bevor ihr Licht erlosch. Giacomo blickte am alten Mauerwerk empor und sah ein kleines offenesFenster über sich – doch kein Hund der Welt könnte bis dort springen.
    Aber das wäre auch gar nicht nötig.
    In Alba hatte Giacomo viele Freunde unter den Straßenhunden. Er war einfach nicht maulfaul und grummelig genug – obwohl er sich sehr angestrengt hatte. Unter der vierbeinigen Bevölkerung der piemontesischen Trüffelmetropole befanden sich auch einige Zirkushunde. Sie redeten ausgesprochen gern, selbst wenn ihnen niemand zuhörte, schwärmten von vergangenen Zeiten, die in ihrer Erinnerung mit Gold und

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