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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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ihnen nach.
    »Sie … sie sind immer noch da, nicht wahr?«, stammelte er. »Diese … Wesen. Vielleicht sollte ich das Ihnen überlassen …«
    »Beweg dich nicht von der Stelle«, sagte Clay.
    »Wir könnten uns immer noch in dem Park treffen«, sagte der Mann; sein Blick huschte auf der Suche nach dem besten Fluchtweg umher. »Sagen wir bei Einbruch der Dämmerung? Am nördlichen Ende?«
    Clay sprang, eben als Hull losrannte. Eine Sekunde früher, und er wäre genau auf ihm gelandet, aber jetzt traf er zwei Schritte hinter dem flüchtenden Mann auf dem Boden auf. Als ich einen Schritt tat, um ebenfalls von dem Anhänger herunterzuspringen, blieb die Spitze meines Laufschuhs an einem Nagel hängen. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte dies nichts weiter mit sich gebracht als ein würdeloses Stolpern, während Clay davonstürmte. Aber in dem Augenblick, in dem Clay meinen Schatten straucheln sah, blieb er stehen und fuhr herum, die Arme erhoben, als wäre ich im Begriff, kopfüber von dem Anhänger zu fallen.
    »Alles okay!«, sagte ich. »Lauf!«
    Er zögerte, bis er sah, dass tatsächlich alles in Ordnung war. Dann machte er sich an die Verfolgung, aber nicht sehr schnell, als wäre ihm plötzlich eingefallen, wo seine Prioritäten wirklich lagen. Ich sah, wie der Abstand zwischen Hull und Clay größer wurde, und mir war klar, wir würden Hull nur erwischen, wenn ich aufholte – und zwar schnell. Und so versuchte ich die zehn Kilo Gewicht an meinem Bauch und den Schweiß, der mir in die Augen strömte, zu vergessen.
    Im Rennen sah ich etwas hinter einem Holzstoß hervorspringen. Aus dem Augenwinkel erkannte ich nur einen pelzigen braunen Schatten, und mein Hirn schrie »Wolf«. Ich bremste so heftig ab, dass ich stolperte und hart auf dem Hintern landete; ich stieß ein Wimmern aus, als ich spürte, wie der Aufprall durch mich hindurchging bis zum Bauch. Ich beugte mich vor, rollte mich in eine halb sitzende Stellung, in der ich den Bauch schützen konnte.
    Etwas traf mich an der Schulter; Zähne gruben sich in mein T-Shirt. Ein ersticktes Fauchen von Clay. Ein hohes wütendes Quieken von dem Ding, das an meiner Schulter hing, was es auch war; dann der dumpfe Aufprall auf Holz, als es davongeschleudert wurde. Ich fing eine Spur vom Geruch des Angreifers auf und wusste, was es war, noch während ich den Kopf drehte und es tot neben dem Bretterstapel liegen sah.
    »Eine Ratte?«, sagte ich. »Am hellen Tag?«
    »Elena?« Clays Stimme war merkwürdig ruhig, mit dem gleichen erstickten Tonfall, den ich in seinem Fauchen gehört hatte. »Beweg dich nicht. Bitte, beweg dich nicht.«
    Ich setzte zu einem »Warum?« an; dann ging mir auf, dass Reden vermutlich auch unter der Überschrift ›Bewegen‹ lief. Also bewegte ich nur die Augen und folgte Clays Blickrichtung zur Oberkante des Bretterstapels, neben dem ich saß. Da oben saßen vier Ratten, die alle auf mich hinunterstarrten. Ihre Mäuler waren offen, so dass ich die unteren Zähne sah. Der Pelz am Kopf war angelegt, die Ohren nach vorn gekippt, und sie stießen kurze Zischlaute und gelegentlich ein Quieken aus – ganz entschieden keine freundliche Begrüßung.
    Clays Blick glitt zu meiner anderen Seite hinüber, wo ich mich erinnerte, einen Ziegelhaufen gesehen zu haben. Ich konnte nicht hinsehen, ohne den Kopf zu drehen, aber ein kurzer Luftzug trug mehr Rattengeruch zu mir herüber, und mir war klar, dass ich von ihnen umgeben war.
    Ich versuchte mich zu entspannen. Rief mir ins Gedächtnis, dass Ratten zwar widerlich waren, dass aber selbst ein Dutzend von ihnen keine Gefahr für zwei Werwölfe darstellte. Aber mit dem Wind war noch ein weiterer Geruch gekommen, der gleiche Geruch nach Krankheit, den wir an den Ratten in dem Lagerhaus wahrgenommen hatten.
    Kranke Ratten. Im Tageslicht, wenn Ratten normalerweise versteckt bleiben. Die sich uns aggressiv entgegenstellten – nicht einfach einem Menschen, sondern einem Werwolf.
    Die Ratten begannen zu schnattern; ihre Zähne schnappten und mahlten, die Augen blitzten, als hätte die Krankheit sie wahnsinnig gemacht und nur ein letzter Rest von gesundem Instinkt hielte sie davon ab, auf mich herunterzuspringen und zuzubeißen. Als sie zischten und quiekten, meinte ich zu sehen, wie dieser Rest schwächer wurde und die Kontrolle verlor.
    Ich sah nicht zu Clay hinüber, denn ich wusste, wenn ich es tat, würde die Panik in meinen Augen auch ihn verunsichern. Er überlegte sich gerade, wie er mich hier

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