Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)
einmal erzählt, als ich bei ihr war und die Lieferung kam. Ich habe sie gefragt, wie sie nur so einen Mist essen kann, worauf sie meinte, es sei angeblich das Beste in der Stadt, allerdings nicht so gut wie das in New York.«
»Wie liefert man von dort aus etwas mit dem Fahrrad? Ein Teil der Strecke führt über den Highway. Ganz zu schweigen von der Entfernung und dem Wetter.«
»Hallo, ich brauche ein paar Gepäckwagen.« Marino ruft nach einem Pagen. »Dass ich jemand anderen das Zeug nach oben schleppen lasse, kommt nicht in die Tüte«, fügt er hinzu. »Wenn man sich solche Mühe gibt, alles abzusichern, muss man es ständig im Auge behalten. Auf diese Weise sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass jemand an unseren Sachen herumdoktern kann, auf null. Die werden glauben, dass wir es uns nicht leisten können, einen Hamburger oder eine Pizza essen zu gehen.«
Ich wittere überall Gefahren. In jeder Tasse Kaffee und jeder Wasserflasche, solange ich sie nicht selbst eingekauft habe. Bis wir Genaueres wissen, werden wir hier in Savannah bleiben, und zwar ohne uns von einem Restaurant oder vom Zimmerservice mit Essen und Getränken beliefern zu lassen. Außerdem werden wir weder Fastfood anrühren noch essen gehen. Ich habe auch darauf bestanden, dass unsere Zimmer nicht saubergemacht werden. Kein Fremder darf sie betreten, mit Ausnahme von Polizisten und FBI-Beamten, denen wir vertrauen. Also muss immer jemand anwesend sein, der verhindert, dass irgendwer hereinkommt oder etwas anfasst, da wir den Gegner noch nicht kennen. Wir werden unsere Betten selbst machen, den Müll selbst rausbringen, putzen, so gut wir können, und das essen, was ich koche, als ob wir unter Quarantäne stünden.
Marino schiebt zwei Gepäckwagen zur Heckklappe des Transporters. Dann fangen wir an, Geschirr, Gerätschaften, alkoholfreies Bier, Weinflaschen, Kaffee, frisches Gemüse und Obst, Fleisch, Käse, Nudeln, Gewürze, Konservendosen und Saucen auszuladen.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein Zufall ist.« Ich bin noch immer bei der geographischen Lage der Örtlichkeiten. »Eine Luftaufnahme wäre nicht schlecht. Lucy kann Google Street View auf ihrem Laptop aufrufen. Dann sehen wir uns alles aus der Nähe an, denn es hat sicher etwas zu bedeuten.« Wir rollen unsere überladenen Gepäckwagen durch die Hotelhalle, vorbei am Empfang und der gut besetzten Bar. Die Leute starren das uniformierte Paar an, das hier offenbar einen Außenposten einrichtet, was ja auch der Fall ist.
»Aber Jaime war nicht hier, als es passiert ist«, wendet Marino ein, während wir uns weiter zum gläsernen Aufzug quälen. »Im Jahr 2002, als die Jordans ermordet wurden, war sie nicht in der Stadt.« Er betätigt mehrmals den Aufzugknopf. »Also haben die Örtlichkeiten heute nicht mehr dieselbe Bedeutung wie damals. Du vergleichst Äpfel mit Birnen und siehst Gespenster. Allerdings ist das mit dem Sushiladen und dem Fahrrad wirklich seltsam.«
»Ich vergleiche nicht Äpfel mit Birnen.«
»Außer, dass es nicht so schwierig wäre, ihr Essen zu vergiften, wenn sie irgendwo Stammkundin war und sich häufig etwas nach Hause bringen ließ«, spricht er weiter. »Das ist in meinen Augen die einzige Verbindung. Ein Lokal, das sie oft beliefert hat, ganz gleich, wo es sich befindet.«
»Und woher würdest du wissen, dass Jaime Stammkundin war und sogar ihre Kreditkartennummer hinterlegt hatte, wenn du sie nie dort gesehen hättest, weil sie nicht in der Nähe wohnt? Außer, ihr hättet andere Berührungspunkte.«
»Schau«, meint Marino, als der Aufzug in der obersten Etage stoppt. »Es macht mich ganz krank, was mit ihr passiert ist, okay? Ich darf gar nicht daran denken, dass wir in ihrem verdammten Wohnzimmer gesessen und mit ihr zu Abend gegessen haben, ohne es zu ahnen. Mein Gott. Sie hat vor unseren Augen Gift genommen, und wir wussten nicht, dass sie gleich sterben würde. Verdammt. Und dann hat sie sich ganz allein gequält. Warum, zum Teufel, hat sie keinen Notarzt gerufen?« Er stellt sich dieselbe Frage wie Sammy Chang und vermutlich die meisten Menschen.
Wir schieben unsere Wagen über den Balkon, der rings um das Atrium des Hotels verläuft, und steuern auf die Zimmer zu, die uns als Hauptquartier dienen werden. Eine Suite für Benton und mich und jeweils ein Zimmer mit Verbindungstür rechts und links für Lucy und Marino.
»Sie hatte getrunken«, antworte ich, »und hat deshalb wahrscheinlich nicht klar gedacht. Doch die menschliche Natur
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