Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
benutzen, heißt es weiter in winzigen Druckbuchstaben. Sonst nichts, nur die unterstrichene Anweisung und die Nummer von Jaime Bergers Mobiltelefon. Der späte Nachmittag verdunkelt sich. Es fängt wieder an zu regnen, und Tropfen prasseln auf das Blechdach des Transporters. Ich schalte die Scheibenwischer ein. Sie hinterlassen fettige Schmierer, als sie langsam und quietschend über die Scheibe schaben. Während ich meine Handtasche unter dem Sitz hervorkrame, sehe ich, dass der schwarze Mercedes Kombi den Parkplatz verlässt, und erkenne hinten einen Aufkleber der Navy-Taucher. Ein seltsames Gefühl ergreift mich. Und im nächsten Moment weiß ich, warum.
    Meine Tasche ist durchsucht worden. Wirklich? Ich glaube schon. Ja, ich bin sicher, denke ich, als ich rekonstruiere, was ich bei meiner Ankunft vor einigen Stunden getan habe. Ich habe Benton eine SMS geschickt und dann das Telefon in das hintere Fach meiner Tasche gelegt, das einen Reißverschluss hat. Dort bewahre ich stets Geldbörse, Dienstausweise, Schlüssel und andere wichtige Dinge auf. Nun befindet sich mein Telefon in einer Seitentasche. Wie einfach und gefahrlos war es doch, während meines Besuchs im Gefängnis den Transporter zu durchwühlen. Das Wachpersonal hatte ja meinen Schlüssel. Und ich saß in Haus Bravo und redete mit Kathleen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass sie etwas gefunden haben. iPhone und iPad sind passwortgeschützt, sodass sich niemand Zugriff auf die Daten verschaffen kann. Was könnte derjenige gesucht haben? Vielleicht Fallakten? Oder Hinweise darauf, dass ich aus anderen Gründen hier bin und Tara Grimm nicht die Wahrheit gesagt habe? Ich tippe das Passwort in mein Telefon.
    Mein erster Impuls ist, meine Nichte Lucy anzurufen und sie geradeheraus zu fragen, ob sie Kontakt zu Jaime Berger hatte. Doch ich bringe es nicht über mich. Lucy hat Jaime seit unserem letzten gemeinsamen Treffen während der Feiertage vor gut sechs Monaten nicht mehr erwähnt, und ich bin überzeugt, dass sie sich getrennt haben. Meine Nichte wäre niemals von New York nach Boston gezogen, wenn es keine persönlichen Gründe dafür gäbe.
    Es war keine finanzielle Frage. Lucy braucht das Geld nicht. Es ging auch nicht darum, dass sie ihre hochentwickelten Computerkenntnisse ins Cambridge Forensic Center einbringen wollte, das erst im vergangenen Jahr den Betrieb aufgenommen hat. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte ihre Entscheidung, ihren gesamten Lebensmittelpunkt zu verlagern, eher mit der Angst vor einem Verlust zu tun, den sie für unausweichlich hielt. Und so hat sie das getan, was schon immer ihre Spezialität war. Sie hat die Flucht nach vorn angetreten, um Schmerz und eine Zurückweisung zu vermeiden. Vermutlich hat sie die Beziehung beendet, bevor Jaime die Gelegenheit dazu hatte. Und bevor Lucy diesen Schritt unternahm, hat sie sich in Boston eingerichtet. Meine Nichte hat die Angewohnheit, einem erst zu sagen, dass sie geht, nachdem sie bereits fort ist.
    Als ich das Gefängnis auf demselben Weg verlasse, auf dem ich gekommen bin, also vorbei an Gewächshaus und Schrottplatz, frage ich mich, wo ich hier ein öffentliches Telefon finden soll. Heutzutage stehen sie nicht mehr an jeder Straßenecke. Außerdem bin ich nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, Jaime oder sonst jemanden anzurufen. Benton hat befürchtet, jemand könnte mir eine Falle stellen wollen, und allmählich bin ich fast so weit, ihm recht zu geben. Aber wer und warum? Vielleicht stecken ja Dawn Kincaids Verteidiger dahinter. Oder etwas noch Gefährlicheres. Immerhin hat Dawn Kincaid versucht, mich umzubringen, und jetzt will sie ihr Werk vollenden. Der Gedanke jagt mir durch den Kopf wie ein arktischer Windstoß, und mein Schädel fängt an zu pochen.
    Am besten verschwindest du so schnell wie möglich von hier . Für einen Flug vom Savannah/Hilton Head Airport ist es schon zu spät, aber ich könnte nach Atlanta fahren, wo ich sicher noch heute Abend einen Flieger nach Boston erwische. In diesem verdammten Transporter? Ich stelle mir vor, wie ich mit einer Panne am Straßenrand in einem abgelegenen Sumpfgebiet liegenbleibe, und komme zu dem Schluss, dass es das Klügste ist, wie geplant in Savannah zu übernachten. Nichts überstürzen. Sei vernünftig und logisch, sage ich mir, während ich durch den Regen fahre. Der Transporter keucht, hat Fehlzündungen und wird nach Lust und Laune langsamer oder schneller, während die abgenutzten Scheibenwischer,

Weitere Kostenlose Bücher