Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)
füge ich hinzu.
»Ich weiß nichts von Blut in einem Wintergarten oder Garten «, entgegnet Marino. »Die Fotos hat Jaime, glaube ich, nie bekommen.«
»Bleibt das unter uns?«, erwidert Colin, während wir denselben Weg fahren wie ich gestern. Bis zum GPFW sind es nur noch wenige Minuten. »Denn Sie sollten es eigentlich erst im offiziellen DNA-Bericht lesen. Allerdings ist man nie davon ausgegangen, dass diese Blutflecke etwas mit dem Mord zu tun haben. Ihnen passiert gerade das Gleiche wie mir damals – man verbeißt sich in eine Sache, und letztlich stellt sich heraus, dass sie nichts zu bedeuten hat.«
»Die Fotos sind bei der Untersuchung des Tatorts entstanden «, wage ich eine Vermutung.
»Sie wurden von Ermittler Long gemacht und liegen der Fallakte bei, sind jedoch vor Gericht nicht als Beweismittel verwendet worden«, antwortet Colin. »Man kam zu dem Schluss, dass kein Zusammenhang besteht. Kennen Sie die Fotos von Gloria Jordan?«
»Noch nicht.«
»Wenn Sie sie sich anschauen, werden Sie bemerken, dass sie am linken Daumen zwischen dem ersten und dem zweiten Fingerknöchel eine Schnittwunde hat. Sie ist frisch, wirkte aber eher wie eine Abwehrverletzung, was mich verwundert hat, weil sie sonst keine aufwies. Sie wurde siebenundzwanzigmal in Hals, Brust und Rücken gestochen, und zu guter Letzt hat man ihr die Kehle durchgeschnitten. Sie ist im Bett getötet worden, und nichts deutet darauf hin, dass sie sich gewehrt hat oder überhaupt wusste, was geschah. Wie sich herausstellte, stammt die DNA der Blutstropfen im Wintergarten von Gloria Jordan. Als ich das erfuhr, dachte ich mir, sie hätte sich vielleicht früher am Tag in den Daumen geschnitten, weshalb das Blut nichts mit dem Mord zu tun hat. So etwas geschieht öfter. Alte Blutspuren, Schweiß, Speichel, die in keinerlei Verbindung zu dem fraglichen Verbrechen stehen, finden sich auf Kleidungsstücken, in Fahrzeugen, im Badezimmer, auf Treppen, in der Auffahrt oder auf der Computertastatur.«
»War der Schnitt am Daumen blutig, als Sie die Leiche untersucht haben?«, fragt Marino, während wir am Schrottplatz mit seinen windschiefen Haufen zerbeulter Autos und Lastwagen vorbeikommen.
»Mein Gott, alles war voller Blut«, erwidert Colin. »Sie hat ihre Hände so gehalten.« Er nimmt die Hände vom Steuer und drückt sie sich an den Hals. »Vielleicht ein Reflex, nachdem ihr die Kehle durchgeschnitten worden war. Oder sie hat sich zum Sterben seitlich zusammengerollt. Die Täterin könnte sie auch so hingelegt haben. Wie ich glaube, hat sie einige Zeit damit verbracht, die Leichen in verächtlichen Posen zu arrangieren. Jedenfalls waren ihre Hände blutverschmiert.«
»Hat irgendetwas im Badezimmer Ihre Vermutung bestätigt, dass sie sich geschnitten haben könnte?«, erkundigt sich Marino.
»Nein. Doch einer der Nachbarn sagte aus, dass Mrs. Jordan am Nachmittag vor ihrer Ermordung im Garten war und offenbar Pflanzen zurechtgestutzt hat«, erwidert Colin. Ich denke an den winterlichen Garten hinter dem Haus der Jordans und die Aststummel, Wassertriebe und Schösslinge, die ich gerade auf den Fotos gesehen habe.
Entweder war Gloria Jordan keine sehr gründliche Gärtnerin, oder sie war noch nicht weit gekommen, als sie sich in den Daumen schnitt und aufhören musste.
»Der Typ von nebenan, der mit dem Pudel?«, fragt Marino. »Dieser Lenny Kasper, der am Morgen nach den Morden die Polizei gerufen hat, weil die Scheibe in der Küchentür zerbrochen war?«
»Ja, ich glaube, so hieß er. Wenn ich mich recht entsinne, hatte er aus einigen seiner Fenster den Garten der Jordans im Blick und Mrs. Jordan irgendwann im Laufe des Nachmittags bei der Gartenarbeit beobachtet. Die Theorie, dass sie sich beim Pflanzenbeschneiden verletzt hat, scheint mir die plausibelste zu sein. Vermutlich hat sie die Hand hochgehalten. Und da ist das Blut so heruntergetropft, wie Sie es auf den Tatortfotos erkennen konnten. Auf dem Rückweg zum Haus hat sie dann Blutstropfen auf dem Boden des Wintergartens hinterlassen. Einige wurden auch im Flur in der Nähe des Gäste-WC entdeckt.«
»Möglich«, entgegne ich, bin jedoch nicht überzeugt.
»Die Verletzung ist zu Lebzeiten entstanden«, fügt er hinzu. »Das belegen die Fotos und die histologischen Befunde. Sie hatte noch einen Blutdruck, und das Gewebe hat reagiert, als es geschah.«
»Mag sein«, antworte ich, habe allerdings Zweifel. »Warum kein Pflaster oder ein sonstiger Verband?«
»Keine Ahnung. Ich
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