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Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ausdrückte. Gegen Mittag habe sie dann von Schmerzen in der Brust gesprochen und gesagt, es sei doch hoffentlich kein Herzinfarkt. Dann habe Kathleen geschwiegen, und ihre Zellennachbarinnen hätten um Hilfe gerufen. Etwa um Viertel nach zwölf wurde Kathleens Zellentür geöffnet. Man fand sie zusammengesackt auf ihrem Bett vor. Wiederbelebungsmaßnahmen erwiesen sich als vergeblich.
    »Mir ist klar, wie merkwürdig ihre Bemerkung Ihnen gegenüber war«, stellt Colin fest, während er sich durch den Verkehr schlängelt, als käme jede Rettung nicht ohnehin längst zu spät. »Doch eine Gefangene im Todestrakt hätte niemals die Möglichkeit gehabt, ihr etwas anzutun.«
    Er meint damit Kathleen Lawlers Behauptung, man habe sie nur wegen Lola Daggette, vor der sie sich fürchte, ins Haus Bravo verlegt.
    »Ich habe nur ihre Worte wiederholt«, erwidere ich. »Damals habe ich sie nicht ganz ernst genommen. Ich hielt es für ausgeschlossen, dass Lola Daggette sie sich, ich zitiere, ›vorknöpfen‹ könnte. Allerdings schien Kathleen überzeugt davon zu sein, dass Lola ihr ans Leder wollte.«
    »Ein wirklich eigenartiges zeitliches Zusammentreffen, und dabei bin ich einiges gewöhnt«, entgegnet Colin. »Ich kenne Fälle, in denen der Verstorbene eine böse Vorahnung oder ein eigenartiges Gefühl hatte, das jedoch niemand ernst nahm. Und dann, plopp, war der Betreffende tot.«
    Es entspricht auch meiner Erfahrung, dass Hinterbliebene mir berichten, ihr verstorbener Angehöriger habe in einem Traum oder einer Eingebung den eigenen Tod vorhergesehen. Etwas habe den Betroffenen davor gewarnt, ins Flugzeug oder ins Auto zu steigen, einen bestimmten Ausgang zu benutzen oder am fraglichen Tag jagen, wandern oder joggen zu gehen. Also sind mir solche Geschichten nicht neu. Allerdings bekomme ich Kathleen Lawlers Äußerungen nicht aus dem Kopf und werde den Verdacht nicht los, dass ich nicht die Einzige bin, die davon weiß.
    Falls unser Gespräch heimlich aufgenommen wurde, sind weitere Personen über Kathleens Beschwerden im Bild, wie unverschämt und empörend es sei, sie in eine Zelle zu verlegen, wo das Damoklesschwert direkt über ihrem Kopf baumele, wie sie es vor knapp vierundzwanzig Stunden ausgedrückt hat.
    »Sie hat sich auch dazu geäußert, wie isoliert man in Haus Bravo ist. Das Wachpersonal könnte sie misshandeln, ohne dass jemand etwas davon bemerkt«, sage ich zu Colin. »Sie hat sich seit der Verlegung in die Einzelhaft ausgeliefert gefühlt. Mir erschien sie aufrichtig. Ich fand ihre Ängste zwar nicht unbedingt nachvollziehbar, aber sie war offenbar wirklich davon überzeugt. In anderen Worten hatte ich nicht den Eindruck, dass sie sich nur wichtig machen wollte.«
    »Das ist das Problem mit Strafgefangenen, insbesondere mit denen, die den Großteil ihres Lebens hinter Gittern verbracht haben. Sie sind glaubhaft, weil ihnen die Spielchen so in Fleisch und Blut übergegangen sind, dass sie sie gar nicht mehr als solche erkennen«, antwortet Colin. »Außerdem reiten sie ständig darauf herum, dass jemand hinter ihnen her ist und ihnen an den Kragen will. Und natürlich sitzen sie alle unschuldig im Gefängnis.«
    Wir biegen von der Dean Forest Road ab und kommen an derselben Ladenzeile vorbei, wo ich am Vortag das öffentliche Telefon benutzt habe. Ich erkundige mich nach den Blutstropfen auf den Fotos, die ich mir gerade ansah, als Sammy Chang anrief. Wüssten Colin oder Marino von dem Blut im Wintergarten und im Garten der Jordans? Konnte die Person, die geblutet hat, das Haus verlassen haben? Vielleicht durch den Garten und ein kleines Waldstück, das an der East Liberty Street endet? Eine andere Möglichkeit sei, dass sich diese Person im Garten verletzt und bei der Flucht ins Haus Blut verloren habe. Blut, das nicht weggewischt worden sei, füge ich hinzu, was mich zu der Frage führe, ob es überhaupt aus der Mordnacht stammt.
    »Ein stetes Rinnsal«, erkläre ich. »Jemand hat in aufrechter Körperhaltung geblutet und sich dabei bewegt, wahrscheinlich während er das Haus betrat oder verließ. Zum Beispiel könnte sich die Person in die Hand geschnitten und sie hochgehalten haben. Eine Platzwunde am Kopf oder Nasenbluten wären auch möglich.«
    »Interessant, dass Sie eine verletzte Hand erwähnen«, merkt Colin an.
    »Ich glaube, davon hat mir niemand etwas gesagt.« Wieder hallt Marinos Stimme laut in meinem Ohr.
    »Ich nehme an, die Blutflecke, von denen ich spreche, wurden auf DNA getestet«,

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