Blut für Blut: Thriller (German Edition)
Lippe. In Kissis Notizbuch hatte auch der Name Ayse gestanden. Ob sie Ayse Assaf gemeint hatte? Konnte es wirklich so einfach sein? Das Motiv war einleuchtend, Mohammad fühlte sich gekränkt und tötete die Frau, die seiner Frau zur Flucht verholfen hatte. Menschen töteten aus geringeren Anlässen, das wusste sie, in manchen Kreisen konnte ein Bier der Auslöser für einen heftigen Streit und Motiv genug sein, einem anderen Menschen ein Messer in den Bauch zu rammen.
»Wir müssen so schnell wie möglich mit ihm reden«, sagte sie, und der Ermittler nickte und wollte etwas sagen, als Rebekka ihm zuvorkam: »Ich fahre mit Reza zu ihm hinaus. Ein kleiner Überraschungsbesuch. Hast du die Adresse?« Sie bekam die Adresse, und in dem Moment kam Brodersen mit festen Schritten auf sie zu.
»Im Besprechungsraum ist jetzt Briefing«, teilte er mit und ging weiter den Gang hinunter. Kurz darauf waren alle in dem kleinen Besprechungsraum mit der Aussicht auf die Glyptothek versammelt. Es war schwül, und Rebekka setzte sich nahe an ein offenes Fenster und hielt nach Reza Ausschau, der noch immer nicht aufgetaucht war. Wo zum Teufel war er? Er hatte doch gesagt, dass er auf dem Weg sei. Brodersen stand auf und begann damit, die vorläufigen Ermittlungsergebnisse zusammenzufassen, während Rebekka vorsichtig in der Tasche nach ihrem Handy griff, um zu sehen, ob irgendwelche Nachrichten von Reza, Michael oder ihren Eltern eingegangen waren. Nichts.
»Wir haben noch immer keine Ergebnisse von der Toxikologie, aber das dauert in der Regel auch ein paar Tage. Dafür haben wir mit Kissis Arzt gesprochen, und er hat uns erklärt, dass die Ermordete immer wieder einmal Beruhigungsmittel genommen hat, was zu den Tablettenschachteln in ihrem Bad passt. Hier ist eine Kopie ihrer Krankengeschichte. Rebekka, du kannst sie dir ansehen, wenn du Zeit hast, doch auf den ersten Blick gibt sie nicht viel her.« Der Chef der Mordkommission warf ihr über den Tisch eine Akte hin, die sie sich flüchtig ansah, während Brodersen mit der Zusammenfassung der bisherigen Ermittlung fortfuhr.
»Rebekka, du kommst gerade von einem weiteren Verhör des Exmanns, Jerome Lefevre. Er hat uns selbst heute Morgen angerufen. Was wollte er?«
Rebekka sah ihn verwirrt an, sie war in den Krankenbericht vertieft gewesen und hatte die Frage nicht mitbekommen. Brodersen wiederholte sie mit gerunzelter Stirn.
»Jerome Lefevre wollte uns zuvorkommen und darüber informieren, dass er und Kissi über die Jahre noch sporadisch miteinander geschlafen haben. Sie waren ein Liebespaar mit anderen Worten.«
Irgendjemand sagte Wow , doch die Bemerkung wurde nicht weiter beachtet.
»Das tätowierte Herz mit dem Buchstaben J auf Kissi Schacks Hintern steht für ihn, Jerome, und er hält daran fest, dass niemand von der Tätowierung oder ihrem Verhältnis gewusst hat, auch nicht sein Lebensgefährte, Liam Wilkinson, von dem ich jedoch meine, dass wir ihn uns näher ansehen sollten. Verschiedenen Familienmitgliedern zufolge mochten Kissi und Liam sich nicht besonders, und das hier setzt dem doch wohl die Krone auf, oder? Er scheint aber ein Alibi zu haben, der Engländer. Er hat ausgesagt, dass er zur Tatzeit beim Karatetraining war, was wir uns natürlich bestätigen lassen müssen. Kannst du das machen, Simonsen?«, fragte sie und fuhr fort, ohne die Antwort abzuwarten: »Der Sohn, Thomas, hat gemalt und hat demzufolge kein Alibi; die Tochter, Marie-Louise, war allein im Kino, und Jerome, der Exmann, war auch allein zu Hause, nachdem sein Partner zum Karatetraining gegangen war. Wir haben Lundely einen Besuch abgestattet und die Angestellten befragt, aber unmittelbar gibt es nichts, das ins Auge sticht. Eine Kollegin, Boel Kristensen, macht einen etwas seltsamen Eindruck und kein Hehl daraus, dass sie die Ermordete nicht sonderlich gemocht hat. Sie hat ebenfalls kein Alibi für die Tatzeit, weshalb wir sie als mögliche Verdächtige nicht ausschließen können. Sowohl Kissis Chef, Peter Lindgren, als auch die Tochter, Marie-Louise, haben im Übrigen erwähnt, dass Kissi regelmäßig Auseinandersetzungen mit ihr hatte.«
Rebekka trank einen Schluck Wasser.
»Die interessanteste Spur ist nach wie vor das Notizbuch, das Reza und ich im Haus der Ermordeten gefunden haben, weil dort ein paar Daten und ein paar Frauennamen notiert sind, unter anderem Iman, Fatima, Ayse … Ich habe gerade erfahren, dass ein Mohammad Assaf hinter mehreren der Drohungen gegen Kissi steckt, und
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