Blut für Blut: Thriller (German Edition)
Mohammad Assafs Frau heißt zufälligerweise Ayse und hat mehrere Male Zuflucht in diversen Frauenhäusern gesucht, weil ihr Mann gewalttätig geworden ist. Wir müssen auch herausfinden, wer diese Haleema ist. Sie kann sich als Schlüsselperson in dem Fall erweisen.«
Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, dass Brodersen zustimmend nickte, und er fuhr dort fort, wo sie aufgehört hatte: »Es besteht kein Zweifel, dass wir uns auf einige der Personen mit Migrationshintergrund konzentrieren sollten, deren Frauen Hilfe bei Kissi und ihren Kollegen gesucht haben. Das ist ein klares Motiv, und es wäre nicht das erste Mal, dass Sozialarbeitern von ihren Klienten und deren Angehörigen gedroht wird, dass sie überfallen und sogar ermordet werden. Wir müssen auch noch ein paar Familienmitglieder, Freunde, den Kollegen Kasper Rosenstand und die letzten beiden Mitglieder des Hundeklubs, den Kissi gegründet hat, befragen.«
Unter den Versammelten entstand ein leises Murmeln, und mittendrin klingelte Rebekkas Handy. Brodersen klatschte in die Hände.
»Wir machen weiter, wo wir aufgehört haben …« Der Rest seines Satzes ging im Lärm des allgemeinen Aufbruchs unter. Rebekka suchte in ihrer Tasche nach dem klingelnden Monstrum. Es war ihre Mutter.
»Die Tante ist tot.« Die Stimme der Mutter schnitt Rebekka ins Ohr, und sie verließ schnell den Raum.
»Was hast du gesagt?«, fragte sie und spürte, wie ihre Stimme zitterte.
»Ich habe gesagt, dass die Tante tot ist. Sie ist vor einer Stunde gestorben. Das Krankenhaus hat gerade angerufen.«
Rebekka erstarrte. Jetzt war ihre Tante ein abgeschlossenes Kapitel, und sie würde nie mehr ihre trockene, knollige Hand in ihrer halten, während sie über Politik diskutierten, starken Pfefferminztee tranken und den trockenen Sandkuchen ihrer Tante aßen. Ihr Hals kratzte, und sie musste ein paar Tränen wegblinzeln.
»Bist du noch da, Rebekka?«
»Wie hat Vater es aufgenommen?«, schaffte sie zu stammeln.
»Ach, du kennst doch Vater. Er hat sich hingelegt, um sich auszuruhen. Ich soll dich natürlich grüßen, aber es geht ihm ja auch nicht gut. Er bekommt schlecht Luft, es wird immer schlimmer.« Sie seufzte laut und fügte hinzu: »Und ich bin nur noch seine Krankenschwester, ich habe kein eigenes Leben mehr.«
»Mutter«, unterbrach Rebekka sie, die sich jetzt nicht auch noch die Klagen ihrer Mutter über ihr elendes Leben anhören konnte, wo sie gerade den Tod ihrer Tante zu verdauen hatte. Im letzten Jahr hatte die Mutter immer öfter angerufen und sich über die Situation zu Hause beklagt, und obwohl Rebekka mit ihr fühlte, fiel es ihr schwer, sich ihr endloses Jammern anzuhören.
»Du hast gut reden. Du hast dich ja für die Karriere und nicht für die Familie entschieden wie ich, und sieh dir an, was dabei herausgekommen ist. Mir ist nichts geblieben. Robin ist tot, Vater liegt im Sterben, und du wohnst so weit weg und hast nicht einmal Mann und Kinder. Nicht die kleinste Freude …«
Rebekka wickelte sich eine lange dunkle Haarsträhne um den Zeigefinger. Jetzt würde die Mutter gleich zu einer langen Tirade ansetzen, und Rebekka beeilte sich, sie auf andere Gedanken zu bringen.
»Mutter, was ist mit der Beerdigung?«
Ihre Mutter jammerte leise bei ihrer Frage.
»Das müssen wir noch klären. Vater hätte gerne, dass sie hier in der Stadt beerdigt wird, in ihrer Geburtsstadt, damit er an der Beerdigung teilnehmen kann. Deine Tante wollte lieber in Odense beerdigt werden, und ich bin dafür, ihrem Wunsch zu folgen, dann stehe ich mit den ganzen praktischen Dingen auch nicht alleine da. Ich habe vorab genug zu tun.«
»Es ist doch wichtig, dass Vater dabei sein kann, oder? Der Tante ist das jetzt doch egal«, sagte Rebekka, doch die Antwort der Mutter ging unter, weil die Tür plötzlich aufflog und Reza vor ihr stand. Wie ein frischer Windstoß. Er machte ihr ein Zeichen, dass er in ihr gemeinsames Büro gehen würde, und sie ergriff die Gelegenheit, das Gespräch mit ihrer Mutter zu beenden. Kurz darauf war sie in ihrem Büro, und Reza sah sie besorgt an.
»Du bist so blass. Ist etwas passiert?«
Rebekka ließ sich auf den Bürostuhl fallen und rieb sich die Augen. Der Sonntag hatte wirklich schlecht angefangen, und sie wagte kaum daran zu denken, wie er wohl weitergehen würde.
»Meine Tante ist tot.«
»Das ist ja schrecklich.« Reza kam zu ihr herüber.
»Sie war eine ältere Dame, aber es ist trotzdem ein Schock. Sie hat vorgestern eine Hirnblutung
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