Blut für Blut: Thriller (German Edition)
die Fotografie, bevor er wieder Rebekka ansah. Der Rauch legte sich wie ein grauer Schleier zwischen sie. Das Kinderweinen hörte auf.
»Die kenn ich nich.«
»Es wundert mich, dass Sie behaupten, Kissi Schack nicht zu kennen. Soweit wir wissen, haben Sie über die Jahre mehrmals Kontakt zu ihr aufgenommen. Das haben Sie selbst gesagt und unterschrieben bei einem Verhör im Polizeipräsidium am 19. September letzten Jahres.« Rebekka legte die Kopie des Verhörs neben die Fotografie. Der Mann drückte seine Zigarette in einem Aschenbecher aus und zündete sich sofort eine neue an.
»Ach, die Kissi, die kenn ich gut, ich dachte, Sie meinten jemand anders. Auf dem Bild da sieht sie sich nicht so ähnlich.« Mohammad glotzte sie höhnisch an, ein kleines Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Rebekka ballte vor Wut die Fäuste und hoffte, dass auch Reza sich nicht provozieren lassen und nicht auf die vielen Lügen eingehen würde. Sie schwiegen beide, während sie ihn ansahen. Mohammad saß zurückgelehnt da, er rauchte die Zigarette bis auf den Filter hinunter, während sein Lächeln breiter wurde. Doch da niemand auf seine offene Provokation reagierte, konnte er den Mund nicht länger halten.
»Ich hab in der Zeitung gelesen, dass das Weib tot ist. Ermordet.«
Rebekka reagierte noch immer nicht, und Mohammad rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her, seine Finger glitten über die Fernbedienung, die von hellbraunem Heftpflaster zusammengehalten wurde. Er zog leicht an dem Heftpflaster.
»Ich hab sie nich umgebracht, falls es das ist, was Sie glauben.«
»Sie haben sie bedroht.«
»Ich hab sie nich umgebracht.«
Mohammad spuckte die Worte aus. Die Spucke, die sich in den Mundwinkeln sammelte, war nikotinfarben, und Rebekka schauderte bei dem Anblick.
»Sie haben sie bedroht, Sie haben sie angerufen und ihr Drohbriefe geschrieben …«
»Ach, das ist lange her. Ich hab sie ein paarmal angerufen und ihr einen Brief geschrieben, um ihr Angst zu machen. Das war alles. Ich hab das nich ernst gemeint.«
»Warum haben Sie sie bedroht?« Rebekka lehnte sich ruhig zu Mohammad vor.
»Meine Frau, Ayse, mochte sie sehr. Ayse hat ihr Sachen erzählt – über uns, über unsere Ehe. Mir hat das nich gefallen. Als Ayse zu mir zurückwollte, hat Kissi alles getan, um sie daran zu hindern. Sie überredet, im Frauenhaus zu bleiben, sie aufgefordert, sich scheiden zu lassen, sich ein besseres Leben aufzubauen. Kissi wollte mir meine Frau und meine Kinder nehmen. Ich bin wütend geworden, welcher Mann wär das nich?«
»Sie sind mehrmals wegen Körperverletzung verurteilt worden. Wegen schwerer Körperverletzung. Sowohl an Ihrer Frau als auch an anderen Familienmitgliedern.«
»Wie ich schon gesagt hab, das ist lange her. Mehrere Jahre. Ich habe mich geändert, das Alter hat mich milder gemacht. Wir sind weiter heute. Nichts kann uns trennen.«
Mohammad lächelte triumphierend und rief plötzlich: »Ayse, Ayse, komm mal.«
Aus der Diele war ein Rascheln zu hören, und eine kleine, zarte Frau in einer Burka erschien in der Tür. Sie blickte verschämt zu Boden. Mohammad stand abrupt vom Sofa auf und trat schnell ein paar Schritte auf seine Frau zu, die erschreckt zusammenfuhr.
»Das ist meine kleine Ayse«, sagte er und legte seine große Pranke auf die zarte Schulter der Frau. Es sah aus, als würde sie unter ihrem Gewicht in sich zusammensacken.
»Wie Sie sehen, ist es Kissi nicht gelungen, unsere Ehe zu zerstören. Ayse ist zu mir zurückgekommen. Wie sie das immer getan hat und immer tun wird. Kissi war eine böse Frau, und ich danke Allah für ihren Tod, das geb ich zu. Aber ich schwöre bei den Köpfen meiner Kinder, dass ich nichts damit zu tun hab.«
Ayse hob langsam ihr schmales Gesicht, während ihr Mann redete, und sah Rebekka direkt an. Die Augen der Frau waren blutunterlaufen und geschwollen, und Rebekka musste sich beherrschen, nicht auf Mohammad loszugehen, seinen Kopf gegen die Wand zu schlagen und ihn genauso zu behandeln, wie er es offensichtlich mit seiner Frau getan hatte. Sie biss die Zähne fest zusammen und stand langsam vom Sofa auf. Reza tat es ihr gleich.
»Wo waren Sie Mittwoch zwischen 17 und 22 Uhr?«, fragte Reza barsch.
»Ich war im Klub. In der Blågårdsgade, wo ich jeden Mittwoch und Freitag bin. Wir hatten eine wichtige Mieterversammlung wegen des Bandenkriegs hier in der Gegend. Dafür gibt es massenhaft Zeugen. Sie können ruhig nachfragen.« Sein Lächeln wurde breiter, er zog
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